2319 - Die Siedler von Vulgata
Geheimnis, das sie von allen anderen jungen Siedlerinnen unterschied. „Er ist drüben in der großen Stube. Gute Nacht." Damit ging sie.
Arrick sah ihr nach. Bei der kleinen Kammer führte eine Treppe nach oben, die stieg sie hinauf. Erahnte sie seinen Blick?
Sie drehte sich nicht mehr nach ihm um. „Was gaffst du?", fragte der Patriarch. „Starrst du etwa meiner Tochter hinterher?"
Arrick zuckte zusammen. Erstens war es Jünglingen des Alten Testaments verboten, Jungfrauen des Neuen Testaments zu treffen, geschweige denn sie zu heiraten.
Und zweitens gebot das 38. Gesetz den Siedlern, in eine „nahe liegende Familie" einzuheiraten. Ein Jüngling vom Haus Genesis sollte eine Jungfrau des Hauses Exodus erwählen, ein Esra-Jüngling eine Nehemia-, ein Lukas-Mann eine Johannes-Jungfrau. Für ihn, Arrick, war das Haus Offenbarung so weit entfernt wie die Sterne. „Nein, Eminenz", log er, „ich war nur unsicher, ob ich schon eintreten darf. Ich möchte Euch nicht stören."
„Tritt ein!"
In der Stube brannten Kerzen. Eine gewöhnliche Siedlerfamilie zündete nur zu Weihnachten eine Kerze an, hier aber leuchteten die Flammen von mindestens zehn teuren Kerzen - an einem gewöhnlichen Abend. „Setz dich!" Der Patriarch saß am Tisch und tunkte ein Gebäckstück in Tee. Ein zweites Gedeck stand ihm gegenüber. „Ich habe schon auf dich gewartet."
Arrick ließ sich vorsichtig nieder. Es fühlte sich an wie Feuer in seinem Hinterteil. Die Beine zitterten. „Mein Töchterehen dachte, es sei für sie gedeckt. Sie war gerade in die Stube getreten, als du anklopftest, und nun ist sie gekränkt, dass ich Besuch empfange, anstatt mit ihr zu essen. Frauen sind selten glücklich." Er schob Arrick die Gebäckschale hin. „Greif zu!"
Der Junge nahm ein dreikantiges Stück heraus.
Währenddessen goss ihm der Patriarch Tee in die goldene, verschnörkelte Tasse. „Warst du erfolgreich?"
„Ich denke schon." Arrick tauchte das Gebäckstück ein und führte es zum Mund.
Tee tropfte ihm aufs Kinn. Er wischte ihn mit dem Handrücken ab. Man brauchte kaum zu kauen, der Tee floss warm und süß aus dem hart gebackenen Teig. „Ich hoffe, du hast die Namen gut behalten. Ich möchte heute Nacht keinen Fehler machen."
„Die Unzufriedenen haben mit mir gesprochen. Aber sie haben ihre Namen nicht genannt. Dafür könnt Ihr sie morgen alle auf einem Fleck erwischen. Sie kommen zu einem Zirnenbaum unterhalb des Felsplateaus."
Der Patriarch schob seinen Stuhl zurück.
Er stand auf. „Du hast keine Namen?", fragte er drohend.
Arrick ließ das Gebäckstück sinken. Er sagte: „Es wäre verräterisch gewesen, wenn ich sie danach gefragt hätte.
Wirklich, ich will tun, was Ihr verlangt!"
„Du hast es aber nicht getan!", fauchte Kantur Gotha. „Du hast versagt. Gedanken mache ich mir. Pläne schmiede ich für diese Siedlung. Aber anstatt zu tun, was ich befehle, nimmt sich ein jeder die Freiheit heraus, eigene Wege zu gehen. So werden wir die Einheit nicht erhalten! So werden wir der Terranerliga nicht lange die Stirn bieten können! Vulgata wird scheitern, wenn ihr nicht lernt, mir bedingungslos zu gehorchen!"
„Vergebt mir, Eminenz. Ich ..."
„Natürlich vergebe ich dir", unterbrach ihn Gotha. Er lächelte plötzlich, setzte sich wieder. „Du wirst viel Zeit haben, deinen Fehler zu bereuen. Gib mir deine Tasse!"
Arrick reichte die Tasse hinüber.
Der Patriarch holte ein kleines Fläschchen aus seinem Gewand und träufelte eine Flüssigkeit in den Tee. Dann schob er die Tasse zurück zu Arrick. „Trink!"
„Was habt Ihr da hineingetan?" Ihn schwindelte. Er würde das nicht trinken, auf gar keinen Fall würde er das trinken! „Du weißt, warum niemand es wagt, die Siedlung zu verlassen? Warum der ganze Planet der Wildnis gehört? Es sind die Spinnen, die in den Bäumen hausen. Ihr Gift ist tödlich. Es tötet langsam. Trink den Tee, Arrick. Du wirst zu Hause sterben, in deinem eigenen Bett. Es ist recht schmerzhaft, besser, du bist allein dabei.
Das Gift zerfrisst dich von innen. Nun wünschst du dir, ich hätte dich heute Mittag getötet wie den Schergen. Aber du hast einen Auftrag angenommen und hast mich enttäuscht. Das muss schmerzhaft bestraft sein."
„Ich trinke das nicht", flüsterte Arrick. „Du trinkst!" Der Patriarch beugte sich über den Tisch, er war plötzlich größer, wuchs beinahe bis zur Decke an. „Du trinkst, hast du mich verstanden?"
„Ich trinke nicht", winselte Arrick.
Der Patriarch
Weitere Kostenlose Bücher