24 - Ardistan und Dschinnistan I
befriedigtes Gesicht und sagte:
„Ein solcher Weg ist da. Er führt von der Höhe des Lochs nach der Höhe des Tors hin; du hast aber weder seinen Anfang noch sein Ende gesehen, weil er sich nicht im Gebrauch befindet und also nicht ausgetreten ist. Ich und meine Tochter gehen immer nur unten hin, nicht aber da oben.“
„Kann man von diesem Höhenpfad direkt nach unten gelangen?“
„Nein, nicht ganz. Wir haben es versucht, konnten aber von der letzten, unteren Felsenplatte nicht weiter.“
„Ist es dann noch sehr weit hinab?“
„O nein. Wenn man auf dieser Platte steht, befindet man sich kaum über vier Mann hoch über dem Ufer des Flusses.“
„Das ist ja doch nicht viel. Habt ihr nicht versucht, den Weg bis vollends hinabzuführen?“
„Nein. Der Stein ist zu hart, und es fehlen uns die Werkzeuge, ihn zu bearbeiten. Willst du die Stelle sehen?“
„Ich bitte dich, mir diesen Höhenweg überhaupt zu zeigen. Dann wird es sich finden, ob der Pfad, der nicht ganz nach unten führt, uns nützlich werden kann oder nicht.“
Als wir dies besprachen, befanden wir uns in dem Versteck unserer Pferde, für welche Merhameh auf das beste gesorgt hatte. Sie fraßen Mannakörner, und es war mir eine große Genugtuung, zu sehen, daß ihnen dies für sie ganz ungewohnte Futter vortrefflich schmeckte. Es schien sogar eine Delikatesse für sie zu sein. Nun war die sehr wichtige Frage nach der Fütterung unserer Pferde in der Wüste nicht mehr imstande, mir Sorge zu bereiten.
Wir stiegen von da zum Tor empor. Noch ehe wir seine Zinne erreichten, zweigte der Höhenweg ab. Nur weil er nicht begangen wurde und also keine Spuren vorhanden waren, hatten wir ihn gestern, als wir zum ersten Mal vorüberkamen, nicht entdeckt. Sein Anfang verlief in Verborgenheit; dann aber fiel er ganz von selbst in die Augen. Später wurde er sogar bequem und verlor diese Eigenschaft erst in der Nähe des Felsenlochs, wo er wieder unbemerkbar wurde. Erst hatte ich einen solchen Weg nicht für möglich gehalten, und nun war es nicht nur erwiesen, daß es einen gab, sondern jetzt, wo es Mondschein gab, getraute ich mir sogar, ihn auch des Nachts zu gehen. Das konnte für uns außerordentlich nützlich sein. Wir waren ihn jetzt direkt von seinem Anfang bis an sein Ende gegangen, ohne daß Abd El Fadl uns die Stelle gezeigt hatte, an der ein Seitenpfad von ihm nach unten führte. Nun aber, als wir zurückkehrten und die Stelle erreichten, bogen wir um eine Felsenkante, die wir vorhin gar nicht beachtet hatten, und bemerkten, hinter derselben angelangt, eine ganze Reihe von ausgewitterten natürlichen Stufen und Absätzen, welche den Abstieg so weit ermöglichten, bis man auf die Platte gelangte, von der Abd El Fadl gesprochen hatte. Diese Platte lag gewiß vier Meter hoch über dem unteren Weg, der längs des Flußufers hinführte, und war so groß, daß man, wenn man auf ihr lag, von unten nicht gesehen werden konnte. Höchst willkommenerweise lagen die Stufen, die nach der Platte führten, nicht etwa frei, sondern sie führten in Gestalt einer Rinne nach unten, welche den, der von oben herunterkam, den Blicken der Untenstehenden entzog. Das war ein Umstand, den ich für außerordentlich günstig hielt. Für die Zwecke, die ich im Auge hatte, nämlich ein heimliches Eindringen mitten unter die Feinde, war mir die Höhe der Platte nicht hinderlich. Mein Lasso war genügend lang, um da hinabzureichen, und Spitzen, Löcher und Spalten gab es genug, ihn so zu befestigen, daß man sich ihm anvertrauen konnte. Doch sagte ich hiervon nichts. Später, wenn es sich als nötig zeigte, war immer noch Zeit genug dazu, es auch andern mitzuteilen.
Als wir am Felsentor wieder ankamen, neigte sich die Sonne zwar schon dem Untergang zu, aber ich wollte gern sehen, was Abd El Fadl für ein Reiter sei, und uns für unseren morgigen Ritt mit frischem Wasser versorgen. Darum schlug ich ihm vor, noch vor Nacht mit mir nach dem Brunnenengel zu reiten, den er zwar kannte, ohne aber zu wissen, daß sich ein vollgefülltes Bassin unter ihm befinde. Er hatte das nun erst von uns erfahren und war sofort und gern bereit, das Innere des hochinteressanten, uralten Wasserwerks kennenzulernen. Wir leerten sämtliche Schläuche für Merhameh und nahmen dann alle vier Hunde mit, um volle Wasserlast zurückzubringen.
Abd El Fadl war aus der Übung gekommen, ritt aber nicht schlecht. Wir kamen sehr schnell hin zum Engel, aber nicht so rasch wieder fort. Das Innere des
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