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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die vom Wind so tief zusammengetrieben worden sind, daß er sie nicht wieder emporheben und forttragen kann. Indem er sie dann noch mit einer Schicht von Sand bedeckt, so daß die Stelle der Umgebung völlig gleich ausschaut, legt er verborgene Brotkammern an, von denen eine einzige, falls man sie zur rechten Zeit entdeckt, imstande ist, eine Karawane vom Hungertode zu erretten. Abd El Fadl sagte mir, daß eine solche Kammer nur eine halbe Stunde im Nordosten der Landenge liege; er habe sie nur durch Zufall entdeckt, da er keinen Mannahund besitze.
    „Gibt es denn Hunde, mit deren Hilfe man das Manna findet?“ fragte ich.
    „Ja“, antwortete er. „Weißt du das etwa noch nicht?“
    „Nein. Ich habe noch nichts davon gehört. Welche Rasse mag das sein?“
    Da nahm sein Gesicht einen ganz anderen Ausdruck an. Er nickte leise und bedeutungsvoll vor sich hin und fragte:
    „Aber das weißt du, daß die Hunde der Ussul das Wasser finden?“
    „Ja.“
    „So finden die Hunde von Dschinnistan das Brot. Kein Ussulhund wird stehenbleiben, wenn er über Manna läuft; er merkt es gar nicht. Der Hund von Dschinnistan aber meldet es sofort, nämlich der Hund von echter, reiner Rasse, und deren gibt es nicht etwa sehr viele. Ihr Preis ist außerordentlich hoch.“
    Als er das sagte, ging mir, wie man sich auszudrücken pflegt, ein Licht auf.
    „Also darum die Kreuzung!“ rief ich aus. „Hunde, deren Nasen auf beides gerichtet sind, nicht nur auf Wasser allein! Wie weitsichtig und bedachtsam von dem Mir! Und das erste Paar dieser neuen Hunde wird grad mir geschenkt, der ich –“
    „Das erste Paar?“ fragte er, mich unterbrechend.
    „Ja doch!“
    „O nein! Der Mir von Dschinnistan war doch der erste, der ein Hundepaar vom Scheik der Ussul empfing. Er machte sofort die Probe, und erst als die Kreuzung glückte, erwiderte er das Geschenk mit zwei Exemplaren seiner edlen Dschinnistanirasse. Der erste, der diese neue Rasse besaß, ist also er.“
    „Wie ist sein Name? Ich hörte ihn nie. Man spricht stets nur vom ‚Mir von Dschinnistan‘, sagt aber niemals, wie er heißt.“
    „Weil er keinen Namen hat!“
    „Keinen Namen?“ rief Halef verwundert aus. „Der Name ist doch die Hauptsache! Denkt zum Beispiel an den meinen!“
    „Das ist in deinem Land Sitte, in dem meinen aber nicht. Es gibt Länder, in denen der unverträglichste Mensch Friedrich heißen kann; ein Ungläubiger wird Gottlieb und Gottlob genannt, und einer, der vor lauter Kummer, Not und Sorge nicht weiß, wohin, wird Felix gerufen; das heißt ‚der Glückliche‘. Das kommt in Dschinnistan nicht vor. Dort ist der Name wahr. Er stimmt mit dem Wesen, mit der Tätigkeit, mit dem Beruf. Ich heiße Abd El Fadl, und so ist es auch wirklich mein Beruf, ein ‚Diener der Güte‘ zu sein. Meine Tochter wird Merhameh genannt; bald werdet ihr sehen, daß sie nur von der Barmherzigkeit geleitet wird, die gewohnt ist, alles mitzutragen, auch wenn es verschuldet ist. So wird unser Herrscher ganz kurz nur Mir genannt; aber das, was dieses Wort besagt, das ist er auch in voller Wirklichkeit. Mir ist die Abkürzung des Wortes Emir, was soviel wir Fürst, Herr, Herrscher bedeutet. Das ist er im vollsten Sinne des Wortes. Wozu da noch andere Namen? Bei uns gibt es keine Herrscherliste mit Hunderten von Namen und Zahlen, die man auswendig zu lernen hat. Bei uns gibt es nur den Mir, den Mir. Du willst zu ihm; du wirst ihn sehen, vielleicht gar ihn kennenlernen. Darum kann ich darauf verzichten, dir lange Reden über ihn und uns zu halten, die doch nicht sagen, was zu sagen ist.“
    Als wir gegen Abend mit unserer Rekognoszierung fertig waren und ich annahm, den ganzen Engpaß kennengelernt zu haben, drückte ich Abd El Fadl meine große Befriedigung über die Lage und Beschaffenheit desselben aus. Die Örtlichkeit konnte für unsere Zwecke gar nicht passender sein. Wenn es uns gelang, die Tschoban zwischen das Felsenloch und das Felsentor zu bekommen, so war uns der Erfolg im höchsten Grade sicher. Der einzige Wunsch, der mir versagt zu bleiben schien, war der, auch oben in der Höhe einen Verbindungsweg zwischen dem Loch und dem Tor zu haben. Wenn die Feinde als Gefangene unten steckten und es einen verborgenen Weg in der Höhe gab, auf dem man zwischen unsern Abteilungen hin und her gelangen konnte, ohne daß die Tschoban es merkten, so hatte man Vorteile in der Hand, die großen Wert besaßen. Als ich dies Abd El Fadl mitteilte, zeigte er mir ein sehr

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