2485 - Hyperflackern
hinüber zu Kamuko. Die Gründermutter saß reglos im Sessel. Sie hielt die Arme angewinkelt, die Fingerkuppen der Hände berührten sich gegenseitig.
»Darf ich dich um einen Rat bitten, Gründermutter?«
»Du darfst«, klang es monoton aus dem reglosen Mund.
»Was würdest du an unserer Stelle tun?«
»Dasselbe wie ihr. Der Trichter schließt sich, niemand kann es verhindern. Sucht nach Spuren der Quartalen Kraft und nutzt sie für den Rückflug.«
»Wir sollen ...«
»Habt ihr eine andere Wahl? Vorwärts geht es nicht, es sei denn ... «
Sie schwieg und trieb Kantiran damit an den Rand der Verzweiflung. »Sprich weiter! So sag doch was!«
»Der Trichter ist noch zu weit. Je enger er wird, desto stärker konzentrieren sich die hyperphysikalischen Phänomene, die in ihm enthalten sind. Es könnte sein, dass die Quartale Kraft erst dann eine durchgehende Verbindung zwischen dem Halo und Hangay erhält.«
»Woher nimmst du die Gewissheit, dass in Hangay noch Quartale Kraft existiert?«
»Die Proto-Negasphäre befindet sich in ihrem Anfangsstadium. Die Quartale Kraft innerhalb des Walls wird gering sein und mit Phänomenen der Chaos Physik vermischt, aber noch dürfte sie existieren. Wir werden sehen, ob wir sie nutzen können.«
»Ich danke dir für deine Worte.«
Kantiran kehrte in seinen Sessel zurück. Ihm war aufgefallen, dass sie zunächst aus der Distanz gesprochen und »ihr« gesagt hatte. Am Schluss hatte sie sich selbst mit einbezogen und »wir« benutzt. Sie schwankte innerlich noch immer zwischen ihren Zielen als Gründermutter und ihren Möglichkeiten als Kämpferin, die - zugegeben - jedes Mal scheinbar versagt hatte, wenn sie eingreifen sollte. Dass sie sich die Schuld am Tod ARCHETIMS gab, würde sie wohl ihr ganzes Leben lang mit sich herumschleppen.
Nicht genug damit: Auch das LICHT VON AHN war tot, und das ebenso, wie es ihr scheinen musste, durch ihr Verschulden.
Kantiran ahnte, wie tief die Ängste der Aeganerin sitzen mussten, ein drittes Mal die falsche Entscheidung zu treffen - also zog sie es vor, gar nichts zu unternehmen.
ILKAN gab eine Warnmeldung aus. Der Trichter schrumpfte schneller. Er maß jetzt nur noch 13 Lichtsekunden im Durchmesser. Zudem schwirrten über dem Rand des Trichters 60 Traitanks auf sie zu.
Kantiran löste Rotalarm für die gesamte Flotte aus. Sie waren entdeckt!
Noch flogen die Tropfenschiffe ohne Schutzschirme und allein in der Deckung ihrer OREON-Hauben, aber die Emissionen beim Rücksturz aus der Quartalen Kraft waren wohl dennoch entdeckt worden. 140 weitere Traitanks setzten sich in diesen Augenblicken in Marsch und flogen in den Trichter ein.
Soeben absolvierte der vordere Pulk das erste Überraummanöver. Es brachte ihn bis auf drei Lichtstunden an die Kapseln heran. Die Etappe der nachfolgenden Disken war länger. Sie materialisierten acht Lichtminuten vor der Friedensfahrerflotte. Und dort verteilten sie sich in der eindeutigen Absicht, den bisher unsichtbaren Fahrzeugen den Weg zu verlegen.
*
Draußen huschten seltsame Wesen vorbei. Sie ähnelten Kraken mit Dutzenden von Pseudopodien. Ab und zu schienen sie den einen oder anderen
Tentakel in Richtung von CHEOS-TAI zu schleudern. Der GESETZ-Geber reagierte nicht darauf, sondern zog weiterhin seine Bahn durch den Hyperraum.
Nach einer Weile stellte Rhodan fest, dass die Zahl der Kraken abnahm. Urplötzlich verschwanden sie, als habe jemand eine Holoprojektion gelöscht. Was blieb, war die Emulsion mit ihren Blasen.
»Wir haben den Einflussbereich der Kolonnen-MASCHINEN hinter uns gelassen«, verkündete Curcaryen Varantir.
Also fliegen wir jetzt durch den Hyperraum des Trichters, überlegte Rho-dan. Mit den gigantischen Überlichtfaktoren von CHEOS-TAI dauerte die Durchquerung des Grenzwalls allenfalls eine Viertelstunde. Vielleicht noch etwas länger, wenn man davon ausging, dass die Algorrian mit Rücksicht auf den Trichter vergleichsweise langsam flogen.
Bald würde sich zeigen, ob die monatelange Warterei sich gelohnt hatte.
Der Terraner dachte an ESCHER, die Parapositronik, die an Bord der RICHARD BURTON nach Hangay gelangt war und mittlerweile in unmittelbarer Nähe der Nadel des Chaos operierte. Nur ESCHER war imstande, einen Zugang wie diesen Trichter zu erzeugen. Der Grund für diese Fähigkeit lag vermutlich darin begründet, dass es sich bei ihm um eine einzigartige Konstruktion handelte: einen Computer mit Bewusstseinsinhalten und einem Mikrokosmos im parapsychischen
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