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2312

2312

Titel: 2312 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Swan in Afrika
    D as Projekt Erde machte Swan keinen Spaß. Sie zog es durch, weil sie daran glaubte und weil sie der Meinung war, so am besten helfen zu können; sie war der Meinung, dass Alex dasselbe getan hätte, weshalb sie nicht einfach aufgeben konnte, nur weil es schwer, frustrierend und blöd war. Sie verfluchte den Tag, an dem sie Terminator verlassen hatte; sie träumte von dem Tag, an dem sie die Große Treppe Richtung Park und Farm emportanzen konnte.
    Swan wurde so schnell ungeduldig. Wahram wäre besser für so etwas geeignet gewesen, aber er war nach Amerika geflogen, nachdem er sich wie so viele vor ihm mit der unausweichlichen afrikanischen Realität abgemüht hatte. Swan wollte nicht so schnell weich werden, und sie ärgerte sich über ihn. Das kam nun noch zu ihrer grundsätzlichen Verärgerung dazu, und oftmals verpuffte ihre Geduld und ließ sie kochend vor Wut zurück. Sie fing an, grob mit den Leuten umzuspringen, was ihre Arbeit noch ineffektiver machte. Wenn sie aufwachte, fragte sie sich jedes Mal, wie viele Tage es noch dauern würde. Als jemand im Büro einmal das Gleiche sagte wie Zasha, »die ganze Erde ist in Sachen Entwicklungshilfe ein Fass ohne Boden«, brüllte sie ihn an.
    Bei einer anderen Gelegenheit stritt sie einmal mehr lautstark mit einer Frau von der afrikanischen Liga, die aus Dar gekommen war, um ihnen Ärger zu machen, und da Swan ihr keine reinhauen wollte, blieb ihr irgendwann nichts anderes übrig, als sich umzudrehen und wegzulaufen. Auf Chinesisch fluchend drängte sie sich durch die überfüllten Straßen der Stadt. Ihr wurde klar, dass sie der Sache in ihrem gegenwärtigen Gemütszustand nur schadete.
    Die Erde, der üble Planet. Trotz des Winds und des Himmels begann sie ihn einmal mehr zu hassen, und nicht bloß wegen seiner abscheulichen Schwerkraft, sondern wegen der überall sichtbaren Spuren dessen, was ihre Spezies ihm angetan hatte und ihm noch immer antat. Die Luft kam ihr vor wie Sirup, durch den sie sich mühsam vorankämpfen musste. Draußen in den Terrarien lebte man frei wie ein Tier – man konnte dort ein Tier sein und auf die eine oder andere Art sein Leben selbst gestalten. Man konnte so nackt leben, wie man wollte. Auf der gottverdammten Erde erzeugten die gesammelten Traditionen und Gesetze und Gepflogenheiten ein Gerüst, das schlimmer war als ein Leibhalter: Es schnürte einem den Verstand in eine Zwangsjacke ein und zwang einen, genauso zu sein wie all die anderen mit ihren albernen, sauber einsortierten Gewohnheiten. Da waren sie, auf der einzigen Planetenoberfläche, auf der man einfach so herumlaufen konnte, nackt dem Wind und der Sonne ausgesetzt, und wann immer sie konnten, saßen sie in kleinen Kisten und starrten auf noch kleinere Kisten, als bliebe ihnen überhaupt keine andere Wahl – als wären sie in einer Raumstation –, als hätten die schlimmen alten Jahrhunderte der Gefangenschaft nie ein Ende gefunden. Sie schauten nicht einmal nachts zum Sternenhimmel empor. Wenn Swan zwischen ihnen umherlief, sah sie es ihnen an. Wenn es sich bei ihnen um Menschen gehandelt hätte, die sich für die Sterne interessierten, dann wären sie gar nicht mehr hier gewesen. Dort über ihr hing das Sternbild des Orion schief am Himmel, »das Schönste auf dieser Welt, was irgendjemand von uns jemals zu Gesicht bekommen wird, über den Himmel gebreitet wie ein wahrer Gott, an den man nur ein kleines bisschen glauben muss.« Aber niemand sah hin.
    Trotz ihrer Unzufriedenheit hatte sich eine weitere nord-hararische Barackensiedlung nahe Dzivarasekwa bereit erklärt, mit ihr und ihrem Team zusammenzuarbeiten. Die Siedlung lag an einem steilen Hang, und die Leute hatten sich ohne zu fragen dort niedergelassen – der Ort befand sich so nah an der Grenze zu Neu-Zimbabwe und Rhodesien, dass unklar war, wer hier die Hoheitsgewalt hatte. Politisch gesehen war das

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