2400 - Zielzeit
später – als der Sicherheitsdienst die Leitung kappte.
Perry Rhodan desaktivierte seinen Apparat.
Er legte stumm die Füße hoch, die Stirn gerunzelt, atmete ruhig durch und genoss das Großstadt-Panorama. Vielleicht zum letzten Mal für lange Zeit.
Regentropfen peitschten gegen die Fensterfront seines Büros, das in einem Kilometer Höhe über der Stadt schwebte. Die Tropfen perlten von dem Strukturglas ab und flossen senkrecht nach unten.
Bis zum Horizont ragten Wohnanlagen aus dem Häusermeer, hunderttausend blinzelnde Lichter, Morgengrau schimmerte durch den Schleier einer Regenfront. Im Nordosten wogten Gischt und Brecher über den Goshun-See, weit dahinter stiegen gewaltige Frachtraumschiffe auf, vom Crest Lake Space Port, und drängten hinauf in die tief hängenden Gewitterwolken.
Der Morgen war nicht der schlechteste, trotz Spam-Reklame, Wolkenbruch und Frühjahrssturm.
Nicht, dass die Feinde der Erde über Nacht die Strahlkanonen ausrangiert hätten. Das Sonnensystem stand nach wie vor unter Belagerung der Terminalen Kolonne TRAITOR. Ein winziger Fehler im TERRANOVA-Schirm, der sie schützte, und die Erde konnte schon Geschichte sein.
Doch der 8. April des Jahres 1346 NGZ markierte einen Wendepunkt im Krieg: den Übergang von Verteidigung zu Offensive.
Nur dass dies niemand außer Rhodan wusste. Er hatte über Wochen den engsten Freundeskreis belogen, hatte geschwiegen und Tatsachen verdreht.
Dies war nun zu Ende. Operation Tempus stand vor dem Vollzug.
Der Terminplan sah vor, dass exakt an diesem Tag ein Konvoi aus der Charon-Wolke das Solsystem erreichen sollte.
Mit Eintreffen des Konvois begann das Spiel. Exakt in einer Stunde.
Ein Servoroboter brachte zwei Äpfel, nicht größer als Walnüsse, und legte sie vor Rhodan auf dem Schreibtisch ab.
Er wickelte die Früchte in ein Tuch und schob beide in die Tasche seiner Regenkombi. Nicht, dass er sie später im Büro liegen ließ.
Rhodan aktivierte wiederum den Interkom. Aus der Adressdatei wählte er drei Namen: Bully, Mondra, Homer.
Die Positronik stellte automatisch die Verbindungen her. Nebeneinander entstanden die Abbildungen dreier Gesichter zur Holokonferenz.
Das müde Grinsen des Rotschopfes, am linken Rand der dreigeteilten Holo-Galerie, gehörte Reginald Bull, seinem engsten und ältesten Freund. Bull hatte schon den Mondflug der STARDUST mitgemacht, vor fast dreitausend Jahren. Derzeit war Bull Verteidigungsminister der Liga Freier Terraner – ein hartes Brot, wie Rhodan sehen konnte: Bull hatte die Nacht durchgearbeitet, nach Rhodans Wissen das dritte Mal hintereinander. „Was gibt’s, Perry? – Wieder mal Probleme? Soll ich dir ein Schlachtschiff schicken, oder reicht ein TARA-Kampfroboter?"
Gesicht Nummer zwei gehörte Mondra Diamond, seiner Ex. Rhodans ehemalige Gefährtin, die er nach der Trennung häufiger zu Gesicht bekam als vorher. Mondra trug einen engen Pyjama. Das Grün ihrer Augen strahlte, obwohl er sie offensichtlich geweckt hatte, sie schüttelte den Kopf, und ihr schwarzes, vom Liegen wirres Haar ordnete sich wie von Zauberhand berührt. Vermutlich durch eine Nano-Beschichtung. „Perry! Wenn du frühstücken willst, gib mir eine halbe Stunde! Oder zehn Minuten – wenn du heute noch die Erde retten musst!"
Gesicht Nummer drei gehörte einem kleinen Mann mit schütterem Haarkranz: Homer G. Adams, Finanz- und Wirtschaftsgenie. Adams war wie Rhodan und Bull potenziell unsterblich, durch den Zellaktivator in seiner Schulter. Allein Adams war es zu verdanken, dass die Wirtschaft des Solsystems nicht zusammengebrochen war, nach zwei Jahren Belagerung durch die Terminale Kolonne TRAITOR. „Perry", meinte Adams indigniert und mit einer Spur Vorwurf in der Stimme. Er hob für eine Sekunde die Datenbrille, die er trug, und blinzelte ins Bild. „Wir stecken im Monatstreff der Konsumgüterproduktion Vorderasien. Vergiss nicht den Terminkalender! – Ich rufe gegen acht zurück. Mein positronischer Sekretär gibt dir ansonsten gerne ..."
Perry Rhodan blickte alle drei an, bis die Stimmen synchron verstummten. „Bully, Mondra, Homer: Es ist so weit."
Bull begriff als Erster: „Operation Tempus?"
„Du sagst es, Dicker."
*
Ein Schwapp Regen peitschte Rhodan ins Gesicht, als er am Rand des Terrania Space Port aus dem Gleiter stieg. Sein Haar klebte in Sekunden nass am Kopf, doch er genoss das Gefühl, weil es für Natur und für Heimat stand. Dinge, die ein Raumfahrer wie Perry Rhodan zu schätzen
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