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2070 - In der Sternenkammer

Titel: 2070 - In der Sternenkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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ihm gegenüber auszudrücken imstande war.
    Wir unternehmen nichts, dachte Kascha. Wir warten ab, bis der Konflikt von selbst deeskaliert. Wir Ritter haben eine gewisse Übergangszeit einkalkuliert, in der auch besonders freiheitsliebende Naturen Gelegenheit erhalten sollen, sich von den Segnungen des Do'Tarfryddan zu überzeugen. Überrascht dich unsere. Voraussicht, Haj? Hast du mir das nicht zugetraut, alter Berater?
    Zweihundert Jahre, dachte Kalfym Kascha. Zweihundert Jahre mussten verstreichen, bis kein nennenswerter Raumschiffsverkehr mehr in Dommrath zu verzeichnen ist. Zweihundert Jahre der örtlich begrenzten Unruhen, die allerdings immer weniger wurden. Zweihundert Jahre des stetig zunehmenden Transmitterverkehrs. Zweihundert Jahre, in denen Haj den Kontakt mit ihm zu meiden schien. Doch nun hatte der Weise vom Einsamen Wohnturm auf direkten Befehl des Ritters seine Zurückhaltung aufgeben müssen. Kalfym Kascha hatte ihn auf einen Botengang geschickt. Auf einen lapidaren Botengang, den auch ein untergeordneter Beamter aus der Crozeirenstadt hätte erledigen können.
    Haj betrat den Konferenzraum in der Sternenkammer, und Kalfym Kascha musterte interessiert das Wesen, das ihm folgte. Es war nur sechzig Zentimeter groß und hockte in einer Art Sattel auf der Schulter eines silberhäutigen Trägers. Der Ritter hatte sich gut vorbereitet. „Ich grüße dich, Seelenquell", sagte er. „Schon allein die Tatsache, dass du auf einem Silberträger reitest, beweist mir, dass du der bedeutendste Vertreter deines Volkes in dieser Epoche bist. Nur wenigen Seelenquell gelingt es, eine Symbiose mit einem Silbernen einzugehen." Der kleine Humanoide betrachtete ihn aus schießschartigen, aber wachen Augen. Kalfym Kascha vermochte den Blick darin nicht ganz zu deuten. War es Ehrfurcht - oder Spott? „Ich habe eine Berufung für dich, Seelenquell", fuhr der Ritter fort. „Ich möchte dich als Hüter in die Sternenkammer der Ritter holen. Du weißt, was die Sternenkammer ist?" Der Seelenquell sah ihn nur an. Verärgert gestand Kalfym Kascha sich ein, dass er sich nicht einmal seinen Vornamen eingeprägt hatte. „Die Sternenkammer ist jener Speicher, in dem die Ritter seit Urzeiten schon die Mitbringsel aus der Ära der Entdecker lagern, von ihren Reisen durch unzählige Galaxien, ihren Kontakten mit ungezählten Kulturen. Es handelt sich dabei teilweise um sehr mächtige, sehr gefährliche Relikte."
    Er weiß genau, dass ich ihn zur Beobachtung in die Sternenkammer hole, dachte Kalfym Kascha. Dass ich ergründen will, ob nicht doch ein gewisses crozeirisches Erbe in den kleinen Humanoiden steckt. „Doch es hat sich inzwischen mehr und mehr die Ansicht durchgesetzt, dass das Land Dommrath isoliert existieren muss und die Außenwelt so weit wie nur möglich ignoriert werden sollte... Eine Philosophie, die im Grunde auf den lange verstorbenen Ja-Ron Kascha zurückgeht." Der Seelenquell schwieg noch immer. „Deshalb müssen diese Artefakte gut verwahrt werden ... von zuverlässigen Helfern. Und es gibt ein geflügeltes Wort in diesem Abschnitt des Landes Dommrath: zuverlässig wie ein Seelenquell."Kalfym Kascha lächelte entwaffnend. „Du wirst der Hüter des Speichers sein, Seelenquell. Und wenn du spürst, dass deine Lebenszeit sich dem Ende zuneigt, wirst du einen Nachfolger auswählen, und der nächste Seelenquell wird dein Erbe antreten."
    Das kleine humanoide Wesen sprach noch immer nicht. „Haj wird dich in deine Aufgabe einführen", sagte der Ritter und bedeutete dem Seelenquell, dass die Audienz beendet war. Das Wesen drehte sich stumm um und verließ den Raum. Es hat kein einziges Wort zu mir gesprochen, dachte Kalfym Kascha verblüfft. Der Doppelstabroboter wollte dem Humanoiden folgen. „Haj, bleib!" sagte der Ritter. „Bitte", fügte er dann hinzu. „Ich möchte mit dir sprechen. Ich brauche deinen Rat."
    „Ich möchte mit dir sprechen", sagte Kalfym Kascha zu Haj. „Ich brauche deinen Rat." Dann dachte er: Ich habe das schon einmal erlebt. Ich habe ihn schon einmal gebeten, noch zu bleiben. Wie lange ist das her? Jahrzehnte? Jahrhunderte? Jahrtausende? Das war der Fluch der Kimbaner. Aufgrund ihrer Langlebigkeit vergaßen sie alles, was ihnen unwichtig erschien. Und diese Bitte an Haj, damals, als der Doppelstabroboter den ersten Seelenquell in die Sternenkammer brachte, war ihm sehr unwichtig erschienen. „Ich weiß, wir haben unsere ... Meinungsverschiedenheiten gehabt", fuhr er fort. Und

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