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2312

2312

Titel: 2312 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Der Tunnel war breit genug, damit drei bis vier Menschen nebeneinander gehen konnten, wie die Sonnenläufer vor ihnen es auch taten.
    »Ich habe nachgesehen, aber es ist nur ein horizontaler Blitz. Nur ein paar Millisekunden schnell und heiß herabstürzenden Lichts vor der Explosion nach oben und zu den Seiten. Aber warum heiß? Es gibt keine Atmosphäre, um etwas aufzuheizen, das kann es also nicht sein. Es sieht ein bisschen aus, als wäre es von, ich weiß nicht, irgendwo anders gekommen. Aus irgendeinem anderen Universum.«
    »Klingt so, als dürften wir noch mit einer anderen Erklärung rechnen.« Wahram konnte sich die Entgegnung nicht verkneifen.
    »Tja, dann erklär du es«, sagte sie in demselben bissigen Tonfall, in dem sie normalerweise mit ihrem Qube sprach.
    »Das kann ich nicht«, erwiderte Wahram ruhig.
    Schweigend gingen sie weiter. Irgendwann liefen sie vermutlich auch unter der Stadt entlang. Über ihnen brannte zweifellos Terminator im Licht des helllichten Tages.
    Dann schien der Tunnel vor ihnen zu Ende zu sein. Sie hatten alle ihre Helme wieder aufgesetzt, da sie sich so am bequemsten tragen ließen, und jetzt leuchteten sie mit ihren Helmlampen in die Dunkelheit. Der Tunnel vor ihnen war bis zur Decke mit Steinen und Geröll angefüllt. Es war kalt hier, und unvermittelt sagte Swan: »Wir sollten lieber unsere Helme dichtmachen.« Ihr Visier fuhr herab. Wahram tat es ihr nach.
    Sie standen da und schauten die Barriere an.
    »Also gut«, sagte Swan grimmig, »nach Westen können wir nicht. Dann müssen wir wohl nach Osten.«
    »Aber wie lange wird das dauern?«, fragte Wahram.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Wenn wir hier herumsitzen, dauert es achtundachtzig Tage bis zum Sonnenuntergang. Wenn wir gehen, geht es schneller.«
    »Wir sollen einmal halb um den Merkur laufen?«
    »Nein, nicht die ganze Strecke, weil der Planet sich weiterdreht, während wir unterwegs sind. Darum geht es ja. Ich meine, was sollen wir sonst machen? Ich sitze hier nicht drei Monate lang rum!« Er sah, dass ihr gleich die Tränen kommen würden.
    »Wie weit ist das noch mal?«, fragte er und dachte dabei halb um den Titan . Sein Magen krampfte sich zusammen.
    »Etwa zweitausend Kilometer. Aber wenn wir, sagen wir, täglich dreißig Kilometer nach Osten zurücklegen, dann verkürzt sich die Wartezeit auf um die vierzig Tage. Wir können sie also halbieren. Das scheint mir die Sache wert zu sein. Und wir müssen nicht ununterbrochen weitergehen. Ich meine, es ist nicht wie beim Sonnenlaufen. Wir laufen unser Tagessoll, essen, schlafen nachts und laufen dann wieder. Wir folgen einer täglichen Routine. Wenn wir von vierundzwanzig Stunden jeweils zwölf Stunden wandern, wäre das zwar eine Menge, aber damit würden wir sogar noch mehr Tage einsparen. Was ist, Pauline?«
    »Kannst du Paulines Stimme wieder laut stellen?«, bat Wahram.
    »Im Moment möchte ich das nicht. Sie sagt, dass wir die Zeit, die wir hier unten verbringen, um etwa 45 Tage verringern können, wenn wir zwölf Stunden am Tag laufen. Mir genügt das.«
    »Tja«, sagte Wahram, »das ist ein gutes Stück Weg.«
    »Ich weiß, aber was möchtest du denn machen? Doppelt so lange hier herumsitzen?«
    »Nein«, antwortete er nachdenklich. »Wohl nicht.«
    Obwohl es eigentlich keine so unglaublich lange Zeit war. Mal wieder Proust oder O’Brian durchlesen, oder ein paarmal den Ring-Zyklus; sein kleines Armpad war gut bestückt. Aber so, wie sie dastand und ihn ansah, wollte er solche Überlegungen lieber nicht aussprechen.
    »Ich schalte Pauline laut«, sagte sie, als machte sie ihm als Gegenleistung für seine Zustimmung ein Zugeständnis.
    »Solvitur ambulando«, sagte Pauline. »Latein für: ›Die Lösung ist ein Spaziergang‹. Diogenes von Sinope.«
    »Auf diese Art beweist man, dass Bewegung etwas Reales ist«, mutmaßte Wahram.
    »Ja.«
    Wahram seufzte. »Das habe ich ohnehin nicht bezweifelt.«
    Als sie wieder die Station erreichten, bei der sie aufgebrochen waren, machten sie eine Bestandsaufnahme. Die drei Sonnenläufer hatten absolut nichts dagegen, sechs oder sieben Wochen lang zu laufen; höchstwahrscheinlich war das ihre normale Lebensweise. Ihre Namen waren Tron, Tor und Nar. Ihr Geschlecht blieb für Wahram unbestimmbar, und sie kamen ihm sehr jung und einfältig vor. Sie lebten einzig und allein dafür, auf dem Merkur umherzuwandern; über andere Themen wussten sie anscheinend nichts zu sagen, oder vielleicht redeten sie nicht viel mit

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