252 - Die Schrecken der Medusa
aber sofort klar: Sie konnte unmöglich die Queen töten und ihren Kopf zu den Dörflern bringen. Genauso unmöglich war es, gemeinsam mit ihr ins Dorf zu spazieren; dies würde unweigerlich den Tod der Lady zur Folge haben, und den von Maddrax und ihr selbst obendrein.
Fieberhaft grübelte Aruula, welche Möglichkeiten es gab.
Den Häuptling und seinen Schamanen davon überzeugen, dass sie sich geirrt und die Götter sie belogen hatten? Wenig Erfolg versprechend - es sei denn, sie legte es darauf an, wegen Ketzerei auf dem Scheiterhaufen zu landen.
Die Queen hier zurücklassen und versuchen, Maddrax zu befreien? Riskant. Nicht nur, dass sie gegen ein ganzes Dorf antreten müsste, man würde sie auch verfolgen und nicht eher ruhen, bis sie zur Strecke gebracht waren.
Victoria enthob sie weiterer Überlegungen.
Denn plötzlich und unerwartet sprang die ehemalige Queen auf, kreischte schrill und verschwand in der Dunkelheit. Bis Aruula reagiert hatte und ihr folgte, war sie schon in die Tiefen des Turms entschwunden.
»Bei Orguudoo, komm zurück!«, fluchte die Kriegerin. Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Sie packte die Fackel fester und eilte hinter Victoria her ins Ungewisse.
Im flackernden Licht fand Aruula auf der anderen Seite des Raumes eine schief in den verrosteten Angeln hängende Tür. Das Holz war morsch und schimmelig. Ein Tritt und die Tür brach vollends aus den Angeln und schlug zu Boden. Staub wirbelte auf, Spinnen brachten sich in Sicherheit.
Aruula hatte Glück; die Suche dauerte nicht lange. Schon im nächsten Raum fand sie Victoria wieder. Sie hatte sich in eine Nische gekauert, vor der eine Menge Gesteinsschutt lag. Als wäre der Hohlraum dahinter von einer Mauer verborgen gewesen, die irgendwann eingestürzt war. Ein Geheimversteck?
»Nicht böse sein…«, brabbelte die Queen und heulte, dass ihr die Tränen über das schmutzige Gesicht liefen.
Aruula war peinlich berührt, hatte sie die Queen doch als stolze, lebenslustige Frau kennen gelernt. Das Wrack, das ihr jetzt gegenüber saß, war nur noch eine geistlose Hülle. Was bei allen Göttern war Victoria widerfahren? Dieses Schicksal erschien ihr noch schlimmer, als versteinert zu werden.
Aruula sah sich in dem weiten Gewölbe um. Die Wände schimmerten grün, und stellenweise hatten sich Stalaktiten gebildet. Im Zentrum des Raums befand sich ein hüfthoher Mauerrund. Ein Brunnen , erkannte Aruula. Hatte Victoria eben nicht um Wasser gebeten? Aruula ging hin, beugte sich vor, spuckte und lauschte. Keinen Lidschlag später platschte es ganz leise. Der Brunnen führte also noch Wasser. Aber es stank und steckte vermutlich voller Krankheiten.
Als Aruula zu der schluchzenden Victoria zurückging, bemerkte sie hinter ihr eine Stahltür - der Durchgang zu einem weiteren, geheimen Gewölbe? Noch war Aruula nicht vollends davon überzeugt, dass hier unten außer der ehemaligen Queen niemand mehr war. Sie wechselte das Schwert in die Linke und zerrte an dem Türgriff.
Wider Erwarten gelang es Aruula, die Stahltür problemlos zu öffnen. Sie trat in einen nicht sehr großen Raum, etwa fünf mal fünf Schritte. Die Kriegerin war verblüfft, wie trocken es hier war. Die Wände waren sandig, es gab keinen Schimmel - und es roch nach Metall. Der Gegensatz zum Gewölbe zuvor war frappant. Es musste eine Ursache dafür geben. Ihre Fackel beschrieb einen Kreis.
Hier lagerten Kisten. Aruula benutzte das Schwert, um einen der Deckel aufzuhebeln. Längliche graue Stangen kamen zum Vorschein. Schnell zog sie die Fackel zurück. Sie erinnerte sich, dass Maddrax solche Stangen einmal »Dymanit« genannt hatte, oder so ähnlich. Auf alle Fälle ein sehr gefährliches Zeug, das nach der langen Lagerzeit bei der kleinsten Berührung losgehen konnte. Aruula ließ lieber die Finger davon.
Sie hebelte eine weitere Kiste auf, wohl bedacht, ihr Schwert nicht zu beschädigen. Endlich löste sich der Deckel.
Diesmal waren es Patronen, einzeln in Schachteln gestapelt oder auf eiserne Gurte aufgezogen.
Nach der nächsten Kiste war Aruula sich sicher: Dieser Raum war voller Sprengstoff. Uraltem Sprengstoff in Form von Sprengstangen und Munition. Die Besatzer mussten ihn hier versteckt und den Zugang zugemauert haben, als sie die Insel aufgaben. Und da der Raum sehr trocken war, konnten diese Artefakte antiker Kriegsführung die Zeit durchaus überstanden haben.
Ein Schaudern durchlief Aruula. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn Victoria diese Kisten
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