Der Hexer - NR40 - Das unheimliche Luftschiff
Band 40
Das unheimliche Luftschiff
Die Luft war kühl und feucht an diesem 14. Oktober des Jahres 1886. Dichter Nebel zog vom Ufer herauf und kroch in die schmalen Gassen zwischen den Lagerschuppen. Immer höher und höher stieg er an, und die Menschen beeilten sich, in ihre warmen und schützenden Häuser und Katen zu kommen. Es roch nach Fäulnis an diesem Abend, und Fäulnis war der Vorbote der Pest.
In den Hafenspelunken munkelten es die Seeleute, und sie berichteten über Jahre, in denen der Herbst ähnlich gewesen war. Jedesmal hatte es im darauffolgenden Winter eine Epidemie gegeben, und die Bewohner der Stadt waren hinauf nach Norden geflohen, in die Wälder von St. Albans und Harlow, weg von diesem todbringenden Wasser.
Die Welt des Hexers
Während unser Held in der Arabischen Wüste um sein Leben und den Fortgang der Serie kämpft, wollen wir uns mit diesem Band seinen Freunden im fernen England zuwenden – Howard Philips Lovecraft und seinem Leibdiener und Kampfgefährten Rowlf.
Die beiden ahnen nichts von Roberts überstürzter Reise durch das Tor der GROSSEN ALTEN; sie wähnen ihn noch immer in Dartmoor, in der Gesellschaft von Sir Henry Baskerville.
Und während Robert Craven gegen den Magier Nizar antritt und das fünfte der SIEBEN SIEGEL DER MACHT erlangt, auf Sill el Mot, die Templerjägerin, trifft und zusammen mit ihr in einen verheerenden Sandsturm gerät, zieht sich um seine Freunde eine Falle zusammen. Jetzt, da sie nicht unter Roberts magischem Schutz stehen, sind sie verwundbar geworden – eine Chance, die sich die GROSSEN ALTEN nicht entgehen lassen.
Doch welchen Plan die uralten Götter verfolgen, davon soll in dem Roman die Rede sein. An dieser Stelle sei nur noch einmal aufgeführt, welche Rolle Howard und Rowlf in der Saga um den HEXER spielen.
Howard Lovecraft wurde am 10. August 1890 in Providence, USA, geboren. Ganz recht: 1890 – und das, obwohl die Serie im Jahre 1886 spielt! Der Schlüssel zu diesem Paradoxon liegt in Howards einzigartiger Begabung. Einst war er ein Ordensbruder der Tempelritter; eine fanatische religiöse Sekte, deren innerer Zirkel über Menschen verfügt, die sich auf dem Gebiete der Magie vervollkommnet haben. Dabei beherrscht jeder dieser Master ein Spezialgebiet – bei Howard ist es der Einfluß auf die Zeit. Er ist als Time-Master fähig, geringfügig in den Lauf der Zeit einzugreifen, und diese Fähigkeit hat er auch nach seinem Austritt aus dem Orden behalten. Lange Jahre war er ein Verfolgter des Ordens, bis Robert Craven den Großmeister zu einem Waffenstillstand zwingen konnte. Allerdings – einen Zeitraum von mehreren Jahren vermag Howard nicht zu überbrücken – das Geheimnis um seine Reise in die Vergangenheit vor seiner eigenen Geburt wird ein späterer Zyklus klären. Howard Lovecraft war lange der Freund Roderick Andaras, Roberts Vater, bis dieser den ALTEN zum Opfer fiel und sein Sohn sein Erbe antrat.
Rowlf – wie sein Familienname lautet, hat er selbst längst vergessen – ist dagegen ein »normalsterblicher« Mensch seiner eigenen Zeit. Seit er in Howards Dienste trat, ist er dessen engster Vertrauter und außer Robert sein einziger Freund. Er gibt sich unbeholfen und dumm – eine Tarnung, die fast jeden Gegner täuscht. Rowlf nun aber unscheinbar zu nennen, wäre ebenso falsch. Mit seinen zwei Metern Körpergröße und der Kraft eines Bullen hat er schon so manches Abenteuer zugunsten des HEXERs entschieden.
* * *
Schmierige Wellen leckten an den Holzbohlen der Docks. Die Flut brachte Treibgut von der Themsemündung mit sich, und in den Kuhlen und Nischen der Bassins östlich der erst halb vollendeten Tower Bridge sammelte sich der Unrat, den die Schiffer über Bord gekippt hatten: faules Fleisch und stinkende Kartoffeln, zerbrochene Kisten und alte Lumpen, mit denen die Seemänner ihre wunden Handballen bedeckten, wenn sie sich in den Stürmen der Nordsee gegen den Wind stemmten und versuchten, die Segel straff und doch nicht überspannt zu halten.
Irgendwo brannte eine einzelne Gaslaterne und markierte den Hofeingang von Benny’s Inn. Der Rest der Docks war in tiefe Finsternis getaucht.
Die Themse schmatzte. Während der Flut stieg ihr Wasserspiegel um dreieinhalb Meter an. Dann lagen selbst die steinernen Treppen an den Anlegestellen unter Wasser. Bei Ebbe waren sie glitschig; kleine, algenüberzogene Kerben in den Kaimauern, auf deren Stufen sich so mancher betrunkene Seemann schon den Hals
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