2411 - Schwinge-von-Raffat
wenngleich als durchaus lebendiges und rühriges Gefüge mit diversen raumfahrenden Zivilisationen. Vennok, Attavennok und Kartanin unterhielten darin Kolonialsysteme, aber auch autochthone Zivilisationen hatten sich entwickelt. An den Auseinandersetzungen um die Macht in Hangay hatte Segarenis nie nennenswert teilgehabt.
„Klingt nach einer ruhigen Gegend", kommentierte Hajmo. „Wie geschaffen für einen romantischen Abstecher ... oder Flitterwochen ..."
„Klappe!"
Ausgangspunkt ihrer Reise war der Segment-Planet Quamoto gewesen, der gerade mit Unterstützung der vier terranischen PONTON-Tender geräumt wurde. Von dort aus gesehen bot der Segarenis-Sternhaufen die nächstgelegene Möglichkeit, Aktivitäten der Terminalen Kolonne in der Proto-Negasphäre Hangay aus geringer Distanz zu beobachten.
Und exakt darum ging es ja bei ihrer Expedition. Sie mussten unbedingt mehr über die Vorgehensweise TRAITORS in Erfahrung bringen, wenn sie die tödliche Bedrohung abwenden wollten, die eine Negasphäre für die umliegenden Galaxien darstellte; also auch für die Milchstraße.
Deshalb hatten sie sich unter immensem Aufwand quasi in die Höhle des Löwen vorgewagt. Und nun begann deren eigentliche Erforschung.
„Ist nicht in Segarenis schon die frühere Anführerin des NK-Segments Quamoto verschollen?", fragte Hajmo. Das zumindest hatte er aufgeschnappt. Gänzlich abgemeldet war er in den vergangenen Tagen doch nicht gewesen.
„Seit etwa achtzehn Monaten", bestätigte Jawna Togoya. „Eine Kartanin namens Ar-Dus-Taar."
„Wie Ardustaar, die kartanische Bezeichnung der Galaxis M 33, die wir Triangulum oder Pinwheel nennen? Interessant. Die Eltern dieser Dame müssen ein Faible für die Frühgeschichte ihres Volkes gehabt haben."
Hajmo kramte in seinem Fachwissen. „Die ersten Ardustaar-Kartanin kamen rund fünfzigtausend Jahre vor Christus mit dem Generationenraumschiff NARGA SANT aus dem sterbenden Universum Tarkan in das unsrige. Sie siedelten sich in der Westside von M 33 beziehungsweise NGC 598 an."
„Bravo, Dozent Siderip!" Marc klatschte beglückt in die Hände, weil sich der Xeno-Psychologe endlich für einen anderen Gesprächsstoff erwärmte.
„Jedenfalls kehrte die amtierende Kontaktwald-Sprecherin von ihrem Erkundungsflug nach Segarenis nicht mehr heim", sagte Jawna. „Allzu lauschig und romantisch dürfte es im Kugelsternhaufen also nicht mehr zugehen, seit TRAITOR sich dort eingenistet hat."
„Die Terminale Kolonne wird Ar-Dus-Taar abgefangen haben", mutmaßte Marc.
„Aber dewegen mache ich mir keine Sorgen, dass uns ein ähnliches Los ereilen könnte. Im Unterschied zu ihr haben wir die Kantorschen Ultra-Messwerke, den Paros-Schattenschirm, die VRITRA-Kanonen ..."
„... und ESCHER", ergänzte die Posbi-Offizierin.
„Ihr vergesst den allerwichtigsten Faktor", sagte Hajmo.
„Nämlich?" Marc schwante Übles. Aber es war schon zu spät.
Pure Verzückung schwappte über Hajmos Gesicht. „Doktor Indica ..."
Annalen der Helden von Hangay:
Sonnenwacht
Viele große Leistungen hat das Volk der Vennok vollbracht. Unsere Galaxis verdankt ihm manch technische Errungenschaft, manch bedeutende wissenschaftliche Erkenntnis.
Vennokscher Forschergeist war es denn auch, der zur Errichtung, Entsendung und Bemannung der berühmten Schwingevon-Raffat führte.
Es sei dem Chronisten gestattet, ein wenig weiter auszuholen. Die rote Riesensonne Koh-Raffat ist ein sogenannter Veränderlicher Stern, dessen ausgesprochen rätselhaftes Verhalten keinen bekannten astro- und hyperphysikalischen Gesetzen zu gehorchen scheint. Sogar die baldige Verwandlung zur Supernova muss ins Kalkül gezogen werden, obgleich Koh-Raffat noch lange nicht seinen Brennstoff verbraucht hat und eine derartige Entwicklung eigentlich auszuschließen wäre.
Aber wie gesagt, bei diesem Stern darf gar nichts als sicher angenommen werden.
Aus diesem Grund brachte man das Forschungs-Habitat Schwingevon-Raffat zweieinhalb Lichtmonate außerhalb des Sonnenystems in Position, also jenseits der Umlaufbahn des äußersten der drei Planeten. Dadurch hätte die Besatzung der Station, falls der Supernova-Fall doch eintrat, den höchst aufschlussreichen Prozess noch eine Weile dokumentieren können, bevor die Flucht notwendig geworden wäre.
Kleingeister mögen einwenden, dass an einem solchen Beobachtungsposten nun wirklich nichts Besonderes sei, zumal das Reich der Vennok Hunderte, wenn nicht Tausende davon betrieb.
Auch
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