Ploetzlich Mensch
Frieden hatte Einzug gehalten in Dazahui.
Nach dem Ende des letzten großen Krieges
zwischen Menschen, Elfen und Untoten
und der Verabschiedung der Gleichstellungsgesetze
für Tiere und Mischwesen
entwickelte sich eine gut funktionierende Gesellschaft,
in der Wesen jeglicher Herkunft
friedlich nebeneinander existieren können.
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Dean Billius Grimes hatte sich nie viel aus Gesetzen und Moralvorste l lungen gemacht. Sie waren etwas für Schwächlinge, die auf diese Art nur versuchten, ihre jämmerliche Existenz aufrechtzuerhalten und sich nicht der Macht der Stärkeren beugen wollten.
Er konnte nur lachen über seine angepasst lebenden Artgenossen, die sich brav integriert hatten und nur noch Konservenblut tranken. Für ihn waren sie jämmerliche Würmer, die sich wie Haustiere hatten zä h men lassen.
Er war keiner von ihnen. Für ihn galten die Gesetze nicht. Er war ein Jäger. Ein Raubtier, das im Schatten der Nacht über seine Opfer herfiel und ihnen ihr erbärmliches Leben aussaugte, bis sie nur noch eine tote, leere Hülle zu seinen Füßen waren.
Seit dem letzten großen Rassenkrieg zwischen Untoten und Lebe n den waren die Vampire sehr darum bemüht gewesen, ihren guten Ruf wiederherzustellen. Die Kämpfe hatten sich durch extreme Grausa m keiten auf beiden Seiten ausgezeichnet. Zugegeben, zuerst waren die Vampire die Aggressoren gewesen. Doch die Allianz aus Menschen, Elfen und Zwergen hatte sich bald für die Massaker, welche die Unt o ten verursachten, gerächt, und mit dem flächendeckenden Einsatz von Tageslicht-Strahlern und Knoblauchgas die Reihen der Vampire so stark dezimiert, dass diese schließlich kapitulieren mussten.
Seit dieser Zeit war das Verhältnis der Lebenden zu den Vampiren nicht unbedingt von großem Vertrauen geprägt. Deans Artgenossen taten alles, um sich als vollwertige Mitbürger zu etablieren und die L e benden von ihrer Ungefährlichkeit zu überzeugen. Sie erfüllten sämtl i che Auflagen, die ihnen die Siegermächte aufgezwungen hatten, leist e ten soziale Arbeit und spendeten viel Geld für wohltätige Zwecke.
Diese dummen Schafe.
Dean hatte mit dem letzten Krieg, der inzwischen über zwanzig Jahre zurücklag, nichts zu tun gehabt. Die belanglosen Kämpfe um Macht, Ideologie und unbedeutende Ländereien hatten ihn nicht interessiert. So hatte er sich aus den damaligen Rangeleien herausgehalten und li e ber einige Zeit in Über see zugebracht. Weit entfernt von den Schlach t feldern.
Was kümmerten ihn also die Gesetze dieser Stadt? Sie waren für a n dere, für die Verlierer gemacht worden. Nicht für ihn. Diese Dum m köpfe würden ihn niemals zu fassen bekommen. Auch heute nicht, in dieser friedlichen Sommernacht.
Lässig lehnte er seinen Körper gegen den Stamm der alten Eiche, in deren Krone er sich auf die Lauer gelegt hatte.
Ein ereignisloser Tag neigte sich dem Ende zu. Während er in seinem Sarg geschlafen hatte, arbeitete sein Geld für ihn. Es war rund um die Welt gewinnbringend angelegt. Jack Jacksonson, der Kobold, der seine Finanzen verwaltete, verstand sein Handwerk, so wie fast alle seiner Art, denen das Geldvermehren einfach im Blut lag. Übertroffen wu r den sie nur von den Drachenmenschen, deren Zahl allerdings in den letzten Jahrhunderten durch übermütige Schatzjäger stark zurückg e gangen war. Die Drachenmenschen waren zwar überragend gut darin, Geld zusammenzutragen, hatten aber leider ein großes Problem d a mit, sich wieder davon zu trennen, was sie als Finanzverwalter völlig u n tauglich machte.
Dean arbeitete nun schon fast fünfzig Jahre mit dem spitzohrigen Kobold zusammen und er war noch nie von dessen Leistungen en t täuscht worden. Erst kürzlich hatte er eine sehr gewinnbringende I n vestition in eine Mammut-Schererei in der Antarktis getätigt. Auch sonst brauchte er sich keine Sorgen um seine finanzielle Liquidität zu machen. Er konnte es sich ohne W eiteres leisten , seinen gehobenen Lebensstil zu pflegen, ohne großartig dafür arbeiten zu müssen. Er g e noss es seine Nächte mit anderen, interessante re n Dingen zu verbri n gen. Wie zum Beispiel seiner Lieblingsbeschäftigung, der Jagd.
Sein Blick glitt suchend über die weitläufigen Grünflächen des städt i schen Parks, der in nächtlicher Stille vor ihm lag. Der warme Aben d wind spielte mit seinem Haar und trug einen süßen Duft zu ihm e m por. Witternd hob er die Nase. Seine Raubtierinstinkte waren erwacht. Ein erwartungsvolles Lächeln legte
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