2326 - Galaktische Dämmerung
Welt..."
*
„Kommen wir zum nächsten Punkt", sagte ein sichtlich erleichterter Rhodan. „Malcolm, wie viel noch nicht verbautes neuartiges, beschussstabilisiertes HS-Howalgonium steht im Solsystem derzeit ungefähr zur Verfügung?"
„Nicht nur ungefähr, sondern genau: 3894 Komma null Kilogramm", antwortete der Chefwissenschaftler der Liga Freier Terraner aggressiv, als habe Rhodans Frage etwas Ungebührliches gehabt. „Ich nehme an, du siehst dafür eine besondere Verwendung vor?"
Tamira Sakrahan lächelte beschwichtigend, erzielte damit aber keine merkliche Reaktion Daellians. „Wir", korrigierte sie dann sanft. „Wir möchten, dass exakt die Hälfte davon auf zwei Fernraumschiffe aufgeteilt wird. Die LEIF ERIKSSON II wird den Geleitschutz der ersten Strecke übernehmen."
„Ihr seid wohl von allen guten Geistern verlassen!", donnerte der Chef Wissenschaftler. „Ihr wollt es aus dem Solsystem entfernen? Seid ihr noch zu retten? Wäre es zu viel gewesen, das erst einmal mit mir zu besprechen? Mich zu konsultieren?"
Die Anwesenden zuckten zusammen und warfen einander erstaunte bis bestürzte Blicke zu. „Dazu bestand keine Veranlassung, und es war auch nicht genügend Zeit", teilte Sakrahan leise, aber bestimmt mit.
Die folgende Stille war mit Händen zu greifen.
Malcolm S. Daellians Stimme explodierte darin: „Das kann nicht dein Ernst sein! Wir brauchen jedes einzelne Kilo HS-Howalgonium, das wir bekommen können, vor Ort!"
„Wir hatten nicht erwartet, dass du unsere Bitte mit Begeisterung aufnehmen würdest", sagte Rhodan, nachdem er und die Erste Terranerin sich mit Blicken verständigt hatten, dass das Reden nun wieder an ihm war.
Daellian lachte schallend. „Eure Bitte? Wohl eher ein Befehl!"
„Nennen wir es doch dienstliche Anweisung, wenn dich das beruhigt.
Aber es gibt gute Gründe für diesen Transport: Die Liga Freier Terraner bereitet derzeit die Errichtung einen Stützpunkts im Innern der Charon-Wolke vor - genauer gesagt, im Jonathon-System."
„Wir sind nicht einmal selbst in Sicherheit, engagieren uns aber zugleich auf anderen Schauplätzen?
Wer sind wir denn? Es wäre gar nicht schlecht, zur Abwechslung mal zuerst zu denken und Ergebnisse zu haben und erst danach zu handeln."
Daellians Widerspruch kam energisch, mit bösartigem Zungenschlag. „Auch wenn du es der Politik anscheinend nicht zutraust: Genau deswegen handeln wir. Der Zugang zur Charon-Wolke verschafft uns einen strategischen Vorteil, die Charon-Wolke könnte, wenn alle Stricke reißen, zur neuen Provcon-Faust werden."
„Wie bitte? Denkst du wirklich daran, die Erde aufzugeben?", mischte sich einer der Flottenadmirale ein. Jester Pinkhurst, dessen glänzend blauschwarzes, glattes Haar ihn unter allen anderen hervorstechen ließ, leitete einen Teil der Flottenausbildung auf der Venus. „Terra darf nicht fallen, ich weiß", sagte Rhodan. „Darum geht es hierbei aber nicht. So, wie die Provcon-Faust während der Larenherrschaft zum Anlaufpunkt und Asyl für Flüchtlinge aller Völker wurde, kann auch Charon uns dienlich sein. Es ist zwar keine so sichere Bastion wie die Dunkelwolke damals, aber für die Terminale Kolonne ist jedes Vordringen mit großen Opfern verbunden. Es geht um etwas anderes: Jonathon muss zu einem zweiten starken Forschungs- und Produktions-Standort ausgebaut werden."
Daellian setzte zu einer Entgegnung an, aber Pinkhurst kam ihm zuvor. „Die Entfernung und die Gefahren, die ein Pendelverkehr zwischen Charon-Wolke und Sol mit sich bringt, halte ich für stichhaltige Gegenargumente. Wir entblößen uns einer Reihe wertvoller Schiffe und Mannschaften, wenn wir ein solches Projekt in Angriff nehmen. Womöglich entscheidender Schiffe."
„Das nun wohl kaum", wehrte ausgerechnet Daellian ab. „Unser Kräfteverhältnis ist lächerlich, die paar Pötte machen da keinen Unterschied.
Aber wir verzetteln uns trotzdem - Sol hier, Charon da ..."
„Charon ist der einzige Ort in der Galaxis außer dem Solsystem, an den zu gelangen TRAITOR bislang Schwierigkeiten hat", beendete Rhodan die aufflackernde strategische Diskussion. „Damit ist diese Wolke unser vielleicht wichtigstes Kapital in der ganzen Milchstraße. Außerdem ist es von großer Bedeutung, dass wir unsere Mittel nicht an einem Ort ballen, sondern aufteilen."
„Deine Entscheidung", gab der Chefwissenschaftler nach. „Aber mir erscheint es nach wie vor töricht. Die alten Römer hatten ein Sprichwort: Divide et impera.
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