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210 - Unter dem Vulkan

210 - Unter dem Vulkan

Titel: 210 - Unter dem Vulkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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Verstand weigerte sich, seinen Worten zu glauben.
    »Der Prophet ist von edlem Geblüt«, murmelte Onkel Jules, »und ein Nachfahre anderer Propheten. Die Herrin unserer Provinz, Crella Dvill, schützt ihn. Seine Vasallen gehen für ihn durchs Feuer.« Er seufzte ergeben. »Papa Lava hat ihn auserwählt. Wir sind nur Würmer, seinem Willen Untertan.«
    Dass Onkel Jules Maitre Magnan ergeben war, wusste sie, denn er machte keinen Hehl daraus. Dass er ihm jedoch die Stiefel leckte, war ihr neu. Dass seine Ergebenheit so weit ging, dass er die Demütigung nicht einmal erkannte, der er sie aussetzte, war ein Schlag, den sie nicht verwand.
    Jetzt wurde ihr klar, warum er immer genau hatte wissen wollen, mit wem sie zusammen war.
    »Angenommen, ich weigere mich…«
    »Du solltest an so etwas nicht einmal denken.« Onkel Jules deutete auf die in den Wohnbereich führende Tür. »Ich stelle dich dem Gesandten vor.« Er räusperte sich. »Er wird mit uns speisen.«
    O nein, dachte Almira. Bevor er in meinen Fisch beißt, fall ich lieber tot um. Sie folgte ihrem Onkel aus dem Laden hinaus. Es hatte keinen Zweck, mit ihm zu streiten. Er war ein Untertan. Er war Argumenten nicht zugänglich.
    Sie würde nicht in dem Harem des Propheten einziehen. Sie würde in gar keinen Harem einziehen.
    Vorher laufe ich weg. In dem Korridor, von dem die privaten Kammern abzweigten, blieb sie stehen. »Ich muss noch mal in mein Zimmer.«
    Ihr Onkel zuckte die Achseln. »Beeil dich. Man lässt einen Gesandten des Propheten nicht warten.«
    ***
    Almira ging in ihre Kammer, riss den Kleiderschrank auf und stopfte alles, von dem sie annahm, dass man es für einen Marsch durch den Dschungel brauchte, in einen Tornister.
    Proviant wäre auch nicht schlecht gewesen, aber wenn sie jetzt in die Küche ging, machte sie sich bei der Köchin verdächtig. Ihr Beutefisch fiel ihr ein.
    Den würde sie sich gleich holen. Sie schwang den Tornister über den Rücken und packte die Lanze.
    »Adieu, teure Heimat.«
    Almira schaute sich noch einmal um. Es versetzte ihr einen Stich, das Haus zu verlassen, in dem sie aufgewachsen war.
    Doch was sollte sie tun? Sich der Anweisung eines Mannes beugen, der ihr Bestes wollte, aber ein Feigling und Klotzkopf war?
    Im Haus eines Häuptlings war es vielleicht üblich, dass eine junge Frau jemanden ehelichte, den die Familie ihr vorschrieb.
    Aber keine Frau von Ehre ließ sich mit einem Kerl verkuppeln, den sie nicht kannte.
    Und da war noch etwas, das sie skeptisch machte.
    Dass der Prophet dem Vulkangott Papa Lava nicht nur huldigte, sondern ihn, wenn er zu laut brüllte, auch mit Menschenopfern besänftigte, gefiel ihr nicht.
    Almira huschte aus dem Zimmer und eilte an offenen und geschlossenen Türen vorbei. Der Hinterausgang mündete in den Arachnidenstall. Von dort aus konnte sie mit etwas Geschick im Busch untertauchen und nach Westen gehen.
    Sie öffnete vorsichtig die Tür. Warmer Stallmistgeruch schlug ihr entgegen. Die Arachniden waren im Freigehege, deswegen blökten sie auch nicht, als Almira geduckt und aufgeregt an den Boxen entlang lief.
    Die Freiheit lockte! Und wie nahe sie war! Das Stalltor stand offen. Mit diebischer Freude im Herzen lugte Almira hinaus, nahm ein Ziel ins Auge und rannte los, dem Busch entgegen.
    Zwei Schritte weiter stolperte sie über ein ausgestrecktes Bein und landete im hohen Bogen im Gras.
    » Oh, das tut mir aber Leid… Hast du dir wehgetan?«
    Almira wusste nicht, ob sie heulen oder sich auf den Beinchensteller stürzen sollte. Was für eine scheinheilige Stimme! Natürlich hatte er ihre Flucht mit Absicht behindert!
    Sie drehte den Kopf und schaute ihn an. Was hatte er für schöne Augen! Wie blau sie waren! Wie alt mochte er sein?
    Nun ja, er war älter als sie, aber wesentlich jünger als der Prophet. Höchstens dreißig. Vielleicht auch dreiunddreißig.
    »Wer bist du?«, fragte sie.
    »Man nennt mich Doctorus Noah.« Der Fremde verbeugte sich. Dann half er ihr beim Aufstehen und schaute zu, als sie sich das Gras von den Kleidern klopfte.
    Er war in helles Leinen gekleidet und trug kniehohe Stiefel.
    Die Kapuze hing auf seinem Rücken. Er hatte kurzes schwarzes Haar. Von einigen Stoppeln abgesehen war er bartlos und so hellhäutig, wie Almira sich den Kaiser immer vorstellte.
    »Wo willst du hin?« Doctorus Noah lächelte schelmisch.
    »Du willst dich doch wohl nicht vor deiner Pflicht drücken?«
    Er zwinkerte ihr zu. Er sah nicht nur stattlich aus. Sein Blick wirkte

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