2112 - Verschollen in Tradom
Durchmesser, die weder mit der Physik des Normalraums noch mit der des Hyperraums befriedigend zu erklären sind!"
Was meinte sie mit inkongruent? Etwa, dass die Phänomene nicht mit der bekannten Mathematik des vierdimensionalen Raum-Zeit-Kontinuums zu erläutern waren?
„Schneller!", befahl sie. In ihren Augen flackerte es unstet. Auf mehreren Stellen ihres Körpers bildete sich flockiger gelber Schaum. „Die Schmerzwechten wirken zuerst wie Schwarze Löcher, und man muss sich vor ihrer Nähe hüten! Aber wenn man in sie hineinstürzt, arbeiten sie wie Transmitter!"
Wenn man in sie hineinstürzt... Hatte Inckaz genau das vor? Wollte sie die FESCO etwa in die Schmerzwechte fliegen?
Immer mehr Schaumflocken perlten auf dem Körper der Kommandantin. Sie schienen einander zu suchen, zueinander zu fließen, um sich zu vereinigen.
„Wir schätzen, dass es in Tradom etwa 250.000 Schmerzwechten gibt! Da sie weder sehr groß sind noch leicht geortet werden können, stolpert man nicht gerade über sie. Selbst erfahrene Raumfahrer begegnen ihnen nur sehr selten!"
Kein Wunder, dachte ich, während ich vergeblich versuchte, die dozierenden Worte der Kommandantin mit ihrem körperlichen und geistigen Verfall in Einklang zu bringen. Der Durchmesser von Tradom beträgt immerhin etwa 180.000 Lichtjahre! Ihre Glieder zuckten immer schneller und heftiger, in ihren tückischen Augen flackerten nun wahre Blitze.
„So wie heute!", brüllte sie. „Wer in eine Schmerzwechte fliegt oder hineingezogen wird, kommt nach einem Transmittertransport in einer der anderen 250.000 wieder heraus!"
Ich hatte davon gehört. Angeblich konnte niemand berechnen, von welcher der anderen Schmerzwechten man ausgespuckt wurde. Und niemand konnte vorhersagen, in welchem Zustand das betroffene Schiff zum Vorschein kam.
Viele Raumer, die einer Wechte zu nahe gekommen waren, hatten den Transport mit ihrer totalen Vernichtung bezahlt. Man hatte nur noch pulverisierte Reste von ihnen gefunden, besagten die Raumfahrerlegenden. Andere, die den Transport schadlos überstanden hatten, hatten von seltsamen und kaum beschreiblichen seelischen Phänomenen berichtet. Und wieder andere hatten nur eine, seltsame Reise erlebt, ohne den geringsten Schaden an Leib und Seele zu nehmen.
Der Schaum bedeckte nun den gesamten Körper der Kommandantin, schien zu einer grellen Masse zu erstarren, die sie irgendwann bewegungsunfähig machen würde. Doch genau das Gegenteil geschah - das, was ich seit einigen Minuten schon befürchtet hatte: Kommandantin Inckaz drehte vollständig durch.
Sie stieß ein gutturales Brüllen aus, das wie das eines wilden Tiers klang, sprang hinter ihrer Station hervor und stürmte durch die Zentrale. Ein Quintane versuchte verzweifelt, unter ihr hinwegzutauchen, doch sie packte ihn und riss ihm mit einer fließenden Bewegung den Kopf ab.
Hartes Chitin knackte, als sie auf die noch zuckende, hornähnliche Körperhülle des Insektoiden sprang und über die Arme und Beine herfiel. Es schien nur Sekundenbruchteile zu dauern, dann war von dem Besatzungsmitglied nur noch blutiger Brei übrig.
Inckaz verharrte, richtete sich auf und sah sich um.
„Anguela, steh mir bei", flüsterte ich. Ich verspürte nicht den geringsten Zweifel, dass sie nach dem nächsten Opfer Ausschau hielt.
Mit einem wütenden Zischen warf sie sich auf einen anderen Quintanen.
Doch nicht allein Inckaz war von dem Aggressionswahn betroffen, auch bei den anderen Prymbos in der Zentrale bildete sich nun Schaum auf der Haut, und ihre Glieder zuckten immer heftiger. Noch hielt die Furcht vor der Kommandantin sie hinter ihren Stationen, doch es war nur eine Frage der Zeit, bis sie ebenfalls wahllos Mitglieder ihrer Zentralebesatzung in der Luft zerreißen würden.
Und dann auch ihre Artgenossen.
Eine Frage von Minuten, wenn nicht sogar von Sekunden.
Wenn nicht irgendetwas geschah, würde keiner von uns die nächsten Minuten überleben. Wenn nicht irgendjemand Inckaz erschoss oder wenn wir es nicht schafften, rechtzeitig weit genug von der Wechte fortzukommen.
Niemand wird die Kommandantin erschießen, dachte ich, und das wäre auch keine Lösung. Die anderen Prymbos haben sich nicht mehr in der Gewalt. Noch ein paar Sekunden, und sie werden übereinander herfallen. - Was soll ich tun?
Ja, was sollte ich nur tun?
An eine kontrollierte Flucht war nicht zu denken. Inckaz hatte keinen Befehl zum Beidrehen erteilt, und sie würde ihn auch nicht erteilen. Die Kommandantin
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