2351 - Die gefallenen Mächtigen
und nichts an dessen Anwesenheit auszusetzen. Er hatte die abflauende Strangeness erfühlt und auch eine ganz eigentümliche Aura, vielleicht die von Mächtigen, vielleicht die von Rittern der Tiefe, auf jeden Fall aber eine Ausstrahlung, die eindeutig von den Kosmokraten und keinesfalls von den Chaotarchen initiiert worden war.
Als entkörperlichte Wesenheit kurz vor der Schwelle zur Superintelligenz war der Nukleus imstande, etwas Spezifisches zu erfühlen, was Normalterraner und Instrumente nicht bemerkten.
Rhodan vertraute dem Nukleus in dieser Hinsicht. Mittlerweile war er sowieso überzeugt, dass es sich bei der SEOSAMH nicht um ein Trojanisches Pferd handelte.
Welchen Grund hätte TRAITOR haben sollen, so lange mit der Ausführung eines Plans zu warten? Die Terminale Kolonne hatte bisher eher den geraden Weg zum Ziel bevorzugt und wollte nur eins - den TERRANOVA-Schirm beseitigen, der verhinderte, dass sie das Solsystem einnehmen konnte.
Ein weiteres Holo leuchtete vor Rhodan auf, und der Resident zuckte unwillkürlich zusammen. Er wusste, was es zu bedeuten hatte, dass sein Adjutant sich über diese bevorzugte Leitung meldete. „Sie haben sich gemeldet?", fragte er, als sich Hidalgos Kopf und Oberkörper gestochen scharf hinter seinem Schreibtisch abzeichneten. „Ein erstes Lebenszeichen. Aquinas hat über Funk Kontakt aufgenommen und wünscht dich zu sprechen."
„Sichere Leitung?"
„Natürlich."
„Stell bitte durch."
Hidalgos Holo wurde von einem des Roboters ersetzt. Rhodan sah nur den Kopf und Oberkörper, hatte aber erneut den Eindruck, dass das Kunstgeschöpf wie aus falschen Teilen zusammengesetzt war, der unästhetische, fehlgeschlagene Versuch, etwas nach dem Ebenbild der Mächtigen zu formen. Der Schädel, der an den eines Tapirs erinnerte, wirkte gestaucht, die vorspringende, spitz zulaufende Schnauze war abgeknickt und hing schräg, und die faustgroßen, facettierten gelben Kristallaugen waren stumpf und matt.
Dennoch handelte es sich um den Diener von Wesen, die einmal unglaublich mächtig gewesen waren. Und doch auch nur Zuarbeiter einer noch höheren Macht. „Die Mächtigen haben mittlerweile die Nachwirkungen des Strangeness-Schocks weitgehend überwunden", kam der Roboter sofort zur Sache. „Jedenfalls so weit, dass sie mit dir sprechen können.
Nuskoginus bittet dich und die Begleiter, die du wählst, an Bord von SEOSAMH-Quartier. Er wird dir berichten, in welcher Beziehung die sieben Mächtigen zur Terminalen Kolonne stehen und wer über jene herrscht."
Der Roboter beendete die Verbindung, bevor Rhodan auch nur einmal zu Wort gekommen war, doch dieser Mangel an Höflichkeit war dem Residenten momentan herzlich egal.
Es war so weit. Der Augenblick, auf den er so lange gewartet hatte, war endlich da.
*
Obwohl alles in ihm danach gierte, so schnell wie möglich an Bord der SEOSAMH zu gelangen, wählte Rhodan einen Weg zum Hangar, der ihm etwas Zeit ließ, seine Gedanken zu ordnen und sich einigermaßen auf das vorzubereiten, was ihn erwartete.
Die Alltagsgeschäfte ließen ihn indessen nicht los. Zum Glück herrschte zur Zeit im Solsystem relative Ruhe. Am Nachthimmel standen die Lichter der so genannten Laternen-Matrix, eines Schwarms aus 2000 Mikro-Kunstsonnen in sphärischer Anordnung, die in Höhe der Uranusbahn die Sonne umkreisten und wie der Uranus dafür ungefähr 84 Jahre benötigten. Beim Blick in den Himmel ergab sich damit der Eindruck von Sternbildern, ein Anblick, der die Menschen beruhigte und mit Zuversicht erfüllte.
Die Terminale Kolonne TRAITOR ließ in ihrem Versuch nicht locker, den TERRANOVA-Schirm zu durchbrechen, und hatte mehrmals auf ihn das Feuer eröffnet. Doch die Chancen, die Barriere um das Solsystem zu knacken, standen für die knapp 17.000 Traitanks - Verstärkung war noch keine eingetroffen - offensichtlich nicht gut. Rhodan hatte das Gefühl, dass sie die Verteidigung immer besser in den Griff bekamen. Da SEOSAMH-Werkstatt nicht mehr existierte, hatte sich bislang auch kein weiteres Wurmloch mehr gebildet.
Die LORETTA-Tender der TERRANOVA-Flotte wurden permanent technisch verbessert. Vor allem der Wirkungsgrad der Wandler zur Nutzung von Salkrit hatte im Zug der Forschung Schritt für Schritt erhöht werden können, wenngleich sie bislang bestenfalls an der Oberfläche gekratzt und noch längst nicht alle Möglichkeiten und Geheimnisse des geheimnisvollen Hypermaterials 'erkannt, geschweige denn erforscht hatten. Daran hatte
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