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2285 - Tag der Verkündung

Titel: 2285 - Tag der Verkündung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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besteht eine reelle Chance, dass der Zwischenfall folgenlos bleibt, zumal wir demnächst abreisen. Mein Brummschädel wird sich hoffentlich auch bald bessern."
    Babett legte die Hand auf seine Schulter und drückte ihn sanft in die Polster zurück. „Ihr solltet ihn jetzt schonen. Er muss sich erholen und braucht Ruhe."
    „Schon gut. - Letzte Frage", sagte Homer: „Wie weit ist Matti mit dem Durchchecken unserer Erwerbungen?"
    „Fast fertig", antwortete Mondra. „Und sehr zufrieden. Einige Kleinigkeiten wird er adaptieren müssen, doch das war zu erwarten. Details in Kürze. Jedenfalls hält uns nichts mehr in Wien."
    „Na dann - auf nach Napoli!
     
    52.
     
    Der Circus Rochette legte großen Wert auf Authentizität, was die artistischen Darbietungen betraf. Das war die längste Zeit von Kritikern und Kollegen aus der Unterhaltungsbranche belächelt worden und vom Publikum nie recht gewürdigt.
    Seit die galaxisweite Erhöhung des Hyperphysikalischen Widerstands auch Terra technologisch weit zurückgeworfen hatte, war jedoch der Zeitgeist ein anderer geworden. In der neuen Aufbruchsstimmung, die bald nach dem Hyperimpedanz-Schock eingesetzt hatte und ungebrochen anhielt, wurden persönliche Leistung und menschliche „Handarbeit" generell wieder höher geschätzt.
    Und damit stieg langsam, nachdem die gröbsten Probleme überwunden waren und der Wiederaufbau in Schwung kam, auch das Bedürfnis nach künstlerischen Vorführungen „wie in der alten Zeit, als der Mensch noch etwas zählte". Akrobaten, die ganz ohne technische Tricks beeindruckende Kunststücke vollbrachten, wurden nicht länger für schrullige Wirrköpfe gehalten, sondern dienten in gewisser Weise als Vorbilder, Identifikationsfiguren und Rollenmodelle, kurz: als lebender Beweis dafür, „was alles geht, wenn man sich nur nach Leibeskräften bemüht".
    Nicht, dass plötzlich so etwas wie ein Zirkus-Hype ausgebrochen wäre; dazu hatten die Terraner denn doch zu viel anderes am Hals. Die Vorstellungen in Wien waren keineswegs gestürmt worden. Mattis Finanzen schlingerten, ungeachtet Homer G. Adams' tatkräftiger Hilfe, nach wie vor hart an der Grenze zum Konkurs entlang.
    Aber ein schwacher Hoffnungsschimmer zeigte sich. Und vielleicht würde ja die bevorstehende Italien-Tournee den großen Durchbruch bringen - Gon-Os Präsenz in Neapel hin oder her.
    Der Tag, an dem der Zirkus buchstäblich seine Zelte abbrach, war immer ein ganz besonderer.
    Manchmal, wenn eine Spielserie außerordentlich befriedigend gelaufen war, man nette Leute kennen gelernt oder das Flair einer bestimmten Stadt besonders genossen hatte, fiel der Abschied schwer. Um nicht zu viel Wehmut aufkommen zu lassen, hatten die „Fliegenden Rochettes" ein spezielles Ritual entwickelt, das diesen Tag zu einem Festtag machte.
    Es begann damit, dass sich alle auf dem Platz versammelten, der von den zwölf Transportschwebern, dem Streichelzoo und dem Hauptzelt umrahmt wurde. Nur der rekonvaleszente Homer und seine selbst ernannte Krankenschwester Babett fehlten diesmal.
    Tunc, der nicht bloß als Schlangenmensch und mit Liram und Gertraudis am Piedestal auftrat, sondern auch das Servo-Buffet betreute, kredenzte alkoholfreien Sekt. Sie prosteten sich zu und tranken. Dann stimmte Fryzzil mit seiner für einen Jülziish ungewöhnlich tiefen Kontratenor-Stimme die Hymne an, die er eigens für diese Gelegenheiten komponiert hatte.
    Inbrünstig fielen die anderen ein. „Wir sind die Fliegenden Rochettes, sind Mattis und Sirenes Wundertruppe; brillier'n im Sand und am Trapez, ohne Furcht und ohne Netz. Wer unsre Show nicht mag, der ist uns schnuppe!
    Wir zeigen stets, was wir können, haben unser Bestes hier in ..."
    An dieser Stelle legten sie immer eine .Kunstpause ein, als hätten sie einen Hänger und vergessen, wo sie sich gerade aufhielten.
    Was nun folgte, war tatsächlich einmal wortwörtlich so abgelaufen. Hinterher hatten sie sich gekugelt vor Lachen und die ganze Passage ins Ritual aufgenommen. „... in, äh ...", sagte Matti. „Titancel?", sagte Sirene. „New Taylor?", sagte Picco. „Baretus?", sagte Gertraudis. „Orbana?", sagte Tunc. „Tshünliihyker?", sagte Fryzzil. „Alzheim?", schrien Liram und die Übrigen; außer Mondra, die sich prustend an dem Schauspiel ergötzte. „Schlimmer", seufzte Matti. „Wien."
    Und das Lied wurde fortgesetzt. „Wir zeigen stets, was wir können, haben unser Bestes hier in Wien gegeben. Ob sie uns Applaus nicht gönnen oder fürstlich

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