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207 - Weg eines Gottes

207 - Weg eines Gottes

Titel: 207 - Weg eines Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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Dumme ist nur, dass wir es nicht mehr herausfinden werden), erwiderte der Namenlose. (Bis dieser Schwellenwert eintritt, werden alle Primärrassenvertreter neutralisiert sein. Und für uns beginnt eine lange Zeit des Wartens, weil wir dann gar keine Möglichkeit mehr haben, nach Norden zu kommen. Es kann viele Umläufe dauern, bis uns Sol’daa’muran in sein Leuchten zurückholt.)
    (Ja. Andererseits kann uns Tagel’muust dann nicht mehr weiter nach Süden verschleppen, immer weiter weg vom Wandler. Hier ist die Chance, dass uns der Sol findet, um vier Siebtel größer als weiter im Süden.)
    (Vielleicht. Mir wäre die Möglichkeit indes sehr viel lieber, einen Primärrassenvertreter zu finden, den ich beeinflussen kann und der uns wieder nach Norden bringt. So könnten wir das Geschehen direkt beeinflussen und wären nicht zur Passivität verurteilt.)
    Sieben Mal hatte Mul’hal’waak in den vergangenen zwei Jahren Primärrassenvertreter beeinflusst, Tagelmust zu töten, damit ein anderer Anführer die Gruppe übernehmen konnte. Doch der Tuareg schien eine Art Sondersinn zu haben, denn bisher hatte er jeden geplanten Neutralisierungsversuch erkannt und den Beeinflussten unschädlich gemacht. Mul’hal’waak hätte es gegenüber dem Namenlosen niemals eingestanden, aber diese Biotische Einheit war ihm über.
     
    Tagelmust trieb den Trupp weiter nach Süden. Ein Kompass, dessen Nadel sich allerdings manchmal wie irr im Kreis drehte und danach ein wenig anders stand als vorher, half ihm dabei. Die Sonne hatten sie seit vielen Monaten nicht mehr gesehen. Auch ein Grund, warum ihre Depressionen immer mehr zunahmen.
    Am späten Nachmittag kam Malheur, der vorausgefahren war, in einem Höllentempo zurück. Hätte Tagelmust nicht schon längst vorher den satten Sound des Motors gehört, der Motorradfahrer wäre wie ein Geist aus dem Vorhang wirbelnder Schneeflocken aufgetaucht.
    »Da vorne is’n riesiger Bach oder so was!«, schrie er, während er die Maschine auf dem hart gefrorenen Sand quer stellte und sie gleichzeitig abstoppte. »Ich glaub, da komm’mer net rüber.«
    Eine Stunde später standen sie an einem breiten, gemächlich fließenden Strom.
    Der Niger.
    Aber das wussten sie längst nicht mehr. Es war ihnen auch egal. Da sich ihre Augen längst auf die neuen Lichtverhältnisse eingestellt hatten, konnten sie bis zum anderen Ufer hinüber sehen. »Da drüben, da muss mal ‘ne Stadt gewesen sein«, stellte Labago fest. »Das sin Ruinen. Ich seh’s trotz den Schneeflocken.«
    Keiner zweifelte daran. Die Frau, die Tagelmust seinen Sohn geboren hatte, verfügte über die schärfsten Augen.
    »Dann müss’mer da rüber«, erwiderte der Tuareg nach Momenten des Besinnens. Er klang lahm. Alle seine Glieder schmerzten, sein Kopf fühlte sich so dick an wie nie zuvor. Es rauschte in seinen Ohren. Doch er schaffte es noch einmal, sich zu konzentrieren. »Wir ham nur noch wenig zu fressen. Und Treibstoff brauch’mer auch wieder. Vielleicht find’mer da drüben ja was. Leut gibt’s da sicher keine mehr. So wie inne andere Siedlungen, wo mer vorbeigekommen sinn, auch nicht mehr.«
    »Jau. Aber wie soll’mer rüber kommen?«
    »Da müss’mer überlegen.« Tagelmust spürte, wie sein Bewusstsein in die graue Masse abgleiten wollte, weil es sich nicht mehr gerne anstrengte und lieber in das wohlige, behagliche Nichts flüchtete. Dieses Mal zwang er es, hier zu bleiben. »Wenn da tatsächlich ‘ne Stadt is, dann ham’se sicher… sicher…« Tagelmust zog angestrengt die Stirn in Falten. »Hm, wie heißt das noch mal, wo man übers Wasser gehen kann?«
    »Brücke?«, half Labago aus.
    »Ja, genau. Brücke. Die ham sicher ‘ne Brücke gehabt. Such’mer das… das… das da ab, wo der Fluss aufhört. Vielleicht find’mer eine.«
    Diese Aufgabe kam Malheur mit der KTM zu. Der Franzose, dessen verfilzter Vollbart bis auf die Brust reichte, fuhr ein Stück flussaufwärts. Immer wieder rutschten die Plastiflexreifen auf dem hart gefrorenen Sand weg. Geschickt fing er die Maschine ab. Darin hatte er zwischenzeitlich Übung. Nach gut drei Kilometern Fahrt entlang der kerzengeraden Uferlinie begann sich plötzlich eine Eisfläche über den Fluss zu ziehen.
    »Das is der absolute Mega-Hammer«, murmelte Malheur. Als er einige hundert Meter weiter fuhr, sah er die Ursache für die seltsame Eisbildung. Ungefähr in der Mitte des Stroms ragte die obere Hälfte einer alten Fähre aus dem Eis. Sie stand schräg, in einem

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