2278 - Brennpunkt Talan
anfliegen. An Bord werden alle zurzeit anwesenden Minister sowie der Erste Terraner sein."
Der selbst ernannte Gott lachte dröhnend. „Wer spricht von Verhandlungen? Ich übernehme die Macht im Solsystem, nicht dessen Repräsentanten. Und schon gar nicht bitte ich sie an Bord der TITAN-09."
„Du wirst uns hereinlassen. An Bord befindet sich auch Carlosch Imberlock!"
Homer staunte über sich selbst, wie gleichmütig ihm ein Bluff nach dem anderen über die Lippen kam. Selbstverständlich würde er niemanden zu dem Kybb-Titanen schicken. An Imberlock kamen sie schon gar nicht heran, oder wenn ja, dann reagierte Gon-Orbhon sofort auf die Entführung seines Propheten.
Du bist ein ziemlich überhebliches Wesen, dachte Homer. Was bleibt von dir übrig, wenn es Myles Kantor in den nächsten Stunden oder Tagen nicht gelingt, den Jetstrahl abzuschalten?
Noch immer verließen die Energiepakete das Innere Sols und machten sich auf den Weg nach Magellan. Homer war überzeugt, dass Gon-Orbhon jede Unregelmäßigkeit bei diesem Transport sofort bemerken würde. Jede Minute, die sie auf Terra die Übernahme des Sonnensystems hinauszögern konnten, war ein Gewinn für Kantor in der Sonne und für die Wissenschaftler in der MUNGO PARK. „Der Prophet braucht nicht zu seinem Gott zu kommen. Der Gott kommt zu ihm."
Der Hüne namens Gon-Orbhon sah übergangslos wütend aus. „Ich lasse jedes Fahrzeug vernichten, das sich mir nähert." Er wandte sich brüsk ab und verschwand aus dem Aufnahmebereich der Kamera.
Homer schaltete die Verbindung ab. „Treib es nicht auf die Spitze", warnte Maurenzi Curtiz. „Ich will seine Gedanken beschäftigen. Er soll alle möglichen Alternativen durchdenken und sich gern tausend Tode für mich überlegen. Das verschafft Myles Kantor Zeit."
Gleichzeitig gab es den 48 neuen Kybb-Titanen am Rand des Sonnensystems Gelegenheit, sich zu verteilen und strategisch wichtige Positionen einzunehmen.
Bisher behielten sie aber ihren alten Kurs bei.
Homer wunderte es nicht. Diese Schiffe kamen aus der Paukenwolke und gehörten nicht zu Gon-Orbhon. Ungeachtet dessen schienen sie sich hier mit ihm treffen zu wollen.
Dass ihre Anwesenheit Zufall war, glaubte der Residenz-Koordinator nicht.
In einer breiten Front strömten die Menschen den Berg hinauf. Aus der Vogelperspektive der fliegenden Kameras sah es aus, als ziehe jemand einen Teppich aus Tüchern aufwärts zum Gipfel. Der Teppich wogte und schwankte, aber er verlor nie seinen Zusammenhalt. Es entstanden keine Lücken, durch die man den spärlich bewachsenen Basaltboden sah.
Homer starrte auf den Panoramabildschirm, suchte nach einem Anhaltspunkt für Mondras Aufenthalt. Vergebens.
Scorchy ist in ihrer Nähe! Aber nicht einmal dieser Gedanke beruhigte ihn.
Aus dem Tempel strömten Hunderte von Anhängern Imberlocks. Sie trugen Waffen in den Händen und verteilten sich entlang der Bergflanke. Dort warteten sie, bis alle Menschen den Hang erklommen hatten. Hoch oben auf einem Felsvorsprung tauchte wie aus dem Nichts eine Gestalt im blauen Overall auf. „Eine Kamera auf Imberlock", sagte Homer. Er wollte sich kein Wort und keine Geste, ja nicht die kleinste Bewegung entgehen lassen.
Carlosch Imberlock breitete in gewohnter Manier die Arme aus. „Es ist so weit!", verkündete er. „Wenige Stunden nur noch, dann erscheint Gon-Orbhon mit ganzer Macht. Dann wird er uns rufen und uns voran in den Krieg ziehen. Diese Welt wird hinterher nicht mehr so sein, wie sie bisher war. Nichts mehr in diesem Universum wird so sein.
Denn Gon-Orbhon wird über diese Welt und ihre ungläubigen Bewohner kommen und sie in zwei Klassen scheiden.
In die, die nach ihrem Tod würdig sind, ihm zu dienen.
Und in die, die einfach verlöschen werden."
Imberlock hielt eine halbstündige Predigt über die Vorzüge, für Gon-Orbhon zu sterben. In dieser Zeit wiederholte er sich mindestens ein Dutzend Male - ziemlich wenige Argumente, um wirklich überzeugend zu sein.
Imberlock, das wurde immer augenfälliger, agierte wie alle Marionetten, die man einer perfekten Gehirnwäsche unterzogen hatte. Er glaubte an das, was er sagte.
Sein Bewusstsein war nicht in der Lage, den Unsinn zu erkennen.
Nicht mehr, korrigierte Homer sich. Früher war Imberlock unter Garantie ein völlig normaler Mensch gewesen. „Folgt mir jetzt zu dem Ort, wo unser Gott zu uns herabsteigt und uns mit seinem Atem zum Leben erweckt", beendete der Prediger seine Ansprache.
In einer theatralisch
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