2132 - Der Saltansprecher
an der Decke und Tiegers eigene Schritte. Die Angst ließ das Blut in seinen Ohren rauschen und trocknete seinen Mund aus, aber er hielt nicht an. Er hatte das Ziel seiner Vision erreicht. Jetzt war er nur noch ein Werkzeug der Götter von Zabar-Ardaran.
Sein Name war Urdus Angobal. Er war der höchste Assassine im Dienste des Prinzenkriegers Soner und kommandierte zwei Dutzend Krieger. Sie alle hatten sich in dem lichtdurchfluteten Saal im Hauptflügel des Palasts versammelt. Ihre weiße Kleidung reflektierte die Mittagssonne so stark, dass es die Augen zum Tränen brachte. Niemand sagte ein Wort. Urdus streifte die weißen Handschuhe über. Sie demonstrierten für jeden deutlich sichtbar, dass er und seine Krieger bereit waren, Leben zu nehmen. Er wusste, dass es für sie alle das letzte Mal sein würde.
Er wandte sich den Assassinen zu, die vor ihm knieten. „Der Herr des Lichts", sagte er, „hat uns stets sein Vertrauen geschenkt. Heute bittet er ein letztes Mal um unseren Einsatz. Mögen die Götter uns die Güte erweisen, unsere Ehre mit in den Tod zu nehmen." Er verneigte sich vor den Kriegern und zog die beiden Schwerter aus seinem Gürtel. Sein Gesicht spiegelte sich in ihrem Stahl. Ruhig legte er sie zu Boden, die Klingen auf sich selbst gerichtet, so, wie es die Tradition verlangte. Die Krieger folgten seinem Beispiel, bis jeder von ihnen keine Waffe außer dem Mishim bei sich trug.
Erst dann erhoben sie sich. „Unser Leben für den Herrn des Lichts." Ihre Stimmen hallten durch den Saal. Urdus legte die Hand auf den Mishim. Im Gleichschritt folgten ihm die zwei Dutzend Assassinen durch die Korridore des Palasts nach draußen. Keiner von ihnen zögerte, als sie den Sternenkreuzer sahen. Sie tauschten noch nicht einmal besorgte Blicke aus, als ihnen der pfauchonische Prophet inmitten Tausender von Saltans entgegenkam. Ihr Mut und ihre Loyalität erschienen vollkommen. Urdus war stolz auf sie.
An den Eingangstoren des Palastgeländes blieben sie stehen. Die beiden Flügel waren geöffnet, die Wachen nirgendwo zu sehen. Wie befohlen hatten sie sich weit ins Innere zurückgezogen. Urdus nahm die Kampfstellung ein, streckte den rechten Fuß nach außen und ging leicht in die Knie. Mit beiden Händen zog er den Mishim aus dem Gürtel, streckte die Klinge den Eindringlingen entgegen, wobei er wohl wusste, dass er keine Chance hatte. Ein einziger Schuss aus der Strahlenpistole hätte gereicht, um den Angriff zu beenden und den Saltansprecher zu töten. Ein paar Minen, und von den Saltans wäre nichts außer Fetzen übrig geblieben. Doch das war unmöglich. Eher hätte Urdus sein eigenes Leben beendet, als das eines Saltans zu nehmen.
Und so, dachte er, kommt der Tod heute zu uns allen. Er sah auf, als das Säuseln und Zischen der Saltans an Lautstärke gewann. Der Prophet, der wie ein Rachegott aus einer uralten Legende zwischen ihnen stand, hob die Arme. Er sagte etwas in einer fremden, seltsamen Sprache, die Urdus nicht verstand und auch nicht verstehen musste. Die Bewegung, die plötzlich in die Saltans kam, machte auch so deutlich, was der Prophet gesagt hatte.
Er hatte den Befehl zum Angriff gegeben. Urdus spannte sich an, als die schwarze Woge aus Saltans wie eine Springflut auf ihn zuschoss. Sekunden bevor sie seine Assassinen erreichten, schloss er die Augen, um ihren Tod nicht mit ansehen zu müssen. Trotzdem empfand er nichts als Stolz, als die Krieger um ihn herum zu Boden sanken. Denn sie starben, so, wie er es sie gelehrt hatte. Stumm. So, wie auch er starb.
Tieger sah nicht zurück. Das Fremde, das ihn im Kloster geführt hatte, blieb verschwunden, sodass er das Massaker bei vollem Bewusstsein erlebt hatte. Nur wenige Lidschläge hatte es gedauert, um die weiße Kleidung der Assassinen rot zu färben und den Boden mit Blut zu tränken. Tieger spürte die Genugtuung der Saltans, hatte Schwierigkeiten, sie unter Kontrolle zu halten, als sie gemeinsam den Palast betraten. Obwohl er noch nie zuvor dort gewesen war, wies die Vision ihm den Weg, führte ihn mit traumwandlerischer Sicherheit durch die Gänge und Säle des Palasts. Immer wieder begegnete er Soldaten des Prinzenkriegers, aber keiner von ihnen versperrte den Weg oder wagte es auch nur, ein warnendes Wort zu äußern.
Stattdessen wichen sie den Saltans und ihrem Sprecher aus, neigten nur ergeben den Kopf, wenn sein Blick sie traf, und tuschelten leise in seinem Rücken.
Tieger bemerkte das kaum. Der Blutgeruch, der von den Saltans
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