0690 - Rückkehr zur Zentaurenwelt
»Warum kann es nicht immer so sein?«, murmelte Nicole und kuschelte sich mit geschlossenen Augen an ihren Gefährten.
Die wohlige Wärme des prasselnden Kaminfeuers strich über ihren nackten Körper und vertrieb jeden Gedanken an den Herbst, der in Frankreich mit plötzlicher Kälte eingefallen war - ein paar Wochen zu früh für die Begriffe der beiden Menschen, aber an der Wetterlage und an den Jahreszeiten ließ sich nichts ändern.
»Weil…«, entgegnete Zamorra, war aber dann zu faul, den Satz zu Ende zu sprechen. Stattdessen legte er den Arm um Nicole und blinzelte schläfrig in die orangefarbenen Flammen. Sie tanzten nach einer unhörbaren Musik über die Holzscheite. Ein tödlicher, zerstörerischer Tanz, der Holz fraß, aber durch die Zerstörung den Menschen auch Wärme schenkte und Licht. Nicht nur äußerliche, sondern auch innere Wärme. Und die fehlte oft genug in der kalten Welt einer gern selbstzerstörerischen Zivilisation.
Der wärmende Vernichtungstanz der züngelnden Flammen war perfekte Schönheit.
Endlich hatten Zamorra und Nicole ein paar Tage Zeit, um sich von den Anstrengungen der letzten Monate zu erholen. Er hatte fast schon vergessen, wie es war, einfach in den Tag hineinzuleben, ohne jeden Moment mit einer Katastrophe rechnen zu müssen.
Ihr Leben raste zwischen Vampiren, Spinnenreitern, Poltergeistern und Unsterblichen hindurch wie auf einer unkontrollierbaren Achterbahnfahrt. In ständiger Bedrohung durch dämonische Wesenheiten, die der Hölle der Erde oder der anderer Welten entstammten.
Selbst wenn die Vernichtung des schwarzen Skeletts nun schon ein paar Wochen zurücklag, das regelrecht Jagd auf Zamorra gemacht hatte, gab es in diesen Wochen wenig Ruhe. [1]
Denn es gab ja auch noch ein paar andere, recht profane Dinge zu erledigen, die ebenfalls zeitaufwändig war. Zum Beispiel Gastvorträge an Universitäten vorbereiten und durchführen, Korrespondenz, das schriftliche Aufarbeiten der erlebten Phänomene fürs Archiv, entweder, um später einmal per Computerabfrage darauf zurückgreifen zu können, oder um daraus mehr oder weniger harmlos gefärbte Artikel für Fachzeitschriften und Bücher zu machen. Auch wenn ihm Nicole hier eine Menge Arbeit abnahm - schließlich war sie nicht nur seine Lebensgefährtin und Kampfpartnerin bei der Dämonenjagd, sondern nach wie vor auch seine Sekretärin -, blieb doch ein sehr großer Teil an ihm selbst hängen. Vor allem die Gastvorlesungen an den Hochschulen in aller Herren Länder musste er schließlich selbst halten…
Und da war auch noch die Entwicklung Ty Senecas, die er argwöhnisch verfolgte. Der Mann, der vor seiner letzten Reinkarnierung durch Avalon noch Robert Tendyke gewesen war und jetzt als solcher nicht mehr angesprochen werden wollte, hatte sich offensichtlich verändert. Sein Charakter war aggressiver geworden, skrupelloser. Was sich auch auf seine Firmenpolitik erstreckte. Seinen früheren Geschäftsführer Rhet Riker, den er als Tendyke noch gefeuert hatte, hatte er als Seneca wieder eingestellt und verfolgte mit ihm zusammen den Plan, den Möbius-Konzern seiner Tendyke Industries im Rahmen einer »feindlichen Übernahme« einzugliedern. In dieser Hinsicht stand Zamorra genau zwischen den Fronten der rivalisierenden Wirtschaftsriesen - er war sowohl mit Tendyke als auch mit Carsten Möbius befreundet.
Und er wusste wirklich nicht, was er tun sollte. Denn er musste befürchten, von beiden schließlich in diese Auseinandersetzung hineingezogen zu werden.
Mit all diesen Dingen hatte er in den letzten Wochen eine kaum weniger hektische Zeit verbracht als bei der Dämonenjagd. An so etwas wie Urlaub war schon lange nicht mehr zu denken. Es gab allenfalls mal ein paar Tage der Ruhe zum kurzen Ausspannen und Abschalten.
Zamorra machte sich keine Illusionen. Er wusste, dass diese Ruhe nicht das Ende der Achterbahnfahrt war. Es war nur eine kurze Pause, die mit dem nächsten dringenden Fall, dem nächsten rätselhaften Mord oder dem nächsten hinterhältigen Angriff enden würde.
Vielleicht schon in der nächsten Minute.
Der Kampf gegen die Mächte der Finsternis erschien Zamorra manchmal tatsächlich wie eine lebenslange Achterbahn. Irgendwann waren er und Nicole aufgesprungen, hatten sich dem Übersinnlichen gestellt, ohne die Konsequenzen zu kennen. Freunde waren gestorben, Allianzen zerbrochen - und doch ging die Fahrt immer weiter, einem unbestimmbaren Ziel entgegen.
Wenn es überhaupt ein Ziel gibt, dachte der
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