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236 - Gestrandet

236 - Gestrandet

Titel: 236 - Gestrandet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn und Christian Schwarz
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Andererseits hatte er bis zu seiner Begegnung mit Moriarty nicht mal an die Existenz einer »geistigen Welt« geglaubt. Nun wusste er es besser: Er und Rayna betraten sie unter Moriartys Leitung alle Nase lang, um sie zu erforschen.
    Im Moment saß Moriarty auf dem obersten Deck der USS VENGEANCE hinter der blau getönten Scheibe. Er wartete darauf, dass sein Serum Kenner in den Zustand versetzte, der nötig war, um die Realität zu verlassen.
    Kenner atmete langsam und regelmäßig. Ein silberner Anzug bedeckte ihn wie eine dünne Haut. Ihm war angenehm warm. Sein Kopf wurde von einem undurchsichtigen Kunststoffhelm verhüllt.
    Ein dünner Schlauch versorgte ihn mit Sauerstoff. Kabel, auf der Anzugoberfläche befestigt, liefen durch den Raum. Sie endeten an den Schnittstellen des Astralotrons.
    Gleich würde es losgehen. Gleich. Seine Spannung stieg.
    »Alles okay, Kenner?« Dr. Moriartys Stimme drang über den Helmlautsprecher in seine Ohren.
    »Alles bestens.« Bob schickte einen mentalen Impuls in das Gerät und bekam umgehend einen zurück. »Echo empfangen.«
    »Bestätigt«, meldete Moriarty zufrieden. »Funktionsbereitschaft hundert Pro.«
    »Vamos a la playa«, murmelte Kenner und reckte sich. Sein Hirn fing an zu prickeln. Die Kraft umhüllte und knetete es. Er spürte den Druck der Millionen Tonnen Wasser, der auf den Rumpf der VENGEANCE einwirkte. Erneut wurde ihm bewusst, wie tief sie sich unter dem Meeresspiegel dahin bewegten. Als sein Id – Rayna nannte es »Seele« – sich von seinem Fleisch löste, empfand er fast hysterisch gute Laune.
    Kuck mal, Mama, was ich kann! Ein heller Schrei klang in seinem Inneren auf. Freihändig!
    Kenners Id schwebte langsam aufwärts. Er sah seinen Leib ausgestreckt auf der Pritsche liegen. Ein blaues, windhosenähnliches Etwas rotierte über seiner Stirn. Er fühlte sich wie ein Astronaut, der eine Raumstation verließ. Niemand konnte sein Id sehen. Moriartys Astralotron wusste, dass sich die Lebensfunktionen seiner Hülle fast auf Null verlangsamt hatten.
    Er vernahm Klänge. Musik? Schwer zu sagen. Dumpfe Resonanzen rollten über ihn hinweg. Dann ein Trillern, das an Walgesänge erinnerte. So stellte Kenner sich das Einssein mit dem Vakuum zwischen den Sternen vor.
    Moriarty wurde hinter der Glasscheibe zu einem fadenscheinigen Gespenst. Seine Miene drückte Sorge um Rayna aus. Viel Glück, Lieutenant, sagten seine Lippen. Bringen Sie sie um Gottes willen mit. Schließlich mutierte er zu einer energetischen Struktur, deren Anblick einen normalen Menschen mehr erschreckt hätte als ein Suizid-Bomber in seinem Schlafzimmer.
    Kenner nickte, auch ohne Kopf. Ein Id war körperlos. Trotzdem hatte er das Gefühl, sich auf Beinen fortzubewegen. Auch ohne Augen sah er alles – und mehr. Es sah nur alles anders aus. Die Welt: ein Farbdruck ohne Tiefe. So blass wie die Kopie der Kopie einer Kopie. Nichtorganisches erinnerte an Risszeichnungen und Mogelpackungen. Geräusche: dünn und blechern. Lichter: schwach. Kenner konnte sich an den Auren orientieren, die sich bewegende Menschen zurückließen. Niemand sah ihn, während er alle sah. Er konnte auch alle Menschen hören – wenn auch blechern.
    Was das Id allerdings nicht konnte, war, feste Materie zu durchdringen. Das hatte Bob Kenner zuerst maßlos verblüfft, weil er aus Zehntausenden von Filmen und Büchern gewöhnt war, dass es für ein Geistbewusstsein keinerlei materielle Hindernisse gab. In der Zwischenzeit hatte er sich aber daran gewöhnt, dass das so nicht stimmte, dass sich ein Id an ein anderes Id heften musste, um mit dessen Körper etwa geschlossene Räume betreten zu können: ganz normal durch die Tür nämlich.
    Kenner hielt es inzwischen durchaus für möglich, dass es sich bei dieser Form der geistigen Existenz um etwas handelte, das zwischen körperlicher und rein geistiger Existenz angesiedelt werden musste, eine Art Zwischenstufe also.
    Moriarty sprang plötzlich hinter dem Astralotron auf. Er erweckte den Eindruck, als wolle er in den Raum stürzen, in dem Kenners Hülle reglos lag. Doch dann nahm er wieder Platz.
    Dann sah Kenner, was los war: Der Parasit reagierte auf die Wahrnehmung seines Id mit Panik. Kenner sah seinen Leib auf der Pritsche zucken. Hatte man ihn entlarvt? Strömte das Gift schon durch seinen Körper? Ihm fiel Naomi Goldwyns Frage ein. Angenommen, seine Hülle starb, während sein Id unterwegs war? Was wurde dann aus ihm?
    Das eiskalte Grauen griff nach Bob Kenner. Er spürte

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