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2312

2312

Titel: 2312 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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nicht mit der wilden Hügellandschaft im Einklang, in der sie den Morgen verbracht hatte. Sie kam an zwei Frauen vorbei, die lachten, als fänden sie diesen Ort ebenfalls albern, und sagte im Vorbeigehen: »Das ist doch blöd, nicht wahr?«
    Die beiden Frauen verstummten, und eine zeigte den Hügel empor: »Die drei dort oben in den Kleidern haben uns erzählt, dass sie Qubes in Androidenkörpern wären, und wollten wissen, ob sie unserer Meinung nach als Menschen durchgehen könnten. Wir haben ihnen gesagt, dass das wohl schon ginge, aber …« Die beiden Frauen schauten einander an und fingen wieder an zu lachen. »Aber dass sie es total versaut haben, indem sie uns gefragt haben!«
    Swan sah die drei Gestalten, die in der Nähe des Watbeckens im Gras saßen. »Klingt interessant«, sagte sie und näherte sich ihnen.
    »Pauline, hast du das gehört?«, fragte sie auf dem Weg nach oben.
    »Ja.«
    »Alles klar, dann sei jetzt bitte still, und pass gut auf.«
    Seit Langem gab es die Hypothese, dass Menschen sich entweder dann mit intelligenten Robotern wohlfühlten, wenn sie in einer Art Gehäuse steckten oder aber sich schlicht und einfach nicht von Menschen unterschieden, was sie dann einfach zu einer neuen Sorte Mensch machen würde. Zwischen diesen beiden Extremen befand sich das, was man gemäß der Hypothese als »Uncanny Valley« bezeichnete – der Bereich, in dem die Dinge beinahe, aber nicht ganz gleich aussehen, sehr ähnlich, aber doch verschieden sind, und so bei Menschen eine instinktive Abneigung, Abscheu und Angst auslösen. Daher die einigermaßen plausible Hypothese. Aber da man noch keinen Roboter konstruiert hatte, der hinreichend menschlich wirkte, um das eine Ende des »Uncanny Valley« zu ermitteln, blieb sie eine abstrakte Idee. Vielleicht hatte Swan nun Gelegenheit, den menschlichen Rand des Tals zu erforschen.
    Die geschmacklose Gestaltung des kleinen Ortes schien sich bis auf die Kleidung dieser drei Gäste zu erstrecken. Sie saßen beisammen, in langen Kleidern, die an viktorianische Reifröcke erinnerten. Sie waren einander so ähnlich, dass es sich gut und gerne um Geschwister handeln mochte oder auch tatsächlich um Androiden, die nach dem gleichen Modell geklont worden waren. Allerdings sah eine von den dreien etwas weiblicher aus als die beiden anderen.
    Swan näherte sich ihnen und sagte: »Hallo, ich bin Swan vom Merkur, wo wir gerade mithilfe zahlreicher Qubes unsere verbrannte Stadt wiederaufbauen. Wenn ich es richtig verstehe, dann behauptet ihr drei, Qubes und biologisch nicht menschlich zu sein? Stimmt das?«
    Die drei blieben sitzen und schauten Swan an. Die, deren Körperformen leicht weiblich aussah, lächelte und sagte: »Ja, das stimmt. Setz dich doch dazu, und trink einen Tee mit uns. Er ist gleich fertig.« Sie deutete auf einen kleinen, tragbaren Kocher auf dem Boden mit einer bauchigen roten Teekanne über der blauen Flamme. Auf einem rechteckigen blauen Tuch standen Tassen mit Löffeln daneben und kleine Töpfe.
    Die anderen beiden begegneten ihrem Blick ebenfalls und nickten ihr zu. Eine deutete neben sich aufs Gras. »Setz dich, wenn du möchtest.«
    »Danke«, sagte Swan und ließ sich auf den Hintern plumpsen. »Hier drin ist es ziemlich schwer. Wo kommt ihr drei denn her?«
    »Ich wurde in Vinmara angefertigt«, sagte die Weiblichste.
    »Und ihr?«, fragte Swan die anderen beiden.
    »Ich bestehe keinen Turing-Test«, antwortete eine der beiden steif. »Möchtest du gerne Schach spielen?«
    Und dann lachten die drei. Sie rissen die Münder dabei weit auf – Zähne, Zahnfleisch, Zunge, die Innenseiten der Wangen, vom Aussehen und von den Bewegungen her alles sehr menschlich.
    »Nein danke«, sagte Swan. »Ich möchte einen Turing-Test ausprobieren. Oder wie wäre es, wenn ihr mich auf die Probe stellt?«
    »Wie sollen wir das anstellen?«
    »Wie wäre es mit zwanzig Fragen?«
    »Heißt das Fragen, die man mit Ja oder Nein beantworten kann?«
    »Genau.«
    »Aber man könnte uns einfach fragen, ob die jeweils andere ein Simulacrum ist oder nicht, dafür bräuchte man nur eine Frage.«
    »Stimmt. Wie wäre es, wenn wir nur indirekte Fragen erlauben?«
    »Trotzdem wäre es ziemlich einfach. Wie wäre es, wenn du es ganz ohne Fragen schaffen musst?«
    »Aber echte Menschen stellen einander dauernd Fragen.«
    »Aber mindestens eine von uns ist nicht echt. Und du bist diejenige, die einen Test vorgeschlagen hat.«
    »Das stimmt. Na schön, lass dich mal anschauen. Erzähl

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