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2305 - Jagd auf die Dunkelkapsel

Titel: 2305 - Jagd auf die Dunkelkapsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Mount Anglem war noch einen halben Tagesmarsch entfernt; die schwere Ausrüstung legte sich gehörig ins Kreuz.
    Zwei Schock-Gewehre. Weidemesser.
    Mehrere Reservemagazine. Signalgeräte.
    Positronisches Spielzeug, um jeden Abschuss genauestens zu dokumentieren.
    Verpflegung für eine ganze Woche.
    Schlaffolie, Lesematerial, Medopacks.
    „Das ist ja wie vor tausend Jahren!", ächzte Ian. Er fluchte, ächzte, fluchte. In regelmäßiger Abfolge. So, wie er es immer tat, wenn er in den naturbelassenen Teil der Insel vordringen musste.
    „99 Prozent der Insel sind naturbelassen, du Torfnase!", rief er sich in Erinnerung.
    Wie hatte er nur so dumm sein können, damals, als er nach seiner Verabschiedung aus der LFT-Flotte den Verlockungen eines prachtvoll gestalteten Leuchtprospekts gefolgt war!
    Die herrlichen Sonnenuntergänge hatten ihn geblendet, ebenso wie die Aussicht auf eine ruhige Kugel im Dienste des Umweltministeriums, die hellen Sandstrände, die angenehmen Temperaturen.
    Niemand hatte ihm etwas von den Bogs erzählt, diesen verfluchten Schlammlöchern, denen man im wahrsten Sinne des Wortes auf Schritt und Tritt begegnete. Oder von den Sandfliegen. Oder davon, dass es an mindestens 250 Tagen im Jahr regnete. Oder von der Luftfeuchtigkeit, die einen zur Verzweiflung bringen konnte.
    Oh, wie er diese Insel hasste!
    Der letzte Abstieg stand bevor. Eine kurze Rutschpartie hinab zur Küste, unter einer großen, nass glänzenden Wurzel hindurch, hinein ins letzte Schlammloch, juchheißassa, an den riesigen Farnen vorbei ins Freie.
    Der Himmel riss auf, die Sonne lächelte prall herab. Ian schüttelte den Rucksack ab, dessen Antigravaggregat seit Jahr und Tag nicht funktionierte, und ließ sich erschöpft in den weißen Sand fallen.
    Augenblicklich kamen die Fliegen über ihn. Klein, biestig, blutsaugend. Widerwillig sprühte er sich mit einem Schutzmittel ein, das vielleicht eine halbe Stunde lang wirkte. Tausende Jahre lang hatten Wissenschaftler nach einem Abwehrmittel gegen die Mistviecher geforscht. Irgendwann hatten sie den Kampf aufgegeben. In mancher Hinsicht war Mutter Natur einfach unschlagbar.
    Ian Grant ignorierte das zornige Summen der Sandfliegen. Gierig nahm er einen tiefen Schluck Wasser, lehnte sich zurück und schloss die Augen. Das Meer rauschte gleichmäßig, wie schon seit Anbeginn der Zeiten. Feinste Wölkchen salziger Luft wurden vom sanften Wind herangeweht, und irgendwo kreischte ein empörter Papagei.
    Oh, wie er diese verfluchte Insel liebte!
     
    *
     
    Ian kehrte routiniert die Hütte aus, räumte die Reste einer Strandgleiterparty beiseite und stopfte die Abfälle in einen der Säcke, die er mit zurück nach Oban nehmen würde.
    Die Jagd war wider Erwarten erfolgreich gewesen. Drei Rothirsche hingen in der Kühlkammer der Hütte, bereits fachgerecht aufgebrochen, ausgeweidet, zerlegt und für den Abtransport vorbereitet.
    Zwei Tage noch, dann würde er Su anfunken und darum bitten, ihn mit ihrem alten Gleiter am Pier der Hütte abzuholen.
    Sie würde sich selbstverständlich zieren, ihn wüst wegen seiner Unverschämtheit beschimpfen und schließlich doch kommen. Vielleicht war die Hütte frei, wenn sie landete.
    Ihr Mann arbeitete auf der großen Insel in einem der Fisch verarbeitenden Betriebe, und die kleine, dralle Blondine fühlte sich öfter ... unterbeschäftigt. Und, na ja, ehrlich gesagt, groß war die Auswahl an willigen Frauen in Oban nicht gerade – mal abgesehen von Mairi –, also konnte es schon passieren, dass ...
    Ian lenkte seine Gedanken in andere Bahnen.
    Die Gelder, die das Umweltministerium an Projekte in der ganzen Welt verteilte, verdunsteten scheinbar, je weiter sie sich von ihrem Ursprungsort entfernten. Er hatte längst eingesehen, dass selbst die heftigste Beschwerde bei seinen Vorgesetzten auf der großen Insel nichts half. Bares war rar, und in Zeiten wie diesen wurde viel lieber in die Aufrüstung der Sternenflotte investiert als in die Erhaltung eines Naturschutzgebiets.
    Im South Sea Hotel hatte man vor kurzem über die große Schlacht nahe dem heimatlichen Sonnensystem ausgiebig diskutiert. Von den beiden großen Inseln lagen ellenlange Totenlisten vor. Meist waren es Kadetten, deren Leichname zu Partikeln zerstrahlt im Weltraum schwebten.
    Hier hingegen war man von persönlichen Verlusten verschont geblieben.
    Obans Töchter und Söhne galten als heimatverbunden. In den letzten fünfzig Jahren hatte es niemanden ins Universum

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