2123 - Wahnzeit
ich werde dieses Ungeheuer vernichten", sagte Soner jedes Mal, wenn die Sprache darauf kam. „Ich werde ihm alle sechzehn Köpfe abschlagen, damit endlich Ruhe in die Ukkhar-Kaza einkehrt.
„Sei bitte vorsichtig, Liebster", bat sie ihn.
Doch wenn sie so sprach, war er es, der das Thema abbrach, indem er sie mit Zärtlichkeiten beruhigte.
Soner gefiel sich darin, Sihame zu malen. Er stellte sie in allen möglichen Posen dar, in voller Prunkkleidung und nackt. Aber egal, in welcher Haltung und in welcher Kleidung er sie verewigte, Sihame hatte stets das Gefühl, dass er ihr Innerstes einfing und zum Ausdruck brachte. In seinen Bildern zeigte sich ihre Seele in ihrem Gesicht, sprach aus jeder Fingerhaltung und gab auch ihrem Körper Ausdruck.
In ihren Augen war Soner ein begnadeter Künstler. Doch als sie ihm das sagte, winkte er nur bescheiden ab und sagte: „Das gelingt mir nur bei dir, meine Herzliebste, weil du einen so ausdrucksstarken Körper besitzt."
„Dann kann jeder mir in die Tiefe meiner Seele blicken?"
„Das wiederum ist nur mir möglich, weil du dich nur mir so öffnest."
Solche nicht ganz ernst gemeinte Neckereien endeten immer damit, dass sie einander in die Arme fielen und ihrer Leidenschaft hemmungslos freien Lauf ließen.
Aber Sihame hatte bald das Gefühl, als ob Soner nach einem vollendeten Akt noch auf etwas warte ... dass er aus irgendeinem Grund keine rechte Befriedigung fand ... dass da für ihn noch etwas kommen müsse!
Sihame rätselte lange Zeit darüber, was er denn noch von ihr erwartete. Und sie ließ sich immer neue Varianten ihres Liebesspiels einfallen, um ihrem Gemahl die ersehnte Erfüllung zu bereiten. Aber mit welcher Raffinesse sie ihn auch zu Höhepunkten führte, er schien letztlich nicht zu bekommen, was er wollte.
Soner sagte ihr zwar jedes Mal, wie sehr er sie liebe. Doch dann sah er sie erwartungsvoll an, als sehne er sich danach, dass da noch etwas nachfolge.
Sihame brauchte lange, bis ihr bewusst wurde, was er damit meinte. Und als sie es endlich erkannte, da schämte sie sich, dass sie nicht längst von selbst darauf gekommen war.
Der Prinzenkrieger erwartete, dass sie ihm sagte, sie habe endlich empfangen! Das war alles. Und gleichzeitig so viel! Denn was Sihame auch anstellte, sie konnte Soner zu ihrem größten Bedauern nicht die erlösende Mitteilung machen, konnte ihm nicht sagen, was er sehnlichst hören wollte.
Sihame hatte gedacht, dass sie schon bei ihrer ersten Vereinigung empfangen habe. Doch das war nur Einbildung gewesen. Sie hatte einfach das verspürte Glücksgefühl während des Aktes und danach falsch interpretiert. Sie hatte dieses herrliche Empfinden danach nämlich jedes Mal, wenn er sie beglückte.
Sie konnte nicht genug davon kriegen. Aber wollte nicht schwanger werden ...
Soner bemühte sich, sie nichts von seiner Enttäuschung merken zu lassen. Doch erkannte sie an verschiedenen Kleinigkeiten sehr wohl, dass er immer ungeduldiger wurde. Das ließ sie fast verzweifeln. Wie gerne hätte sie ihm gestanden, dass dieses freudige Ereignis eingetreten war! Dann wäre ihr Glück vollkommen gewesen.
Soner begann sich zu fragen, was schuld daran war, dass er und Sihame kein Kind zeugen konnten.
Lag es an ihm? Aber mit ihm war medizinisch alles in Ordnung. Die Ärzte konnten auch bei Sihame keine Anzeichen von Unfruchtbarkeit konstatieren. Mochte es sein, dass die Götter ihm aus irgendwelchen Gründen zürnten? Soner konnte sich jedoch nicht vorstellen, was er getan haben könnte, das ihren Unmut erweckte.
Da entschloss er sich endlich, sich zum ersten Mal nach seiner Inthronisierung ins Kloster Naban-Adim zu begeben und bei den Pfauchonischen Propheten innere Einkehr zu suchen.
*
Soner legte die 40 Kilometer, die seinen Palast vom Kloster Naban-Adim trennten, zu Fuß zurück, ohne jede technische Hilfe. Der Weg durch das felsige Gelände war ein schwieriger, er führte immer steil bergan, und es gab viele Klüfte zu überwinden. Doch Soner nahm diese Mühen geduldig auf sich, weil er sein Unternehmen als eine Art Bußgang betrachtete. Falls er gefehlt hatte, ohne sich dessen bewusst zu sein, dann wollte er bereits auf seinem Marsch innere Reinigung und Läuterung betreiben, um Klostervorsteher Riddyn nicht als Unreiner gegenüberzutreten.
Im Kloster angekommen, ließ sich Soner waschen, massieren und salben, bis seine verspannten Muskeln wieder locker waren und in seinen Körper Wohlbehagen einkehrte. Dann traf er sich mit
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