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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Felsen hinein, durch welches der Kurde sonderbarerweise nicht die gerade Richtung nahm. Er wich vielmehr bald nach dieser bald nach jener Seite von ihr ab, so daß der zurückgelegte Weg beinahe einen Kreis bildete, auf welchem man fast wieder zurück zum ersten Punkt kam. Hier ging es zwischen zwei eng zusammenstehenden Felsen hinein, welche eine schmale, oben offene, sich abwärts senkende Höhle bildeten. Das war ein sehr beschwerlicher Weg, welcher nur höchst langsam zurückgelegt werden konnte. Warum Tifl gerade diesen Teil des Berges wählte, das war den anderen unerfindlich; sie sagten aber nichts.
    Als man wieder in das Freie kam, befand man sich an einer Felsenwand, welche senkrecht nach oben stieg. ‚Das Kind‘ blieb lauschend stehen und gab mit der Hand zum Mund das Zeichen, zu schweigen. Da oben erklangen jetzt Stimmen.
    „Wer ist das?“ fragte leise der Scheik.
    „Die Perser sind es“, lächelte Tifl, indem er ebenso leise antwortete.
    „Also über uns?“
    „Ja.“
    „Maschallah!“
    „Das ist der Vorsprung, auf dem wir vorhin standen, als wir sie kommen sahen. Wartet noch!“
    Als es nach kurzer Zeit oben still geworden war, winkte der Kurde, ihm weiter zu folgen. Nach einiger Zeit sahen die anderen zu ihrem Erstaunen, daß sie sich oberhalb der früher genannten Felsenlehne befanden, welche sie heraufgekommen waren. Sie trafen auf ihre eigene Fährte, die inzwischen durch die Spuren der Verfolger verstärkt worden war.
    „Nun suchen sie da oben nach uns!“ lachte Tifl. „Wir gehen wieder hinunter. Aber nicht hier, sondern dort, wo man auf dem festen Stein keine Eindrücke machen kann.“
    Er deutete vorwärts, nach einer Stelle, wo das kompakte Gestein jenseits des weicheren Bodens hart zutage trat. Es senkte sich allmählich bis fast an den Rand der Steppe nieder. Die Pferde rutschten mehr als sie stiegen hinunter, wo man nur noch ein schmales Randgebüsch zu durchbrechen hatte. Jenseits desselben wieder auf der Ebene angekommen, wollte Tifl sich auf sein Pferd schwingen; da ergriff Kara ihn am Arm, sah ihm mit fast bewunderndem Ausdruck in das Gesicht und fragte:
    „Tifl, sag, wo hast du das her?“
    „Ich? – Was?“ lautete die ruhige Antwort.
    „Diese Klugheit, diese Umsicht.“
    „Du meinst, daß ich klug gewesen sei?“ erkundigte sich der Kurde, indem er das allerkindlichste seiner Gesichter zeigte.
    „Ja, außerordentlich klug! Jetzt erst begreife ich dich. Sag: du hast gar nicht über die Berge hinüber gewollt?“
    „Nein.“
    „Sondern nur so getan, um die Perser zu betrügen?“
    „Ja.“
    „Du wolltest sie veranlassen, durch die beiden Pässe nach der anderen Seite der Höhe zu eilen?“
    „Ja.“
    „Damit wir hier freien Weg bekämen?“
    „So ist es.“
    „Aber was nun? Denkst du, daß wir jetzt über die Seitenberge reiten, von denen der Scheik wieder zurückgetrieben worden ist?“
    „Nein, das haben wir nicht nötig.“
    „Aber was ist denn deine Absicht?“
    „Wir reiten ganz einfach durch den Paß der Hasen, durch welchen wir gekommen sind, wieder nach Hause.“
    „Aber da treffen wir doch wieder auf die Perser!“
    „Wo?“
    „Nun, doch entweder noch im Paß selbst oder erst am Ende desselben.“
    „O nein. Wenn du das von ihnen glaubst, so hältst du sie für unbeholfen. Du hast aber doch gesehen, wie umsichtig ihr Anführer sich alles überlegt hat. Denke dir grad in der Mitte zwischen den beiden Pässen eine Linie über das Gebirge. Er glaubt, daß wir dieser Linie folgen und also auch jenseits auf der Mitte zwischen ihnen eintreffen. Wird er da seine Leute dort bei den Pässen auf uns warten lassen?“
    „Allerdings nicht“, gestand Kara ein.
    „Sondern wo?“
    „Eben in der Mitte.“
    „Die Pässe werden also für uns frei sein. Es ist folglich sehr wahrscheinlich, daß wir heimreiten können, ohne von den Persern überhaupt gesehen zu werden.“
    „Außer, wenn er in den Pässen Wachen zurückläßt.“
    „Vielleicht tut er das, vielleicht auch nicht.“
    „Und wenn er es tut, was dann?“
    „Es käme darauf an, wie stark diese Wache ist, ob wir uns ihrer mit List erwehren können, ober ob wir Gewalt anwenden dürfen, ohne vor ihren Waffen besorgt sein zu müssen. Jetzt suchen uns die Soldaten da oben auf der Höhe; wir aber reiten nach dem Hasenpaß.“
    Man stieg zu Pferd. Der Scheik der Kalhuran tat dies langsam und mit so vorsichtigen Bewegungen, als ob er sich dabei zu verletzen befürchte. Seine Frau, welche bisher kein

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