259 - Die Stunde der Wahrheit
Ringmuster am Hals neben den Kiemenlappen, das ein höheres Alter verriet. Dazu kamen zwei Frauen, die nach Quart'ols Geschmack schon viel zu lange ihre Runden durch den Park des öffentlichen Stadtteils drehten. Sie kamen immer wieder in der Nähe des Eingangs der Grotte vorbei, in der er sich mit Ner'je treffen wollte.
»Ich habe kein gutes Gefühl«, klackerte er Bel'ar leise zu. »Die da drüben wirken wie Wächter des Bundes. Vielleicht war mein Versteck im alten Stadtteil doch keine gute Idee. Oder jemand hat mich mit dir gesehen.«
Bel'ar sah ihn nervös an. »Solange…« Sie zögerte. »Solange uns nur Ner'je nicht verraten hat… Aber das glaube ich nicht.«
»Wir müssen es in Betracht ziehen. Ner'je ist bereits überfällig. Lass uns lieber zum Ausgang schwimmen.«
Er wartete nervös auf einen Augenblick, da ihn niemand sah. Dann schwamm er hastig in den Sichtschutz einer großen Zierpflanzenkolonie mit vierfedrigen roten Blättern. Bel'ar folgte ihm. Gemeinsam arbeiteten sie sich weiter vor, bis sie dem Eingang nahe waren, den Ner'je passieren musste, wenn sie von den neueren Stadtteilen kam. Aber von der Stadträtin war weit und breit nichts zu sehen.
Sie drückten sich in den Eingangsschatten eines kleineren Kuppelhauses, in dem Algensalate und Speisen aus Tiefsee-Ko'onen zubereitet wurden.
Bel'ar begann leise zu fluchen. »Jetzt erinnere ich mich! Ich kenne den einen!« Sie wies auf die Hydriten, die in weiter Entfernung Jer'lag spielten. »Ich habe ihn vor einer Rotation kennen gelernt. Sein Name ist Ter'nar! Er ist ein Wächter des Bundes! Er war gemeinsam mit Skorm'ak zu Besuch in der Stadt.«
»Dann ist es wahr: Ner'je hat uns verraten.« Quart'ol fühlte sich bitter enttäuscht. Am liebsten hätte er neben sich auf die bionetische Wand eingeschlagen. Aber er musste jetzt Ruhe bewahren. Er musste sich in Sicherheit bringen. Sich und Bel'ar.
»Was schlägst du vor?«
»Erst einmal weg hier!«
Bel'ar schwamm neben ihn. Gemeinsam lugten sie in den öffentlichen Stadtteil, hin zu dem Hydritensteinbild. Der Augenblick schien günstig. Quart'ol klackte auffordernd. Sie stießen sich ab und schwammen in schneller, aber nicht zu auffälliger Geschwindigkeit zum oberen Ausgang des Erholungsbereichs. Keiner hielt sie auf.
Immer wieder sahen sie sich angstvoll um. Bel'ars Kiemen zitterten vor Aufregung.
Es dauerte nicht lange, bis sie die Ei'don-Statue hinter dem Ausgang erreicht hatten. Sie befanden sich nun im Stadtkern unter der Kuppel. Quart'ol hoffte, dass sie den Bereich zügig durchqueren konnten. Seine Qualle lag noch ein gutes Stück entfernt; Bel'ar berührte nervös ihren fahlgelben Scheitelkamm. »Wohin jetzt? Meine Wohnsphäre wird bestimmt überwacht.«
»Wenn es nach mir geht…« Quart'ol hielt inne. Er sah alarmiert zu den beiden näher schwimmenden Hydritinnen, die eben noch im Ort der Gemeinsamkeit ihre Runden gedreht hatten. Er zog Bel'ar an sich. »Wir müssen uns trennen! Wir treffen uns in vier Phasen am Eingang der Krankenstation in Sektor C!«
Die Krankenstation lag nah an einem der Ausgänge der Stadt. Es war eine kleinere Station, in die auch die Hydriten aus dem äußeren Stadtviertel kamen und in der Quart'ol seine Transportqualle versteckt hatte.
Bel'ar sah die beiden Hydritinnen ebenfalls. »Ich komme mit dir. Wir trennen uns nur, wenn es nicht anders geht! Hier entlang!«
Die beiden Frauen aus dem Park änderten die Richtung. Sie hatten sie entdeckt! Hinter ihnen kamen die beiden Jer'lag-Spieler und zwei weitere Hydriten in unauffälliger Bedeckung.
Das nenne ich einen Großeinsatz. Quart'ol folgte Bel'ar. Hier wimmelt es ja nur so von Wächtern in Zivil! Ner'je muss uns verraten haben!
»Bel'ar, bring dich in Sicherheit! Sie wollen mich, nicht dich!«
»Ich lasse nicht zu, dass du einfach wieder aus meinem Leben verschwindest!«
Quart'ol schluckte. So viel bedeutete er ihr? »Dann schwimm schneller!«
Aus den Augenwinkeln sah er, was schräg hinter ihnen geschah. Die Wächter-Hydriten nahmen die Verfolgung auf. Noch trennten sie fast zwei Wallängen.
Bel'ar und ihm würde es schlecht ergehen, wenn man sie festsetzte und vor den Gilam'esh-Bund brachte. Dieses Mal würde er nicht mit einer Verbannung davonkommen. Er verfluchte sich, dass er Bel'ar in diese Sache hineingezogen hatte. Und noch mehr verfluchte er sich dafür, dass er ihrem Drängen, ihn am heutigen Tag zu begleiten, nachgegeben hatte.
»Da lang!« Bel'ar schwamm zügig voran. Sie schien zu
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