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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ERSTES KAPITEL
    Mit der Natur im Bunde
    Als wir die Offiziere der Dschunub überholt hatten, befanden wir uns bereits im geologischen Gebiet der Landenge. Der Sand wechselte mit festem Gestein. Felsenstücke lagen zerstreut umher. Es bildeten sich Bodenerhebungen, die erst nur leise begannen, dann aber um so kräftiger wurden, je weiter wir kamen. Und da sahen wir Halef weit draußen am Horizont, zunächst nur als kleinen Punkt, doch kamen wir ihm so rasch näher, daß wir sehr bald Reiter und Pferd voneinander unterscheiden konnten. Er ritt nicht mehr Galopp, sondern Trab. Darum zügelten wir unseren rasenden Lauf, zumal Halef anhielt, um auf uns zu warten, als er uns kommen sah. Er lachte mit dem ganzen Gesicht.
    „Ist er auf den Dicken gestiegen?“ fragte er uns schon von weitem entgegen.
    „Ja“, antwortete ich.
    „So sei Allah ihm barmherzig und gnädig! Was es heißt, auf diesem Ungetüm zu sitzen, das können nur meine Knochen und Knöchelchen schildern; leider aber bin ich es allein, der ihre Sprache empfindet. Wie kommst du zu diesen Menschen? Was wollen sie? Warum nehmen sie dich gefangen? Oder vielmehr, warum gingst du darauf ein, als Gefangener zu gelten?“
    „Davon später, lieber Halef. Vor allen Dingen muß ich wissen, wie du auf den Gedanken gekommen bist, uns entgegenzureiten, und zwar auf Smihk, der doch in der Hauptstadt zu sein hat, aber nicht hier!“
    „Er hat da zu sein, wo sich sein Herr befindet!“
    „Ganz recht! Ich habe mir auch, sobald ich ihn sah, sofort gesagt, daß Scheik Amihn uns nachgekommen ist.“
    „Nicht nur er, sondern auch Taldscha, seine Frau!“
    „Auch sie? Was ist geschehen?“
    „Etwas außerordentlich Wichtiges. Du sollst es sofort hören!“
    Dieses ‚Sofort‘ war bei ihm niemals wörtlich zu nehmen. Er pflegte Dinge, die er für wichtig hielt, stets so ausführlich wie möglich zu behandeln. Darum machte er, während wir weiterritten, eine kleine Kunstpause, um unsere Spannung zu erhöhen, und begann, dann an einem Punkt, der scheinbar gar nicht zur Sache gehörte:
    „Sihdi, weißt du, daß Ardistan zwar bis an das Meer reicht, aber ohne Häfen und darum auch ohne Schiffahrt ist?“
    „Ja. Nur zuweilen kommt ein kühner Indochinese oder Sundamalaye auf leicht gebautem Segler nach der unwirtlichen Küste von Ardistan, um bei den wenigen Menschen, die da wohnen, Waren einzutauschen.“
    „Ganz recht, Effendi! Und mit so einem Malayen ist der Diener gekommen.“
    „Welcher Diener?“
    „Welcher –? Ah, richtig! Das weißt du ja noch nicht! Also, der Mir von Ardistan hat jetzt endlich dem Mir von Dschinnistan den Krieg erklärt, offen, geradeheraus oder – wie nennt man das in eurem Abendland?“
    „Amtlich, offiziell.“
    „Ja, so ist es richtig: amtlich, offiziell. Daß die beiden Söhne des Scheiks der Ussul zur Leibwache des Mir von Ardistan gehören, ist dir bekannt?“
    „Ja. Doch glaube ich, daß sie trotz dieser Stellung nur Bewachte, nicht aber Wächter sind. Ich halte sie nicht für Kommandierende, sondern für Geiseln, durch welche sich der Mir Gehorsam erzwingen will.“
    „Diese Vermutung scheint sich zu bewähren. Denn die beiden Söhne des Scheiks sind ganz plötzlich verschwunden. Der Mir hat verlangt, daß ihm der Scheik tausend Ussulkrieger sende, um ihm gegen Dschinnistan beizustehen. Da haben die Söhne sich geweigert, dies ihrem Vater zuzumuten. Sie haben erklärt, daß die Ussul nicht den geringsten Grund haben, den Mir von Dschinnistan zu bekämpfen. Hierauf sind sie mitten in der Nacht, als alles schlief, ergriffen und mit einem ihrer Diener, der sich bei ihnen befand, heimlich fortgeschafft worden. Wohin, das hat man ihnen nicht gesagt. Der Diener aber behauptet, wahrscheinlich nach der Todesstadt, denn sie sei der schon von alters her gebräuchliche Ort, mißliebig gewordene hohe Personen verschwinden zu lassen. Sie wurden auf Pferde gebunden. Der Ritt dauerte lang. Am zweiten Abend gelang es dem Diener, zu entwischen. Er entkam nach der Küste und wurde dort von einem malayischen Schiffer aufgenommen, der ihn gegen das Versprechen einer guten Belohnung quer über die Bai und dann den Fluß hinauf fast bis nach Ussula brachte. Er kam nach der Stadt, gerade als der Dschirbani mit seinen Hukara von dort abgezogen war. Die Ältesten wurden schnell zur Beratung zusammengerufen, und man beschloß, dem Dschirbani rasch zu folgen, um mit dir und ihm das Nötige zu besprechen. Die Angst hat den Eltern Flügel verliehen. Sie

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