2123 - Wahnzeit
Riddyn und sieben ausgesuchten Propheten zum gemeinsamen Mahl.
„Sprich ein Urteil über mich, Riddyn", fiel Soner sofort mit der Tür ins Haus. „Sag mir: Bin ich ein Sünder? Habe ich Handlungen vollzogen, die mir nicht zur Ehre gereichen? Habe ich dadurch den Zorn der Götter auf mich gezogen? Sag es mir freiheraus, Riddyn, wenn es so ist!"
„Üb dich in Geduld, Prinzenkrieger", bat der betagte Pfauchonische Prophet. „Iss zuerst!"
„Aber diese Fragen beherrschen seit vielen Tagen mein Denken", beharrte Soner.
„Nur Geduld, es wird sich alles fügen", sagte Riddyn bloß. Dann wechselte er das Thema. „Lass es dir munden, Prinzenkrieger. Wir haben in Naban-Adim den besten Koch von Kazién. Er könnte mit seiner Kochkunst sogar Tote wiederbeleben."
Soner durchschaute die Absicht des Klostervorstehers, ihn auf andere Gedanken zu bringen, und ließ ihn gewähren. Riddyn gab den sich versteckt haltenden Dienern ein Zeichen, und bald darauf erschien ein überaus beleibter Pfauchone.
„Das ist Kirio, unser Leibkoch", stellte er den Dicken vor, der sich vor Soner niederkniete und das Haupt senkte. „Er kann nicht nur die köstlichsten Gerichte komponieren, sondern rühmt sich darüber hinaus auch noch eines unbestechlichen Geruchssinns. Seine Nase ist so fein, dass er eine Million Düfte unterscheiden und ihrem Ursprung zuweisen kann."
„Leider kann ich deine Kochkünste nicht recht würdigen, Kirio, weil ich so hungrig bin, dass ich alles hinunterschlinge wie ein wildes Tier", scherzte Soner.
Der Koch verschwand wieder. Nach dem Mahl, als Soner und Riddyn allein waren, wandte sich der Klostervorsteher ernsthafteren Themen zu.
„Du kennst bereits die Geschichte unseres Volkes und weißt, dass wir Propheten derselben Abstammung sind wie ihr kleinwüchsigen Pfauchonen", eröffnete ihm Riddyn. „Rufe dir die Geschichte in Erinnerung, Prinzenkrieger!"
Bis vor einigen zehntausend Jahren gab es den Planet Pfauchon, der die Ursprungswelt aller Pfauchonen war, die sich über ganz Akhimzabar ausgebreitet hatten. Damals hatte Krieg geherrscht, in dessen Verlauf Pfauchon vernichtet wurde. Nach Beendigung dieses Krieges waren die Pfauchonen von den Pangalaktischen Statistikern zu den Wächtern von Akhimzabar bestimmt worden. Wie lange das genau zurücklag, wussten nicht einmal die Pfauchonischeh Propheten. Doch eines war in den Annalen festgehalten: Seit damals hatte es nie mehr wieder Krieg in der Galaxis Wassermal gegeben.
Die Propheten, die im Durchschnitt über zwei Meter groß waren und die anderen Pfauchonen somit um Haupteslänge überragten, sahen sich als die direkten Nachkommen ihres gemeinsamen Stammvolks. Sie hatten vor dem Untergang von ihrer Heimat fliehen können und hatten den Prophetenorden begründet, weil ihnen als einzigen Pfauchonen die Gabe der Prophetie erhalten geblieben war, wie sie von sich selbst behaupteten.
Das alles war Soner bekannt. Er konnte nur nicht beurteilen, ob es sich bei dieser prophetischen Gabe um eine ausgeprägte Fähigkeit der Präkognostik handelte oder ob die Propheten lediglich mit Wahrscheinlichkeiten jonglierten. Er wusste aber aus eigener Erfahrung, dass die Propheten eine starke Aura bilden konnten, wenn sie zu mehreren waren.
„Aber eines weißt du nicht", fuhr Riddyn fort. „Du weißt nicht, dass der Name jenes Feldherrn, der Pfauchon bis zuletzt verteidigt hatte und mit ihm unterging, Soner geheißen hat. Du hast deinen Namen von ihm, Prinzenkrieger. Der antike Soner konnte sich einer weiteren Heldentat rühmen. Er hat es geschafft, eine Schneise durch die feindlichen Linien der Belagerer zu schlagen und so einigen Raumschiffen die Flucht von der Heimatwelt zu ermöglichen. Wie du weißt, waren diese Flüchtlinge die Begründer unseres Ordens. Wir haben dem antiken Soner unsere Existenz zu verdanken."
„Es ist eine schwere Bürde für mich, Träger des Namens eines solchen legendären Helden zu sein", sagte Soner demutsvoll. „Ich weiß nicht, ob ich dessen würdig bin.
„Sieh diesen Umstand nicht als Belastung, Prinzenkrieger", sagte Riddyn. „Betrachte es als besondere Auszeichnung. Und quäle dich nicht mit der Frage, ob du würdig bist, diesen Namen zu tragen. Denn ich versichere dir, dass du diesem Namen bisher keine Schande gemacht hast, sondern würdig bist, ihn zu tragen."
Soner war erleichtert, dies aus dem Munde des Klostervorstehers zu hören, und verbrachte daraufhin eine ruhige Nacht.
*
Am nächsten Tag nahm Riddyn den
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