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2112 - Verschollen in Tradom

Titel: 2112 - Verschollen in Tradom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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schien ein ähnliches Verlangen zu empfinden wie ich selbst und alle anderen in der Zentrale. Nur war es bei ihr viel stärker ausgeprägt.
    Ein Teufelskreis!
    Die Angst lahmte mich. Ich bemannte zwar den Pilotenstand und hätte natürlich aus eigener Entscheidung abdrehen können, doch das wäre mein Todesurteil gewesen. Inckaz hätte sofort bemerkt, dass wir uns von der Wechte entfernten, und zweifellos mich als Nächsten aufs Korn genommen und massakriert.
    Es gab nur eine Möglichkeit. Die gefährlichste von allen.
    Noch hielten Inckaz' Artgenossen still, noch hatten sie sich in der Gewalt. Aber schon sprang ein Quintane auf, stieß ein völlig unverständliches Gebrüll aus und griff nach seiner Waffe. Die Mimik der Insektoiden war mir noch immer so fremd wie eh und je, doch ich bezweifelte nicht, dass er einfach den Verstand verloren hatte.
    Ich musste sofort handeln, wollte ich mein Leben und das aller anderen Besatzungsmitglieder retten.
    Ich behielt den Kursvektor bei und beschleunigte die FESCO mit allem, was die Maschinen hergaben. Die Schmerzwechte wurde in der holografischen Darstellung rasend schnell größer.
    Unmittelbar darauf glaubte ich, einen Sog wahrzunehmen, ein genauso seltsames Phänomen, wie die Wechte selbst eins war. Die Anzeigen verrieten mir, dass die FESCO noch immer schneller wurde, unerklärlich schnell. Die Triebwerke allein hätten das Schiff nicht so schnell auf solch eine Geschwindigkeit beschleunigen können.
    Die Anziehungskraft des Schwarzen Lochs ...
    Aber es blieb nicht bei dieser lapidaren physikalischen Wirkung. Das Schiff selbst schien einem unerklärlichen Einfluss ausgesetzt, der es geradezu verzerrte. Der Bug schien auseinander gezogen, das Heck gestaucht zu werden. Ich sah es nicht nur in den grafischen Darstellungen, sondern auch mit eigenen Augen. Im einen Teil der Zentrale schienen die Besatzungsmitglieder so eng zusammengedrängt zu stehen, dass sie sich fast berührten, im entgegengesetzten entfernten sie sich voneinander.
    Die Zeit schien zu erstarren. Ich sah Inckaz, wie sie einen Motim so mühelos hochhielt, als wäre er ein kleines Kind. Das massige Wesen hatte mit den Armen und Beinen gestrampelt, hing jetzt aber bewegungslos im Griff der genauso reglosen Kommandantin.
    Ich konzentrierte mich auf die Instrumente. Seltsamerweise bemerkte ich nicht die geringste Veränderung des Zeitflusses - falls es überhaupt einen gab. Falls ich mir das alles nicht nur einbildete.
    Kein Wunder, dachte ich. Ich stand direkt hinter meiner Station, bildete mit ihr praktisch eine zeitliche Einheit. Falls die Zeit in der Zentrale tatsächlich unterschiedlich schnell verlief, bildete ich aufgrund der räumlichen Enge mit meiner Konsole eine temporale Insel im Chaos der Sinneseindrücke.
    Der Gravitationssog des Schwarzen Loches - oder der Schmerzwechte oder was auch immer sich dort vor uns befand - verlieh der FESCO die notwendige Geschwindigkeit für ein Überlichtmanöver.
    Aber es waren Sekundenbruchteile, die über Erfolg oder Niederlage, Überleben oder Tod entschieden. Würde ich den richtigen Zeitpunkt abpassen? Ein Gedanke zu spät, und die Schmerzwechte würde das Schiff nicht mehr aus ihrem Sog entlassen.
    Wollte ich ihn überhaupt abpassen? Wäre es nicht viel einfacher, der überwältigenden Sehnsucht nachzugeben und in die Schmerzwechte zu fliegen, einfach alles hinter mir zu lassen, alles Leid und alle Qual, und mich auf diese Weise an der grausamen Inckaz zu rächen? Das zu tun, was ich niemals für möglich gehalten hätte? Sie mitzunehmen in den Tod?
    Nein! Ich dachte an Tratto und Ascarde, die vielleicht noch irgendwo auf diesem Schiff war, und an Anguela, die bislang mein Leben beschützt und behütet hatte, und mir kam es plötzlich wie eine Sünde vor, all das, wofür ich bislang so verbissen ausgeharrt und gekämpft hatte, einfach wegzuwerfen.
    Nein!
    Einen Augenblick bevor die FESCO die Wechte erreichte, bevor sie in die physikalisch inkongruente Zone stürzte und möglicherweise vernichtet wurde, schaltete ich mit letzter psychischer Kraft den Hyperantrieb an. Die FESCO sprang auf Überlichtgeschwindigkeit - und im selben Moment endeten die Phänomene.
    Abrupt erlosch der beinahe suggestive Zwang der Schmerzwechte, die Geometrie der Zentrale nahm wieder Dimensionen an, die meine Sinne begreifen und verarbeiten konnten, und die Zeit floss wieder, als hätte sie sich nie verändert.
    Kommandantin Inckaz riss die Augen auf und starrte den Motim an, der seine

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