2121 - Turm der Visionen
schlimmsten Fall wie ein Gift für jeden Außergalaktischen sein, der nicht den Vorteil eines Zellaktivators besaß.
*
Trim hörte nur mit halbem Ohr zu. Sein Blick hing weiterhin gebannt an dem merkwürdigen Turm, den er nur aus den Augenwinkeln deutlich sehen konnte. Erst nach mehreren Minuten intensiver Konzentration gelang es ihm, langsam Kopf und Augen gerade zu richten und dabei weiterhin das Gebilde zu fixieren, bis er es schließlich auch „von vorne" erkennen konnte.
Wobei es nach wie vor mehr ein Fühlen als ein wirklich bewusstes Sehen war: Er konnte die Struktur nach wie vor nicht deutlich erkennen. Trim wusste, dass der Turm da war - mehr aber nicht. Doch je länger er darauf starrte, desto mehr zog er ihn in seinen Bann. Vor seinen Augen flimmerte es, und er erschrak für eine Sekunde.
Denn so ähnlich war es auch, wenn seine immer noch unkontrollierte Gabe, die eines Para-Defensors, aus ihm hervorbrach. Aber der Moment verging schnell; er verspürte keine Furcht. Wie es aussah, empfand der Schwarze Zwilling ebenfalls keine Gefahr, denn er verhielt sich still.
Die Umgebung um ihn herum wurde diffus, und der Turm erschien im Zentrum als leuchtendes, waberndes, schwankendes Gebilde von fast magischer Anziehungskraft. Trim Marath fühlte sich wie von einem Magneten angezogen; alles in ihm strebte danach, sofort dorthin zu gelangen. Als ob ein Traktorstrahl seinen Geist eingefangen hätte und ihn nun zu sich zerrte.
Trim drängte sich der Vergleich deswegen auf, weil er vor etwa zehn Tagen mit dem Traktorstrahl an Bord der ADSCHA-ZABOROO gezogen worden war. Das hier war aber noch viel intensiver, brachte sein Innerstes zum Vibrieren und richtete alle Gedanken darauf aus, dass er zu diesem Turm musste.
Ich werde erwartet. Immer tiefer beugte er sich über die Reling. „Ich muss dorthin", murmelte der Mutant.
„Pass auf, dass du nicht stürzt!", erklang eine leise Stimme neben ihm. Eine kräftige, aber weiche Hand zog ihn zurück.
Verwirrt blinzelnd starrte Trim in Mondras forschend blickende Augen. „Was ist los?"
„Das wollte ich dich gerade fragen. Du hast vor dich hin gemurmelt und bist beinahe von der Galerie gefallen."
Mondra ließ ihn los. „Alles in Ordnung?"
Trim schaute hinunter, wo immer noch der Turm wogte und lockte. Bevor er erneut in seinen Bann geriet, riss er sich hastig davon los und sah wieder zu Mondra.
„Ja, alles okay", antwortete der Mutant betont leichthin. „Ich war so versunken in den Anblick der Stadt ... Tut mir Leid. Ich habe nicht aufgepasst."
„Wenn du meinst ...", versetzte die ehemalige TLD-Agentin nicht überzeugt. Aber sie akzeptierte Trims unausgesprochenen Wunsch, nicht darüber reden zu wollen.
Worüber hätte er auch reden sollen? Er verstand es ja selbst nicht, weshalb dieses ... Ding ihn so sehr aufwühlte. Anscheinend erging es ihm als Einzigem so. Nicht einmal Startac, der immerhin Orterfähigkeiten besaß, schien etwas Besonderes bemerkt zu haben. Die Anziehungskraft war jedenfalls immer noch da, auch wenn er nicht mehr hinsah. Immer noch drängte alles in ihm danach, dorthin zu gelangen. Aber wie sollte er das den anderen begreiflich machen? Er selbst hielt es ja für ein Hirngespinst. Vielleicht hatte dieser Anblick hier verborgene Sehnsüchte hervorgeholt, und er steigerte sich gerade in etwas hinein.
Ich muss mich zusammenreißen, dachte er verstört. So kenne ich mich ja gar nicht.
Trim Marath hörte wie von ferne einen summenden Ton und schüttelte seine Gedanken ab.
„Es ist so weit", sagte Atlan. „Wir sollten gehen, sonst verpflichten die uns am Ende noch zum Deckschrubben."
2.
Eine Stadt ohne Ecken und Kanten Im Wartebereich vor der Schleuse herrschte bereits dichtes Gedränge.
Trim Marath bemerkte Mondras prüfend umherschweifenden Blick. „Wonach schaust du?"
„Nach Kuni Maghate, dem Assassinen", antwortete sie.
„Warum interessiert er dich so?"
„Weil die Geschichte schließlich noch nicht beendet ist - vielleicht auch für uns nicht. Vergiss nicht, wir haben ihm das Leben gerettet. Das könnte uns nicht nur Maghate selbst, sondern auch derjenige übel nehmen, der ihn umbringen wollte."
Trim duckte sich in übertriebener Geste. „Dann sollten wir wohl eher auf Verfolger achten ...", meinte er scherzhaft.
„Ich behalte eben gern den Überblick", sagte sie gelassen.
Was nicht unbedingt falsch ist, dachte der junge Mutant bei sich. Mit Mondra als Leibwächter brauchte man sich keine Sorgen um die
Weitere Kostenlose Bücher