2253 - Kybb-Jäger
wie die alte Frau sich auf ihren Stock stützte und nervös durch die Zentrale der BLUTMOND humpelte. Das regelmäßige Krachen, mit dem sie den Stock aufsetzte, drang durch das Loch in der Decke zu dem Todbringer.
Ein Waschweib ... Jospeth schüttelte den Kopf. Medillin hatte ihre Tage in der Feste Roedergorm gefristet. Ihre Verwandten hatten sie zu einer der Gruppen geschleppt, die Zephyda ausgeschickt hatte, um Motana mit außergewöhnlichem Psi-Potenzial aufzuspüren. Was eigentlich als gedankenloser, grausamer Scherz begonnen haben, endete in einem denkwürdigen Spektakel: Beflügelt vom Psi-Gesang, hätte die Alte die versammelte Zuschauerschaft in die Luft gehen und einige Runden über der Feste kreisen lassen. Ein Flug, der für niemanden in ernsthaften Verletzungen geendet hatte. Nur ihre hartherzigen Verwandten waren in der Sickergrube der Wäscherei gelandet. Wahrscheinlich waren sie jetzt noch, Monate später, damit beschäftigt, sich die Färb- und Schmutzablagerungen von der Haut zu schrubben.
Doch das war in einer anderen, trotz gelegentlicher Grausamkeiten sanfteren Welt geschehen. Jetzt, mit der Hilfe Jospeths, ging Medillin einer neuen Beschäftigung nach: Sie jagte Kybb-Cranar.
Mehrere Monde umkreisten den zweiten Planeten. Jospeth zählte insgesamt drei. „Wir schlagen einen Orbit ein und sehen uns die Monde an", sagte die Kommandantin. „Aber vorsichtig!"
Die drei Monde standen eng beieinander, bildeten ein Dreieck, aus dem Jospeths Verstand unterbewusst ein Gesicht zeichnete: zwei Augen, eines blutrot und glatt, das andere grau und von Kratern übersät, und eine unförmige Knollennase.
Was verbarg sich hinter dem Gesicht?
Wenn sich Kybb zwischen den Monden versteckten, heftige Gegenwehr. Die Stachler wussten, dass sie von den Motana keine Gnade zu erwarten hatten.
Die entscheidende Frage für Jospeth und die Besatzung der BLUTMOND war aber, was die Kybb aufbieten konnten. Manche ihrer Schiffe waren immer noch so hilflos wie am ersten Tag nach Erhöhung der Hyperimpedanz, leichte Beute für den Bionischen Kreuzer. Andere hatten sich den neuen Bedingungen bereits angepasst und eröffneten das Feuer. Und keiner an Bord der BLUTMOND würde die zweite Schlacht um Baikhal Cain vergessen, in der die Kybb eine Waffe eingesetzt hatten, mit denen die Epha-Motana der Kreuzer außer Gefecht gesetzt worden waren.
Ohne Medillins phänomenale Psi-Gabe wäre die BLUTMOND untergegangen. Dank Medillin war ihnen die Flucht gelungen, wenn auch um einen hohen Preis: Lashunda war auf der Strecke geblieben. Sie und Temkal und viele andere. „Ortung!", verlangte Medillin wieder. „Nichts."
Die BLUTMOND durchflog das Dreieck. Die Orterin konzentrierte sich jetzt auf die Sauerstoffwelt, forschte nach notgelandeten Kybb-Raumern. „Metallkonzentrationen?"
„Negativ."
„Sicher?"
„Ja doch!"
„Na schön, wir ..."
Die BLUTMOND bäumte sich auf. Jospeths Finger trommelten übergangslos ins Leere. Die Gurte hielten den Motana im Sessel, pressten ihm die Luft aus den Lungen. Der Todbringer griff nach den Kontrollen, umklammerte sie wie ein Ertrinkender rettende Äste.
Auf den Schirmen leuchteten Reflexe, so hell, dass sie die Sonne überdeckten. Es waren - Jospeth brauchte einige Sekunden, um sie abzuzählen - beinahe fünfzig. „Mist! Ein ganzer verdammter Verband von Stachlern. Diese ..." Medillin schloss eine Abfolge von Flüchen an, wie sie nur einem Waschweib geläufig sein dürften.
Jospeth hatte einige Zeit gebraucht, sich an die zwei Gesichter der Kommandantin zu gewöhnen: übervorsichtig, um nicht zu sagen, überängstlich im normalen Umgang, raubeiniger und zäher als ein Trupp Roedergorm-Wächter, wenn es brenzlig wurde. Jospeth hatte sie bei sich „Flucht" und „Gefechtsmodus" getauft.
Jospeth ließ sich nicht ablenken. Die Orterin lieferte erste Analysen: Kursvektor der Angreifer, Typenspezifikationen, Abstand von Angreifer zu Angreifer und zur BLUTMOND. Jospeth verwarf die für seine Zwecke unbrauchbaren, legte die übrigen fest auf die Schirme. „Verflucht, Jospeth! Wieso schießt du nicht?", röhrte die Kommandantin.
Das Beben der BLUTMOND hatte nachgelassen: Medillin erschwerte den Stachlern mit wilden Sprüngen das Zielen auf den Kreuzer, ihre Salven verfehlten sie. „Bring uns näher ran!"
„Was? Bist du verrückt geworden?"
„Bring uns näher ran - so kann ich nicht vernünftig zielen."
Der Todbringer bekam einen Fluch zur Antwort, aber die Schirme zeigten ihm an, dass
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