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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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noch einen Weg?“
    „Einen Weg nicht, aber doch die Möglichkeit, die andere Seite zu erreichen, ohne daß man zu klettern braucht. Niemand ist so oft in diesen Bergen gewesen wie ich. Ich suchte da nach heilsamen Kräutern für den Peder.“
    „So suchen wir diese Richtung auf!“
    „Aber wir können da nicht reiten, sondern wir müssen gehen. Niemand darf von einem Pferd mehr fordern, als es leisten kann.“
    „So steigen wir ab, sobald es nötig ist!“
    „Also kommt!“
    Tifl wollte bei diesen Worten seine Stute antreiben, doch forderte Kara ihn auf:
    „Halt, noch nicht so schnell! Sag uns erst, wie lange es dauert, bis wir die Höhen hinter uns haben werden!“
    ‚Das Kind‘ sah nach dem Stand der Sonne und antwortete sodann:
    „Wir werden noch vor der Dämmerung die jenseitige Ebene erreichen.“
    „Aber wahrscheinlich nicht wir allein.“
    „Wer noch?“ fragte der Scheik.
    „Das Militär.“
    „Du denkst, daß man hinter uns hersteigen werde?“
    „Auch das ist möglich, doch meinte ich etwas anderes. Die Soldaten beobachten uns. Wenn sie sehen, daß wir versuchen, hier in gerader Richtung über die Höhen zu kommen, werden sie schnell zu beiden Seiten durch die Pässe reiten, um uns drüben zu empfangen. Dann bleibt uns weiter nichts übrig, als in die Felsen zurückzukehren. Dann aber ist es Nacht geworden; wir müssen im Gebirge bleiben und uns früh am Morgen von neuem jagen lassen.“
    „Da aber käme uns Hilfe von Peder.“
    „Meinst du?“
    „Ja. Denn da ich dich in Tifls Begleitung sehe, so vermute ich, daß du jetzt Gast der Dschamikun bist.“
    „Das ist allerdings der Fall.“
    „So kannst du dich auf die von mir vermutete Hilfe fest verlassen. Weiß man, wohin ihr geritten seid?“
    „Nicht genau. Aber man hat gesehen, in welcher Richtung wir uns entfernten.“
    „Das ist genug. Wenn ihr nicht nach Hause kommt, wird man euch suchen.“
    „Man wird nicht suchen!“ fiel Tifl ein.
    „Doch!“ behauptete der Scheik.
    „Nein!“ lächelte das Kind.
    „Warum nicht?“
    „Weil wir zur rechten Zeit nach Hause kommen werden.“
    „Bist du überzeugt davon?“
    „Ja.“
    „So schwöre!“
    Das klang im höchsten Grade ernst. Genau so, als ob es sich um Tod oder Leben handle. Darum schaute Kara den Scheik überrascht an. Dieser aber sah nichts weniger als ernst, sondern jetzt sogar ganz heiter aus.
    „Du wunderst dich über mich?“ fragte er. „Ich sehe, daß du unsern Tifl noch nicht kennst. Er hat gar manches Geheimnis unter seiner alten Mütze stecken. Also, Tifl, willst du das, was du sagtest, beschwören?“
    „Nein“, antwortete der Gefragte.
    „Warum nicht?“
    „Weil ich niemals schwöre. Mein guter Ustad sagt, daß es Sünde sei. Es ist also verboten!“
    Er sagte das so treuherzig bestimmt, so rührend überzeugt, so kindlich gehorsam, daß der neben ihm reitende Kara ihm die Hand hinstreckte und beistimmend zu ihm sagte:
    „Ja, es ist verboten! Auch bei uns, den Haddedihn. Mein Vater weiß von Kara Ben Nemsi, daß jeder Schwur eine Sünde an Allahs Namen ist.“
    „Aber eine Beteuerung ist erlaubt?“ fragte der Scheik, indem er schalkhaft zu Tifl hinüberlächelte.
    „Ja“, nickte dieser.
    „Nun, so beteure es!“
    Da nahm Tifl mitten im Reiten, und zwar mit einer Bewegung, als ob er jemandem eine Ehre zu erweisen habe, die zackige Mütze vom Kopf und sagte, indem er den Blick des Scheiks mit heiterem Einverständnisse zurückgab:
    „Wir werden zur rechten Zeit nach Hause kommen. Das versichere ich im Namen meiner guten Pekala, die, bis wir eintreffen, mit ihrer Kerbelsuppe auf uns warten wird. Beeilen wir uns also jetzt!“
    „Aber wie willst du das anfangen?“ fragte Kara.
    Er erhielt keine Antwort, denn ‚das Kind‘ hatte sein Pferd schon bei den letzten Worten zum vollen Lauf angetrieben und flog so schnell voran, daß man ihm schleunigst folgen mußte. Der Haddedihn konnte sich den Vorgang nicht ganz erklären; er sah darum den Scheik fragend an:
    „Du bist erst kurze Zeit bei den Dschamikun?“ erkundigte sich dieser.
    „Ganz kurze.“
    „So kannst du dieses ‚Kind‘ allerdings noch nicht begreifen. Es steckt ein ganzer, seltener Mann in ihm, der aber daheim verborgen bleibt und nur zum Vorschein kommt, wenn Tifl zu Pferd sitzt. Dieser Mann ist nicht nur tapfer, sondern auch so klug, so ungewöhnlich klug, daß man sich ihm unbedingt anvertrauen darf. Und wenn er gar irgend etwas im Namen seiner geliebten Pekala verspricht, so weiß er,

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