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2358 - Pilot der Chaotarchen

Titel: 2358 - Pilot der Chaotarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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musst du beginnen, kleiner Kirmizz: nicht von vorn, sondern mittendrin; mit Erinnerungen an Erinnerungen von Erinnerungen.
    Die Insel, weißt du noch? Das blühende Eiland, umgeben vom endlosen blauen Ozean.
    Du liebtest das Wasser, das nur leicht salzig war, aber deinen schlanken, kindlichen Körper trug wie ein Daunenbett. Jeden Tag hast du darin herumgeplanscht. Nie konntest du genug kriegen. Deine Fingerkuppen waren schon verschrumpelt, die Gesichtsnaht rosa verfärbt vor Kälte, dein ganzes dünnes Gestell schlotterte; trotzdem wolltest du immer noch nicht aufhören. Erst Hunger und Durst trieben dich hinaus, an Land, in die Arme deiner geduldigen Ammen.
    Unbeaufsichtigt durftest du nicht zum Strand gehen. Obwohl du hundertundeinmal versprochen hast, nicht zu weit hinauszuschwimmen, ließen sie dich keinen Augenblick allein. Überbehütet warst du, klar, aber es machte dir nichts aus. Im Gegenteil, es gefiel dir, ständig im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen.
    Außerdem warst du es von klein auf gewohnt, dass sich alles um dich drehte.
    Manchmal, wenn du oben auf der Hügelkuppe im weichen, lindgrünen Gras lagst, kam es dir buchstäblich so vor, als rotiere die ganze Insel, langsam, jedoch merklich, mit dir im Zentrum.
    Die Ammen umkreisten dich, alle sieben.
    Freundlich lächelnd vollführten sie einen lautlosen Reigentanz, jederzeit bereit, auf einen Wink von dir darzureichen, was immer du begehrtest. Naschereien brachten sie, Spielsachen, auch Lieder oder Geschichten, wenn dir danach war.
    Nie fiel ein böses Wort. Wenn sie tadelten, was selten geschah, dann sanft und voller Verständnis.
    Es gab andere Kinder auf der Insel. Je zwei pro Familie, insgesamt also vierundzwanzig. Und dich, den Fünfundzwanzigsten oder besser: den Ersten - den Erbprinzen, der keines der Häuser im Dorf bewohnte, sondern das Schloss, welches etwas abseits stand und das Tal dominierte.
    Jeden Abend brachten der König und die Königin dich gemeinsam zu Bett. Jeden Morgen erwachtest du zwischen ihnen, mal an die Mutter gekuschelt, mal an den Vater.
    Vormittags spielten alle Kinder zusammen auf der Lichtung zwischen den Palmen. Du wurdest genauso oft geneckt oder zum Objekt eines harmlosen Streichs erkoren wie die Übrigen. Weder die Gleichaltrigen noch die Älteren begegneten dir unterwürfig. Du musstest dich behaupten, in Wortgefechten oder Raufereien, und tatest es gern, mit Leidenschaft und Leichtigkeit.
    Nein, geschont wurdest du nicht, aber verehrt. Dass du eine Sonderstellung einnahmst, war so selbstverständlich, dass die Ungleichheit niemanden belastete, weder dich noch die anderen. Sie himmelten dich an, sahen zu dir auf, auch wenn sie zwei Köpfe größer waren.
    Denn du warst der Erbprinz, der Auserwählte; schon als Ungeborenes dazu bestimmt, das Dorf zu regieren, das kleine Volk zu führen, die Insel in eine glorreiche Zukunft zu steuern.
     
    *
     
    Der König selbst weihte dich, als du alt genug warst, in die Geheimnisse der Navigation ein. Er brachte dir die Bedienung der Lenksäulen bei, die Wartung der mächtigen Triebwerke, die Kommunikation mit dem Rechnerverbund.
    Behutsam klärte er dich darüber auf, dass der Ozean tatsächlich nur bis zu den Klippen reichte, die den Horizont definierten. Weil sich Insel, Himmel und Meer innerhalb einer Sphäre befanden, die durch die Leere des Weltalls raste, vieltausendmal schneller als das Licht. „Wohin?", fragtest du, nachdem du begriffen und die Offenbarung verdaut hattest. „Und woher kommen wir?"
    „Gemach, nicht alles auf einmal", vertröstete dich dein Vater. „Wir müssen nichts überstürzen. Du hast noch viele Jahre, um zu lernen."
    Er irrte sich.
     
    *
     
    Ohne die geringsten Vorzeichen drohenden Unheils brach die Katastrophe über euch herein.
    Andere Raumflugkörper erschienen, eine Flotte aus vierzig nachtschwarzen und zwei kobaltblauen Schiffen. Kaum hatte der Rechner sie geortet und Alarm ausgelöst, da kamen sie auch schon über euch, wie ein Schwarm Jagdfalken über einen aus dem Nest gefallenen Sperling.
    Keinen Ton gaben sie von sich, keine Erklärung oder Aufforderung zur Kapitulation. Ohne Funkkontakt aufzunehmen, eröffneten sie das Feuer.
    Dein Vater, der gute König, aktivierte die Verteidigungsanlagen. Zu spät, zu schwach schlug die Insel zurück.
    Eure Heimat hatte keine Chance. Das erkannte deine Mutter. Hastig führte sie dich an der Hand hinunter ins Verlies des Schlosses, in Bereiche, wo du noch nie zuvor gewesen warst.
    Die

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