2305 - Jagd auf die Dunkelkapsel
„Ordnungshüters" des Dorfes in den Ultraschallbereich glitt.
Der Blue griff zu einer Flasche an der Theke, die wundersamerweise heil geblieben war, schüttete ein wenig vom Eierlikör in seine Halsöffnung und hieb das gute Ding schließlich Mairi Ncombe über den Kopf.
Mairi, das für einen Epsalermischling recht schmal geratene „Mädchen" in der Bar, war anders nicht zu bremsen. Und auch so eigentlich nicht: Sie ignorierte den Hieb über ihr Haupt, fegte Alistair quer durch den Raum und schrie so wie immer: „Und wer entjungfert mich jetzt?
Wer? Wer?"
Ian Grant duckte sich an den Kämpfenden vorbei zu Will Shag, dem Wirt.
Der verfolgte hinter seiner Theke, durch einen leichten Prallschirm vor dem Gröbsten geschützt, aufmerksam das Treiben und notierte, wer was beschädigte.
„Nicht viel los heute", rief ihm Ian ins Ohr. „Ich werd mal schlafen gehen."
„Lass dich nicht täuschen", antwortete Will, ohne die Blicke vom Geschehen abzuwenden. „Autsch! Glaubst du, dass der Doc einen Satz Ohren und Zähne für Charlie lagern hat?"
„Sicherlich. Wenn mich nicht alles täuscht, bekommt er die Dinger vom Festland mit Mengenrabatt. Meines Wissens hat er Zahn-, Gewebe- und Knochenproben von allen Männern und Frauen in seinem Kühlhaus gebunkert."
„Gehst du morgen auf die Jagd? Moment." Er leckte bedächtig über den Stift und schrieb murmelnd weiter. „Raùl: zwei Pint-Gläser, eine Vase, ein ertrusischer Spucknapf, halb voll."
„Ja. Die Wildsäue und Hirsche vermehren sich so rasch, dass wir mit dem Abschuss kaum nachkommen." Ian duckte sich routiniert, wich besagtem Spucknapf aus und zahlte. „Mach’s gut, Will. So lustlos, wie das heute zugeht, kannst du wahrscheinlich früher zumachen."
„Schön wär’s!" Der Wirt sah erstmals hoch und beutelte verzweifelt den Kopf.
„Angeblich kommen später ein paar Ozzies vorbei, die hier die Sommerfrische verbringen. Sie wollen mit ihren ›nachbarlichen Freunden ein paar Takte zum Thema Rugby plaudern‹."
„Ozzies! Touristen!" Ian spuckte angewidert aus. „’s wär’ so schön ruhig auf der Insel, wenn die uns nicht belästigen würden."
Er nickte zum Gruß und verließ das South Sea Hotel. Der morgige Tag versprach anstrengend und nervenaufreibend zu werden.
2.
„Warum?"
„Wer?"
„Wo?"
Die drei Fragen schwirrten immer wieder durch den Äther und zeugten von der Ratlosigkeit der TLD-Mitarbeiter.
Hinzu kam der unterschwellig geäußerte Verdacht, diese Aktion wegen nichts und wieder nichts zu unternehmen.
Das sonst so beschauliche Wohnviertel im Atlan Village glich einem aufgescheuchten Hühnerhaufen. Riesige Schwebelichter wurden in Position gebracht. TLD-Agenten suchten mit Hilfe ihrer Ausrüstung nach Spuren. Positronik-Fachleute durchschnüffelten Datenbanken, die auf ungewöhnliche Vorgänge in dem eng begrenzten Bereich während der letzten Stunden hinwiesen. Kosmopsychologen, Leute vom Spurensicherungsdienst, Kampfroboter, UHF-Spezialisten, kurioserweise ein Trupp Beamter von der Einwanderungsbehörde und gewöhnliche Straßenpolizisten vervollkommneten das Bild eines scheinbaren Wirrwarrs. Zudem mussten angeheiterte Schaulustige, verärgerte Anrainer und Hundertschaften winziger Presse-Roboter vom Ort der Untersuchungen fern gehalten werden.
Malcolm S. Daellian konnte das Misstrauen spüren, das ihm entgegengebracht wurde. In gewissem Sinne hatte er auch Verständnis dafür. Die Hinweise, die er und seine Mitarbeiter aufgefangen hatten und die auf die Aktivität eines Feindes aus der Terminalen Kolonne hindeuteten, waren noch lange keine Beweise.
„Da kommt ein Gleiter", sagte Rudnor, der nervös von einem Bein aufs andere trat und bereits seinen sechsten „Tradom"-Schokoladeriegel verschlang.
Daellian hätte sein fettes „Kindermädchen" am liebsten zur Hölle geschickt.
Aber so wie bereits in den vergangenen Tagen spürte er eine unerklärliche Hemmschwelle. Irgendetwas brachte ihn dazu, den Kerl in all seine Aktivitäten und Überlegungen mit einzubeziehen.
Wenn er nur gewusst hätte, was diesen seltsamen Effekt auslöste ...
Der Gleiter mit einem markanten roten Symbol am Bug landete. Daellian hatte die energetische Kennung des Transporters längst mit Daten in seinen Speichern verglichen, einen Scan der einzigen Insassin vorgenommen und zudem ihre biologischen Daten überprüft.
An Bord saß eine über Siebzigjährige, der er über alle Maßen misstraute – wie fast jedem.
Agalija Teekate stieg aus.
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