2429 - Das Terminale Beben
eine Emanation besaß zwar etwas Verlockendes, aber er wollte erst nach der Auswertung aller Genproben daran glauben.
Fanden sie keine Hinweise, fügte es der langen Reihe von Fehlschlägen einen weiteren hinzu. Und er, Ish Conart aus Mirongron, lieferte ihn. Vielleicht nahmen die Befehlshaber in IROTHAK dann Abstand von dem Gedanken, ihm ein Kommando über eine Garnison zu geben.
Einen Augenblick lang spukte in seinem Kopf der Gedanke, den Auftrag absichtlich zu verpatzen. Es wäre die einzige, sichere Methode gewesen, bei seiner Brut bleiben zu können. Hastig verscheuchte er diesen Anfall von Wahnsinn. Es wäre einer Sabotage der Terminalen Kolonne gleichgekommen, deren Konsequenzen er sich kaum auszumalen getraute. Die Morgoth’Daer würden nicht lange zögern und Mirongron mitsamt ihren Genprox-Analysten und der hochwertigen Brut vernichten.
Ein solches Schicksal hatte keiner in der Garnison verdient.
Innerlich bebend fragte Ish Conart sich, wie er überhaupt auf einen solchen Gedanken hatte kommen können.
Steif saß er in seinem Sessel und starrte auf die Anzeigen der Instrumente. Das gleichmäßige Blinken der violetten Signallampe beruhigte seine rebellierenden Nerven ein wenig. Die Fluglage der Scheibe blieb stabil, der Aufwind vor der Insel hob die Kette der Jets hoch über die Vegetation hinaus.
Ish bediente die Steuerung, stellte sein Fahrzeug wenige Grad gegen die Flugrichtung. Die Temperatur an der Unterseite der Scheibe stieg an, der Jet bremste und sank dem Dschungel entgegen. Drunten im dunklen Blaugrün und Graurot tauchten geometrische Muster auf.
„Dorf voraus!", meldete der linke Flankenspäher. „Zwischen den Hütten halten sich Hunderte von Roganern auf."
In weiten Spiralen sanken die Jets abwärts, zogen über einer kleinen Herde riesiger Tiere entlang und erreichten wenig später den Sichtschutz des Dickichts. Irgendwo hinter der Insel ging soeben die rote Sonne unter, Nacht senkte sich über die Landschaft. Im Dschungel der Riesengewächse wurde es bereits vollständig dunkel.
Ish Conart entdeckte eine Schneise in der dichten Vegetation, die vom Dorf wegführte, und folgte ihr. Er schaltete den Restlichtverstärker ein und aktivierte das Infrarot-Sichtgerät. Nicht weit voraus erkannte er zwischen den Bäumen und Büschen warmblütige Lebewesen, die beinahe die Größe der Gigantbäume erreichten und sich ziemlich schnell bewegten.
Roganer waren es jedenfalls nicht, dazu waren sie zu groß.
Die Scheiben sanken immer schneller dem Boden entgegen. Die Luft kühlte stark ab, die Thermik brach buchstäblich in sich zusammen. Die Jets sackten durch. Den Genprox-Analysten blieb nichts anderes übrig, als die Feldsteuerung der Triebwerksblocks zu aktivieren. Ein leises, kaum wahrnehmbares Singen erfüllte übergangslos den Rumpf.
„Wir sehen nichts mehr", sagten die beiden Späher wie aus einem Mund. Ish nahm es kommentarlos zur Kenntnis.
Der Einsatz von Scheinwerfern kam nicht in Frage. Sie mussten sich auf ihre Instrumente und die Künste der Piloten verlassen. Ish Conart bremste den Jet behutsam ab und hielt in Sichtweite einer Lichtung an.
Nach und nach flammten dort Lichter auf – keine Feuer, sondern batteriegespeiste Scheinwerfer. Die Kegel beleuchteten Skelette von Häusern und jede Menge Baumaterial. Dazwischen bewegten sich Gestalten. Manche trugen Baumstämme auf der Schulter, andere Berge von Schnittholz.
Ish Conart ignorierte das unterdrückte Seufzen seiner Begleiter. Hastig sprach er in das Akustikfeld des Logbuchs, kommentierte die Aufnahmen der Außenkameras.
„Es sind Roganer. Sie sind nicht nur größer als ihre Artgenossen im Dorf, sie sind auch schwerer und stärker."
Die Roganer hatten Hunderte von Bäumen gefällt und sie mit Hilfe hochwertiger Werkzeuge zu Baumaterial verarbeitet. Daraus errichteten sie ihre Hütten.
Ish zoomte eines der Gesichter mit den Fleischwülsten heran. Die Nase des Riesen wackelte bei jeder Bewegung, ihr fehlten offenbar die stabilisierenden Knorpel. Mit dem Nahbereichsorter vermaß er einen der Riesen. Eine einzelne Hand dieses Wesens war größer als einer der Jets.
„Höchste Alarmstufe!", informierte er seine Begleiter.
*
Die Riesen bewegten sich schneller, als ein Jet ausweichen konnte. Wenn die mutierten Roganer die Scheiben entdeckten, wurde es für Ish und seine Begleiter lebensgefährlich. Der Genprox-Analyst kannte das von anderen Einsätzen her. Oftmals entschied der Zufall über den Ausgang eines
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