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2411 - Schwinge-von-Raffat

Titel: 2411 - Schwinge-von-Raffat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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der veränderliche rote Riesenstern stellte in Hangay keineswegs ein Unikat dar.
    Das ist richtig; unzulässig jedoch die Schlussfolgerung, bei jenen unerschrockenen Raumfahrern und Wissenschaftlern, die in der Schwingevon-Raffat stationiert waren, handelte es sich deshalb um wenig herausragende, ja gewissermaßen minderbemittelte Vertreter ihrer Gattung. Oder um solche, die durch disziplinäre Unregelmäßigkeiten aufgefallen wären, der Unterschlagung überführt, anderer Gesetzesübertretungen für schuldig befunden und so weiter und so fort.
    Mitnichten! Das muss schärfstens zurückgewiesen werden.
    Begriffe wie „Abschiebeposten", „Strafversetzung" oder „freiwilliges Exil" sind völlig fehl am Platz im Zusammenhang mit der ruhmreichen Elitetruppe von vierhundert Vennok, welche die Schwingevon-Raffat bemannten.
    Der Chronist muss es wissen, war er doch selbst einer von ihnen.
     
    *
     
    Ein Meisterwerk vennokscher Ingenieurskunst, präsentiert sich die Kernsektion des Habitats als flacher Zylinder von 1350 Metern Durchmesser und 650 Metern Höhe.
    An diese „Nabe" sind insgesamt 17 unterschiedlich lange, radial nach außen weisende Gitterausleger angeflanscht. Sie erreichen zwischen 980 und 1720 Meter Länge und durchmessen maximal 35 Meter. An ihren Enden sind Zylindermodule angedockt, bei einem Durchmesser von 75 Metern je 220 Meter hoch.
    Trockene Zahlen, welche die Schönheit der Schwingevon-Raffat unmöglich auch nur annähernd so widerspiegeln wie deren stählerne, wohlgeformte Rundungen das tiefrote Licht des Riesen Koh.
    „Rad der Wunder" nannten viele, die sie zum ersten Mal erblickten, die mächtige Station. Zum Rad des Schicksals sollte sie für jeden Einzelnen von ihnen werden.
    Kommandant der Schwingevon-Raffat war Marschall Böudevail, ein reich dekorierter Veteran zahlreicher Feldzüge und Forschungsmissionen. Heißsporn, Draufgänger und Haudegen, wie er im Buche steht, hatte er im Laufe seiner langen Karriere die halbe linke Schädelschwinge mitsamt des Auges eingebüßt. Sein rechtes Bein unterhalb des zweiten Kniegelenks wurde von einer Prothese ersetzt, deren Klicken bei jedem Schritt durch die endlosen Gänge hallte. Bald lernten Böudevails Untergebene, welche er stets behandelte, als wären es die eigenen, einer strengen Hand bedürfenden Kinder, dieses Geräusch genauso zu lieben wie den Marschall selbst.
    Auch der Chronist erfüllte, bevor ihn seine wahre Berufung ereilte, eine überaus wichtige und verantwortungsvolle Funktion, welche unter anderem mit der Instandhaltung der Hygienebereiche zu tun hatte. Eine Schlüsselposition, wie jedermann bekräftigen wird, der je an Bord eines solchen Habitats seinen Dienst abgeleistet hat.
    Insbesondere die Wartung der persönlichen Intimräume des Kommandanten erwies sich als diffizile Angelegenheit.
    Böudevail neigte nämlich aufgrund einer weiteren Kriegsverletzung zu gelegentlichen Dysfunktionen des Verdauungsprozesses.
    Die Erwähnung dieser kleinen, nur allzu vennokschen Schwäche soll und kann das Andenken jenes wahrhaft großen Mannes keineswegs beflecken. Nein, solche Flecken zu beseitigen, oder vielmehr im neuen Lichte erstrahlen zu lassen war und ist schließlich eine der nobelsten Aufgaben des Chronisten.
     
    *
     
    Er – ach, was soll’s: Ich, Kerseluuf der Jüngere, erwarb schon bald das Vertrauen meines Marschalls.
    Eine Verkettung merkwürdiger Zufälle wollte es, dass eines Nachts, als ich Böudevails Privatlatrine inspizierte, die Tür zu seinem Arbeitszimmer aufsprang; ein Windzug, eine Laune der Lüftungsund Druckausgleichsanlage, etwas von der Art.
    Um solches in Zukunft zu verhindern, trat ich ein. Die Ventilation wies keine Mängel auf, wie ich mich rasch überzeugte. Jedoch fiel plötzlich ein Bild von der Wand. Dahinter befand sich ein Safe.
    Gerade hatte ich das Gemälde, welches den Marschall in Siegerpose nach einem seiner größten – und blutigsten – Triumphe zeigte, vom Boden aufgehoben, um es zurück an seinen Platz zu hängen, da erweckte eine Verschmutzung an der Vorderseite des Tresors meine Aufmerksamkeit. Ich machte mich also daran, sie wegzuwischen, wie es meiner ureigensten Aufgabe entsprach.
    Der Schmutz war hartnäckig. Ich musste all meine Putzfertigkeit aufwenden.
    Erschwert wurde die Arbeit noch dadurch, dass sich der Safe ganz von selbst öffnete und sich lästigerweise nicht mehr schließen ließ.
    Irgendetwas musste sich darin verkeilt haben. Was blieb mir übrig, als

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