2462 - Der Fund von Amienolc
läge unter unserer Würde.
WirHier fokussieren unsere Anstrengungen auf andere Objekte, gleichermaßen ergebnislos. Es liegt auch kein Wildwuchs kybernetischer Software-Konstrukte vor, wie er gelegentlich auftritt.
Sollten uns unsere Myriaden von Sensoren im Stich gelassen oder unsere Ahnung getrogen haben? Bis zum Transfer gelingt es nicht, eine dieser beiden Hypothesen zu verifizieren.
Und danach ... landen WirHier im Inferno.
3.
Feinheiten
Die SOL näherte sich dem Raumsektor Amienolc im Hypertaktmodus.
Dadurch hielt sie trotz der veränderten Physik der Proto-Negasphäre präzise ihren Kurs.
Öfter als sonst auf Flügen über so vergleichsweise geringe Distanzen ließ Ronald Tekener Zwischenstopps einlegen und das Zielgebiet mit den Kantor-Sextanten vermessen. Zunehmend genauer bestätigten die Ergebnisse, dass im Zentrum der Verwerfung außerordentlich starke Strangeness-Werte auftraten.
Zum xten Mal befeuchtete Fee Kellind sich die Lippen. Ihr Mund war trocken vor Aufregung.
Sie musste sich nicht umblicken, um zu wissen, dass es allen in der Zentrale ähnlich erging. Ja, überall im ganzen riesigen, dreiteiligen Hantelschiff, davon war sie überzeugt, verfolgte die Besatzung gebannt vor den Schirmen, wie sich die SOL an das unbekannte Phänomen herantastete.
Optimismus und Skepsis hielten einander die Waage. Standen sie im Begriff, endlich eine richtungweisende Entdeckung zu machen? Oder flogen sie erneut in eine Falle, vergleichbar jener, die ihnen Kirmizz gestellt hatte?
Niemand brauchte die Kommandantin oder den Expeditionsleiter Tekener zu ermahnen, höchste Vorsicht walten zu lassen. Seit der Versklavung durch das blauhäutige Monstrum Kirmizz war der Mythos dahin, die Chaostruppen könnten der SOL wegen ihrer überlegenen Hypertakt-Triebwerke und -Orter in Hangay nichts anhaben.
Viele Besatzungsmitglieder litten noch immer unter den Spätfolgen der geistigen Knechtschaft. Albträume, kurze Aussetzer, Antriebslosigkeit und dann wieder Panikattacken waren nach wie vor an der Tagesordnung. Eine sprunghafte Zunahme von Anträgen auf eine Mentalstabilisierung zeichnete deutlich das Bild von Menschen, die jedes Quäntchen Hoffnung wahrnahmen, nie wieder einer solchen psychischen Qual ausgesetzt zu sein.
Darla Markus und die übrigen Bordpsychologen gaben ihr Bestes, desgleichen Hery-Ann Taeg, die Leiterin der Medizinischen Abteilung, und ihr Ärztekollegium. Nicht, dass sie nicht selbst gleichermaßen betroffen gewesen wären; nicht ebenso gezeichnet, gebrandmarkt von Kirmizz’ Knute und seiner übermächtigen mentalen Wucht.
Erbarmungslos hatte der designierte Pilot des Chaotenders VULTAPHER sie zurechtgestutzt, ihnen allen ihre Grenzen aufgezeigt. Und ohne die Leistungen vor allem der Mom’Serimer bei der Rückeroberung ihres Schiffs schmälern zu wollen – wäre es ihnen tatsächlich gelungen, sich der Mor’Daer, Ganschkaren und Kolonnen-Motivatoren zu entledigen, hätte nicht Kirmizz die SOL als Instrument seiner Rache am Progresswahrer Terkan von Voosar benutzt?
Fee Kellind trank einen Schluck Wasser, der ihre Kehle kühlte, doch ihren Durst nicht stillte. Wie alle an Bord brannte sie darauf, endlich eine schlagkräftige Waffe gegen die Terminale Kolonne in die Hand zu bekommen.
Zusammen mit der gesamten Mannschaft hoffte sie, dass diesmal alles gut gehen möge. Dass der Sektor Amienolc keine weitere Teufelei eines unbezwingbaren Chaosdieners für sie bereithielt; sondern im Gegenteil ein Mittel, TRAITOR einen ersten, wirklich schmerzhaften Stich zu versetzen.
Während sie so sinnierte, gab die Kommandantin routiniert Anweisungen an die Zentrale-Crew. Immerhin, sie waren gut eingespielt, schon nahezu perfekt.
Nach all den Jahren ...
Oberst Roman Muel-Chen, Fees Erster Stellvertreter, seines Zeichens Chefpilot und Bereichsleiter Kosmonautik, ließ es sich in kritischen Phasen wie dieser nicht nehmen, die SOL höchstpersönlich zu steuern. Der vom Freihandelsplaneten Olymp Stammende hatte einmal als Wunderkind gegolten, anno 1290 NGZ war er der einzige Emotionaut der Terranischen Menschheit gewesen. Deshalb hatte man ihn trotz seiner Jugend in die Schiffsführung berufen.
Seither war er praktisch ununterbrochen an Bord und sichtlich gealtert. In den dunklen Koteletten blitzten, keineswegs mehr vereinzelt, weiße Haare auf.
Klar ging er noch lange nicht am Stock. Er hielt sich fit wie sie alle.
Aber der Zahn der Zeit nagte an jedem und jeder von ihnen.
Nur nicht an
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