2192 - Wider den Seelenvampir
sondern hatte eine merkwürdig graue Farbe angenommen. Schmerzhafte Risse hatten sich in Knien und Ellenbogen geöffnet. Er zog bereits helles Blut in Schlieren hinter sich her.
Noch fiel es ihm nicht schwer zu atmen, aber er spürte bereits, wie seine Kehle ausdörrte und die ungewohnt trockene Luft ihn zum Husten reizte. Alles war heiß, seine Handflächen, seine Stirn, jede Pore seines Körpers.
Ab und zu gönnte sich Jorvool eine kurze Pause und legte den Kopf auf das kühle Metall des Schachts, aber die Erleichterung währte nie mehr als einige Sekunden. Viel schneller als erwartet trocknete er aus und erhitzte sich.
Postal Evvy hatte für ihn in das Waffenlager kriechen wollen, aber er hatte abgelehnt. Ein jüngerer Dhyraba'Katabe hatte größere Chancen zu überleben.
Irgendwo hatte Jorvool einmal gelesen, dass man bis zu zwei Stunden ohne Feuchtigkeit leben konnte. Das galt natürlich nur bei idealen Bedingungen, nicht im Inneren eines heißen, stickigen Schachts. Eine Stunde hatte Jorvoool sich allerdings schon zugetraut.
Gerade mal zwanzig Minuten waren vergangen, und der Logistiker fühlte sich bereits dem Tode nah.
Mit zusammengebissenen Zähnen kroch er weiter. Ab und zu glaubte er Stimmen zu hören, die durch den Gang getragen wurden, manchmal hörte er Schritte. Es war schwer zu sagen, woher sie kamen, denn die Schallwellen wurden von dem endlosen Schacht mit seinen Dutzenden Abzweigungen verzerrt.
Jorvool hatte sich den Weg eingeprägt. Seine Angst, in einem falschen Teil des Horts zu landen, war trotzdem groß.
Als Jorvool das Licht sah, dachte er im ersten Moment, man habe ihn entdeckt und es seien die Suchscheinwerfer der Roboter, die ihn anstrahlten. Erst dann erkannte er, dass es das reflektierte Licht aus einer Wandlampe war, die den Gang erhellte.
Er kroch schneller, dachte jetzt nicht mehr an die Schmerzen und die Hitze, sondern nur noch an das Ende seiner Reise.
Die Lampe war auf den Karten verzeichnet gewesen. Wenn er sich richtig erinnerte, lag unmittelbar neben ihr ein Schott, das ins Waffenlager führte. Er hoffte, dass er sich nicht irrte.
Das Licht blendete ihn, und Jorvool musste wie ein Blinder den Boden abtasten, bis er endlich die Luke fand, auf die er gehofft hatte. Die Haut seiner Finger riss tief ein, als er an dem Hebel zog und das Schott aus seiner Verankerung löste. Lautlos schwang es nach unten und klappte automatisch eine Leiter aus, die bis zum Boden reichte.
Kühle Luft schlug Jorvool entgegen. Endlich konnte er spüren, wie seine Körpertemperatur zu sinken begann. Mit zitternden Knien stieg er die Leiter hinab. Seine aufgerissenen Handflächen hinterließen Blut auf jeder Sprosse, die sie berührten.
Es war ruhig in dem großen Waffenlager. Jorvool wusste, dass es je nach Waffenart in verschiedene Bereiche unterteilt war, von denen jeder über einen eigenen Sicherheitszugang verfügte.
Kein einziger Dhyraba'Katabe hatte Zugang zu allen Bereichen, und nur wenige durften das Lager überhaupt betreten. Der Souverän mochte es nicht, wenn seine Untergebenen Waffen trugen. Außer es waren Soldaten seiner persönlichen Eskorte, diese seltsamen Valenter mit ihren verkrümmten Gestalten.
Jorvool schlich durch die schmalen Gänge. Er schaute sich genau um, versuchte sich zu orientieren, so gut es ging. Von Waffen verstand er viel zu wenig.
Auf beiden Seiten waren Kisten gestapelt, die mit sechsstelligen Kodenummern versehen waren. Es hatte Postal allein eine Stunde gekostet, um die Nummern der Waffen zu erfahren, die für sie in Frage kamen.
Die Verschwörer hatten sich auf eine Energiekanone geeinigt, weil sie am einfachsten aufzubauen und zu handhaben war. Allerdings musste er sie erst einmal finden.
Die Gänge schienen sich endlos hinzuziehen. Niemand war zu sehen, weder ein Dhyraba'Katabe noch ein Kampfroboter. Die Vorbereitung und Konstruktion der Kapseln hatte dafür gesorgt, dass der Rest des Horts kaum besetzt war. Jorvool nahm fest an, dass das der einzige Grund war, warum man ihn noch nicht entdeckt hatte.
Der Verschwörer sah den anderen Dhyraba'Katabe im letzten Moment. In einer Sekunde war der Gang noch leer, in der nächsten fiel ein schwarzer Schatten lang und dünn auf den Boden.
Jorvool reagierte instinktiv, holte aus und machte einen Satz nach vorn.
Sein Schlag ging ins Leere, verfehlte den alten Dhyraba'Katabe, der vor ihm um die Ecke biegen wollte, um fast eine Armlänge. Vom eigenen Schwung getragen, prallte Jorvool gegen ein halb leeres
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