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2110 - Der Gute Geist von Wassermal

Titel: 2110 - Der Gute Geist von Wassermal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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also auch mit den Erholungslandschaften der SOL-Zellen. Die nur 1,39 Meter große Menschin war berühmtberüchtigt dafür, dass sie jede Verfehlung gegenüber „ihren" Wäldern, Landschaften und hydroponischen Anlagen vehement geißelte.
    „Oh, entschuldige, bitte, Zitonie!", rief ich zerknirscht und bewegte mich behutsam aufs Ufer zu. „Ich bin nicht absichtlich an die Seerose gestoßen."
    „Seerose ...?", schallte es zurück. „Was bist du bloß für ein Banause, Arkonide! Das ist eine Nelumbo lutea, eine Lotosblume, eine beinahe überirdische Schönheit - zart und zerbrechlich wie eine Elfe, aber dankbar für jede Pflege, die man ihr angedeihen lässt."
    „Tut mir Leid", sagte ich und richtete mich auf, als meine Füße Grundberührung bekamen.
    Zitonie stand starr am Ufer und funkelte mich mit ihren goldfarbenen Augen an. Sie sah keineswegs wie die Furie aus, als die sie sich gebärdete, sondern war trotz ihres schlanken, sehnigen Körpers ausgesprochen weiblich geformt. Ihre mentale Ausstrahlung war noch weiblicher. Zusammen mit ihrer goldbraunen Haut, ihren silberfarbenen Zähnen und Nägeln und ihrem kurz geschnittenen grasgrünen Haar war sie im Grunde genommen eine Schönheit.
    Als ich das Ufer erreichte, breitete ich meine Arme aus und rief: „Verzeih mir bitte noch einmal, liebe Zitonie!
    Ich werde künftig jeden Grashalm deiner Gärten wie einen Augapfel hüten."
    Völlig unerwartet brach sie in glockenhelles Lachen aus, deutete auf mich und sagte glucksend: „Wenigstens hast du ein Minimum an Anstand gewahrt, Atlan."
    Ich wusste nicht sofort, was sie meinte, bis mein Logiksektor „sagte": Sie macht sich lustig darüber, dass du deinen Slip anbehalten hast. Obwohl er jetzt nass und dadurch eng anliegend ist. Extrem eng!
    Ich war ein wenig ärgerlich und verlegen, gleichzeitig aber erleichtert, weil Zitonie mir offenbar verziehen hatte.
    Irgendwie musste ich ihr dafür danken - und sei es nur, um meine Verlegenheit zu überspielen, die eigentlich untypisch für mich war.
    Impulsiv - geht irgendwann schief!, monierte der Logiksektor.
    Sarkasmus ist meine Domäne! dachte ich zurück.
    Ich bückte mich, streifte die feingliedrige Kette aus purem Ynkelonium von meinem linken Fußgelenk, die ich vor ein paar Tagen in einer Trümmersektion gefunden hatte, und reichte sie der Kamashitin. Es war eine wirklich wunderschöne Arbeit. Eigentlich hatte ich sie behalten wollen.
    „Nimm sie als Beweis meiner tätigen Reue und meiner Sympathie für dich und deine Pflanzenwesen", sagte ich. „Es wäre mir eine Ehre, wenn du sie tragen würdest. Sie hat einst der Prinzessin eines Sternenreiches gehört."
    Charmeur und Lügner!, spottete der Extrasinn.
    Zitonies Augen wurden dunkel wie zwei Waldseen, als sie die Kette entgegennahm, dann wurden sie hell und klar wie ein Sonnenaufgang auf Largamenia.
    Sie griff in die kleine Tasche, die sie an ihrem Gürtel trug, holte ein tischtennisballgroßes, aber nicht ganz kugelförmiges Gebilde von grüngoldener Farbe heraus und drückte es mir in die linke Hand.
    „Danke, Arkonide", flüsterte sie geheimnisvoll. „Nimm dafür dieses Rhizom einer Altarhea Samarosah von der Welt der Gudda Girran. Es soll dir Glück bringen."
    Verblüfft starrte ich auf das feuchtwarme, elastische Wurzelgebilde. Ich spürte, dass sich zwischen ihm und mir eine mentale Verbindung anbahnte - eine Art geistige Rückkopplung.
    Jetzt spinnst du wirklich!, meldete sich der Extrasinn.
    Ich sah auf, wollte Zitonie Kalishan fragen, was es mit dem Rhizom auf sich hatte - doch die Kamashitin war verschwunden, als hätte sie sich in Luft aufgelöst.
    Im nächsten Augenblick war auch die Erholungslandschaft der SOL verschwunden ...
    Und Alarmsirenen gellten entnervend in meinen Ohren.
    Die ungeschminkte Realität brach mit unbarmherziger Wucht herein.
    Oder wieder nur die Rückspiegelung einer Erinnerung ...? Wie die Begegnung mit Zitonie?
    Und wie das, was ich augenblicklich zu erleben glaubte?
     
    2.
     
    Sarkophag Die Szene hatte etwas Gespenstisches.
    Die Trümmerzone im angeflanschten Bereich des SOL-Mittelteils war genau das, was der Name aussagte: eine Wüstenei aus hochhaushohen, zerschmorten Aggregaten, blockierten Korridoren, in denen es in Kabelbündeln immer wieder knisterte und funkte, in denen vielerorts Rauchschwaden hingen und in denen Staub kaum sichtbar die Augen reizte, ein gigantisches Labyrinth aus Technomüll, das auf gespenstische Weise zu leben schien und in dem man sich

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