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2229 - Zuflucht der Motana

Titel: 2229 - Zuflucht der Motana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Karthays über den halben Globus getrieben und zu winzigen, für das bloße Auge unsichtbaren Fragmenten zerrieben. Die Kantblätter fingen sie ein, absorbierten und leiteten die Nährstoffe dem zentralen Baum der Stadt zu. „Was gibt es, Venga?", rief Kischmeide zurück. Ihre Stimme übertönte nur mit Mühe das Tosen des Sturms, das durch die zur Seite geschobenen Kantblätter hereindrang. „Du keuchst ja vor Anstrengung.
    Etwas Wichtiges, nehme ich an?"
    „Ja!" Venga sprang vor Aufregung auf und ab. Sie war eine junge Motana, gerade siebzehn Jahre alt. Seit einigen Monaten diente sie der Planetaren Majestät als Botin. Kischmeide hätte es nie öffentlich eingestanden, aber Venga war ihr in dieser kurzen Zeit bereits ans Herz gewachsen, trotz ihrer Flatterhaftigkeit.
    Kischmeide war dazu übergegangen, wichtige Botschaften, die sie der jungen Motana anvertraute, stets einer zweiten, erfahrenen Botin zu übergeben, damit diese sie überbrachte, sollte Venga es aus irgendeinem Grund - und an Gründen mangelte es der Botin nie - nicht gelingen.
    Venga spazierte mit den großen Augen eines Kindes durch die Welt - eines außergewöhnlich hübschen und langbeinigen Kindes, das Geschmack an dem anderen Geschlecht gefunden hatte. Sah sie ein hübsches Gesicht in der Menge, einen knackigen Männerhintern, vergaß sie alles um sich herum. War es gerade nicht ein Mann, der sie aufhielt, war es eine Freundin, die sie lange nicht gesehen hatte und mit der sie auf der Stelle das Wiedersehen feiern musste.
    Und sollte Venga von Begegnungen dieser Art verschont werden, kam etwas anderes dazwischen: eine neu gezüchtete Pflanze, eine kuriose Begebenheit oder auch nur die Spiegelung des Lichts im Innern der Stadt. Vengas Neugierde war grenzen- und vorurteilslos. „Also, was ist los?", fragte die Majestät, als Venga unmittelbar vor ihr anhielt.
    Die Botin schöpfte laut schnaufend Atem. Ihr hübsches Gesicht war feuerrot angelaufen, die langen Haare waren schweißverklebt. Ihre Uniform, die sie als Botin der Majestät auswies und ihr Vorrang auf allen Wegen verschaffte, war zerknittert. Der Brustteil war mit dunklen Flecken übersät; Kischmeide nahm an, dass es sich um Hinweise auf Art und Umfang der letzten Mahlzeit handelte. Und die Hose ... Venga hatte wieder einmal das Kunststück fertig gebracht, sie falsch herum anzuziehen. „Die alten Frauen schicken mich", keuchte die Botin. „Sie ..."
    „Danke, das genügt."
    „Aber... aber du hast meine Nachricht noch gar nicht gehört!"
    „Das brauche ich auch nicht, ich habe sie schon hundertmal gehört."
    „Wie kannst du so etwas? Ich ..."
    „Ich kenne die Worte, Venga, glaub mir.
    Ich kenne sie. Ich bin nicht erst seit gestern Planetare Majestät." Kischmeide wandte sich ab und schob die Kantblätter, die vor ihr eine dichte Wand bildeten, zur Seite. Eine Windbö erfasste sie und hätte sie zurückgeworfen, hätte die Motana sich nicht mit aller Kraft an den robusten Blättern festgehalten.
    Sie wandte den Kopf noch einmal zu der Botin. „Und als Majestät nehme ich mir das Recht heraus, Dinge, die ich nicht hören will, nicht zu hören."
    Mit einem Ruck zog sie sich nach vorn, begünstigt von einer wenige Augenblicke anhaltenden Flautephase. Hinter Kischmeide schlössen sich die Kantblätter, bildeten eine kompakte Mauer, das äußere Bollwerk gegen die ewigen Stürme.
    Kischmeide fand sich auf einem schmalen, ungesicherten Pfad wieder, gerade so breit, dass sie ihre Füße nebeneinander aufsetzen konnte. Zu ihrer Rechten erstreckte sich der Wall der Kantblätter in alle Richtungen. Zu ihrer Linken fiel die Wand der Kantblätter nahezu senkrecht ab, Dutzende Meter tief bis zum Flusslauf, der die größte Ansiedlung Tom Karthays im Norden und Osten begrenzte.
    Es war ein klarer Tag. Am Horizont zeichneten sich die Berge von Roedergorm ab, gewaltige Felsgebilde, gekrönt von weißen Spitzen. Mächtig und die Heimat dieser widerwärtigen ... Kischmeide wollte nicht daran denken. Sie hatte weiß Gott bereits genug Sorgen.
    Die Motana zwang ihren Blick auf den schmalen Saumpfad zu ihren Füßen und machte sich auf den Weg.
    Sie verzichtete darauf, ihren Sicherungshaken in das in Hüfthöhe verlaufende Seil einzuklinken. Es war nicht windstill, aber dem schwachen Sturm widerstand sie mühelos. Wozu verfügte sie über den ausgezeichneten Gleichgewichtssinn ihres Volkes?
    Dazu kam eine völlige Schwindelfreiheit - und ein Nebeneffekt ihres inzwischen fortgeschrittenen Alters:

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