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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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alle Herzen gewann, auch das meines Kindes!“
    Sie unterbrach sich selbst, streckte den Arm nach Norden aus und forderte uns auf: „Habt acht, habt acht! Das Tor beginnt, glaube ich, sich zu bewegen!“
    Ja, wirklich! Es bewegte sich, es zitterte! Wie ein sich von innen näherndes Licht, welches durch Mauern leuchtet, so stach ein scharf glänzender Punkt durch den unteren violetten, blauen und dunkelroten Teil der Flammenwand. Der Punkt durchbohrte diese Wand. Sie öffnete sich. Es entstand eine Spalte, die nach der Basis trachtete und, als sie diese erreicht hatte, immer breiter und höher wurde, ein Tor, ein Riesentor zwischen violett, blau und dunkelrot strahlenden Feuerpfeilern, die sich oben zu einer blutig hellrot glänzenden Spitze vereinigten. Aus diesem Tor brach ein Stern des hellsten, klarsten Lichts, von unwiderstehlichen, elementaren Gewalten herausgetrieben. Sobald er das Tor verlassen hatte, verbreiterte er sich nach allen Seiten, und zwar in einer solchen Weise, daß sogar wir von ihm überflutet und beleuchtet wurden. Die Nacht um uns her verwandelte sich in Dämmerung. Das Firmament schien zurückzutreten, und einige Gestalten, die soeben da unten auf dem Denkmalplatze aus dem Tor des ‚Palastes‘ traten, waren so deutlich zu erkennen, daß man sah, wie sie sich bewegten. Welch eine Eruption! Welch eine Fülle von leuchtender Kraft und glühenden Stoffes entströmte dem Innern der Berge, die man zu übersteigen hatte, um hinauf nach Dschinnistan zu kommen! Der Anblick dieses unbeschreiblichen Schauspiels ergriff und packte mich. Es war mir, als würde ich von ihm emporgehoben. Ich begann, zaghaft zu werden, und hielt mich am Geländer fest. Die Priesterin aber bog sich weit vor und rief so laut, als ob man sie da oben am leuchtenden Tor des Paradieses hören solle:
    „Das ist es! Ja, das ist es! Das geöffnete Tor des verlorenen Paradieses! Hätten wir nicht sterbliche, sondern unsterbliche Augen, so würden wir die Heerscharen der Engel sehen! Und hätten wir nicht ein sterbliches, sondern ein unsterbliches Gehör, so würden wir jetzt die Stimme des Obersten dieser Heerscharen vernehmen, die über den ganzen Erdkreis schallt: Ist Friede auf Erden?“
    Sie rief in ihrer Begeisterung diese Frage viermal von hier oben in die Tiefe hinab, und zwar in die verschiedenen Himmelsrichtungen, nach Norden und Süden, nach Osten und Westen. Fast hätte auch ich begeistert und ebenso laut wie sie die Antwort meiner Überzeugung und meines Herzens in alle Winde hinausgerufen: „Noch ist nicht Friede, aber Gott hat ihn uns verheißen; die ganze Erde bittet um ihn, und darum wird er kommen!“ Aber ich bezwang mich und war still. Und das war gut. Denn wie auf der Erde das Böse gleich beim Guten und der Schatten gleich beim Licht steht, so auch das Lächerliche gleich beim Erhabenen. Kaum war die Frage der Priesterin verklungen, so scholl von da unten, wo die Männer vor dem Tor des ‚Palastes‘ standen, die Stimme meines kleinen Hadschi Halef herauf: „Fällt uns gar nicht ein! Wir fangen schon morgen an, zu exerzieren und zu marschieren! Unser Kriegsplan steht schon fest. Kannst du mich sehen, Sihdi?“
    „Ja“, antwortete ich, natürlich vollständig entgeistert.
    „Ich dich auch! Jedenfalls noch besser als du mich. Was ist denn das für eine Helligkeit?“
    „Sie kommt von feuerspeienden Bergen.“
    „Muß das bei Nacht sein? Können die nicht warten? Ich muß schlafen. Dieser Simmsemm drückt mir die Augen zu. Der Oberst und die beiden Leutnants führen mich heim. Gute Nacht, Sihdi! Komm bald nach!“
    „Wer war dieser Mann?“ fragte die Priesterin beinahe zornig, denn auch sie fühlte sich wie aus einem Himmel gerissen.
    Taldscha klärte sie über den kleinen Mann und seine Verdienste auf. Da verrauchte der Zorn der Greisin sehr schnell, und sie sprach:
    „Da hast du gleich den ganzen Gegensatz zwischen Erde und Himmel! Bei uns hier oben ertönen Engels- und Friedensworte; da unten aber führt der Simmsemm das Wort und spricht vom Exerzieren und Marschieren! Aber, Ssahib, sorge dich nicht um die Macht des Himmels; und sorge dich auch nicht um das Schicksal der Erde! Der Krieg, den heut der Simmsemm beschlossen hat, den wirst du schnell zum guten Frieden führen. Es hat schon mancher Halef Omar behauptet, der Kriegsplan stehe fest, und sich dann trunken heimführen lassen; aber die Ausführung und das Gelingen dieses Planes liegt in der Hand eines Höheren, und da dieser Höhere will, daß

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