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22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

22 - Im Reiche des silbernen Löwen III

Titel: 22 - Im Reiche des silbernen Löwen III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verschwunden, vollständig verschwunden.
    Später war es mir, als ob ich einige Male halb aufgewacht, aber sofort wieder eingeschlafen sei. Das wiederholte sich, bis mir irgend ein Etwas in mir zuflüsterte, daß ich in einem unnatürlich tiefen Schlaf liege, den ich unbedingt zu besiegen habe. Dieses Etwas war ich selbst; ich hatte mich wiedergefunden. Und nun begann ein Ringen mit den widerstrebenden Augenlidern und der bleiernen Gliederschwere, die mich fest und unbeweglich an dem Boden halten wollte. Dazwischen hinein war es mir, als ob ich das Krachen des Donners höre. Das Rauschen des Windes und des Regens drang mir wie aus weiter Ferne an das Ohr, und dann kam es mir vor, als ob ich in kalter Nässe liege, welche den ganzen Körper durchdrang und ihn aber glücklicherweise auch endlich, endlich wieder bewegungsfähig machte. Ich strengte meinen ganzen Willen an, und da gelang es mir, den Oberkörper aufzurichten und die Augen zu öffnen. Was aber sah ich da!
    Der Himmel war verschwunden. Ein fürchterliches Gewitter tobte. Ein Blitz zuckte nach dem anderen. Der Donner schien keine Pause zu kennen. Es ging Krach auf Krach und Schlag auf Schlag. Der Regen fiel wie eine kompakte Masse nieder. Er hatte das Felsenbecken, dessen Boden vorher nur bedeckt gewesen war, fast ganz bis oben angefüllt. Vor mir saß Halef, mit dem Rücken am Gemäuer lehnend. Seine Augen waren geschlossen. Er regte sich nicht. Seine Kleidung bestand nur aus Hose, Weste, Hemd und Stiefeln. Der Regen troff von diesen vollständig durchnäßten Stücken. Das lenkte meinen Blick auf mich selbst. Auch ich hatte nur Hose, Weste, Hemd und Stiefel, ganz so wie Halef, weiter nichts, alles andere fehlte. Kein Mensch außer uns beiden ringsumher! Die Nomaden waren fort, mit ihnen unsere Pferde, unsere Waffen und alles, was wir sonst noch besessen hatten. Ein Griff in meine Taschen zeigte mir, daß sie vollständig leer waren. Man hatte uns ausgeraubt, und wir mußten noch froh sein, daß wir nicht vollständig ausgezogen worden waren.
    Ich kann nicht sagen, daß ich ich über diese Entdeckung erschrak. Selbst wenn ich ein schreckhafter Mensch wäre, so würde der Zustand der Betäubung, dem ich mich doch noch nicht ganz entrungen hatte, eine so energische Regung, wie der Schreck ist, gar nicht zugelassen haben. Ich rieb mir die Stirn, und es gelang mir, zwei Gedanken herauszureiben. Der erste war, daß wir in dem Kaffee Opium oder etwas dem Ähnliches getrunken hatten. Opiate sind ja in Persien, ihrem Erzeugungslande, von jedermann sehr leicht zu haben. Und zweitens sagte ich mir, daß uns jetzt nichts so sehr wie ruhige Überlegung geboten sei.
    „Halef!“ rief ich dem Gefährten zwischen zwei Donnerschlägen zu.
    Er antwortete nicht. Ich wiederholte seinen Namen und schüttelte ihn am Arm. Die Wirkung war eine höchst sonderbare:
    „Litaht!“ rief er fast überlaut. Dann steckte er, ohne die Augen zu öffnen, den Zeigefinger krumm in den Mund, brachte einen schrillen Pfiff hervor und schrie dann das Wort zum zweiten Male.
    Das war das Zeichen für die Pferde, Fremden nicht zu gehorchen, sondern sie abzuwerfen. Warum jetzt dieses Zeichen? Es war gewiß ein Zusammenhang der Ideen oder der Umstände, welcher ihn veranlaßte, es zu geben. Ich rüttelte ihn stärker und so lange, bis er die Augen aufschlug. Er starrte mich wie abwesend an.
    „Halef, weißt du, wer ich bin?“ fragte ich.
    Da trat das Bewußtsein in seinen Blick, und er antwortete:
    „Mein Sihdi bist du. Wer denn sonst?“
    „Wie befindest du dich? Wie ist dir jetzt?“
    „Warm, sehr warm“, lächelte er.
    Wie? Warm? Mich, den Gesunden, durchdrang eine eisige Kälte, und er, dessen Zustand mir Besorgnis eingeflößt hatte, fühlte sich warm, sogar sehr warm! Wenn ich richtig vermutet hatte und eine Krankheit bei ihm im Anzug war, so konnte die jetzige Durchnässung ihm im höchsten Grade gefährlich werden. Und da fühlte er sich warm! War es etwa das Fieber, welches hier einmal als Wohltäter auftrat und ihm das Leben rettete?
    „Weißt du, wo wir sind und was geschehen ist?“ fragte ich ihn weiter.
    Er schloß die Augen, wie um nachzusinnen, und antwortete nicht gleich. Dann öffnete er sie wieder, sprang mit einem einzigen Ruck in die Höhe und rief aus:
    „Sihdi, du bist stets gegen den Gebrauch der Peitsche; aber hier ist sie es, welche das Wort zu sprechen hat! Es waren zwölf Mann. Sobald wir sie erwischt haben, bekommt ein jeder hundert Hiebe; das macht zusammen

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