Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
259 - Die Stunde der Wahrheit

259 - Die Stunde der Wahrheit

Titel: 259 - Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
Vom Netzwerk:
wagte sich Quart'ol endlich zum vereinbarten Treffpunkt. Er war sicher, nicht verfolgt zu werden, trotzdem nagten Zweifel an ihm. Wer wusste schon, wie tief Ner'jes Verrat ging und wen sie alles auf ihn angesetzt hatte.
    Immer wieder sah er sich nach den Wächtern um. Er suchte Schutz hinter Algen und hohen Mooskugeln. Am gefährlichsten waren die Man'tan-Einheiten. Von den Rochen aus konnte ein Wächter ihn leicht entdecken.
    Quart'ol fühlte sich wie ein Verbrecher, als er von Deckung zu Deckung zur Krankenstation im Sektor C schwamm. Zum Glück waren in diesem Teil der Stadt nur wenige Hydriten unterwegs.
    Dabei habe ich Zeit meines Lebens nur versucht, meinem Volk zu dienen. Ich dachte immer, die Wahrheit sei ein kostbares Gut. Aber der Bund sieht das ganz anders.
    Manchmal haderte Quart'ol mit sich, ob der Bund nicht recht hatte mit seinen Befürchtungen, die Ära des Friedens könne enden, wenn die Hydriten der Meere ihre Vergangenheit erfuhren. Aber die Mittel des Geheimbundes waren auf jeden Fall verachtenswert. Sie behandelten das Volk wie unmündige Kinder und schreckten auch vor Mord nicht zurück.
    Quart'ol wollte eben zum hinteren Eingang der Krankenstation schwimmen, der in einem Innenhof zwischen zwei Kuppelhäusern unter einer Tunnelverbindung lag, als Ner'je erschien!
    Ein heißer Schreck durchfuhr ihn. Wie hatte Ner'je ihn gefunden? War Bel'ar bereits in Gefangenschaft? Hatten sie seine Freundin gezwungen, den Treffpunkt preiszugeben? Dann mussten sie sie gefoltert haben, denn freiwillig hatte Bel'ar ganz bestimmt nicht geredet.
    Er spürte einen pochenden Schmerz im unteren Magenbereich. Angst und Sorge peinigten ihn.
    Wo konnte er sich verstecken? Er wollte schon zurückschwimmen und sich hinter einem Behälter für verfaulte Pflanzenreste verbergen, als er Bel'ar sah. Sie stand ein Stück hinter Ner'je und wirkte nervös, aber nicht ängstlich.
    »Wo er nur bleibt?«, hörte er ihre Stimme. »Hoffentlich haben sie ihn nicht…« Sie ließ den Satz unvollendet.
    Quart'ol stutzte. Bel'ar redete nicht, als sei sie eine Geisel. Konnte es sein, dass Ner'je ihn doch nicht verraten hatte? Zögernd kam er aus seinem Versteck und näherte sich den beiden Frauen.
    »Quart'ol!« Bel'ar schlang ihre Arme um ihn. »Ich habe mir Sorgen gemacht.«
    »Ist Ner'je…« Er sah sie fragend an.
    Bel'ar schwamm von ihm zurück. »Sie ist keine Verräterin, nein.«
    »Ich wurde gewarnt«, sagte Ner'je. »Einer der beiden Techniker des Rates, die ich anonym beauftragte, den Kristall zu überprüfen, ist ein Verräter. Der gestrige Treffpunkt wurde überwacht, deshalb bin ich nicht gekommen. Aber ich habe bereits einiges veranlasst. Drei Ratsmitglieder, denen ich vertraue, wissen von meiner Reise. Es sind nur wenige, aber es wird genügen, den HydRat zu deinen Gunsten zu beeinflussen, Quart'ol. Wenn wir erst…« Sie zögerte und sah sich um. »Wenn wir erst in der Stadt waren. In Gilam'esh'gad. Ich will es selbst sehen, mit eigenen Augen. Wenn du die Wahrheit sagst, sollen alle Hydriten es erfahren. Dafür werde ich sorgen.«
    »Ich danke dir, Ner'je.« Quart'ol senkte den Blick. »Verzeih, dass ich an dir zweifelte.«
    »Altes Schmelzwasser. Lasst uns lieber aufbrechen. Noch wissen unsere Gegner nicht, dass ich die Person bin, mit der du Kontakt aufgenommen hast, Quart'ol. Um den Verräter kümmere ich mich später. Wir müssen zusehen, dass wir möglichst schnell aus der Stadt verschwinden. Kommt mit.«
    Sie führte die beiden zu einer Transportqualle in einem helleren Blaugrün; die Farbe des HydRats. Allein schon durch diese Tönung wusste jeder Hydrit in Hykton sofort, dass dies eine offizielle Qualle des Rates war.
    Ner'je bat die beiden, einzusteigen. Sie setzten sich in den hinteren Bereich. Die Hydritin nahm am Leitstand Platz und lenkte die Qualle.
    Derzeit war die Quallenhaut fast komplett verdunkelt, nur ein kleiner Bereich in der Front war durchsichtig. Die Größe der Sichtfläche ließ sich regulieren.
    Bel'ar drückte sich eng an Quart'ol. »Ich hoffe, das geht gut.«
    »Warum sollte es nicht klappen? Ner'je gehört dem Rat an.«
    Bel'ar wies auf einen winzigen Sichtschlitz, den Quart'ol bis dahin übersehen hatte. »Schau hinaus. Wenn du mich fragst, mobilisieren sie all ihre Kräfte. Es scheint, als wollten sie die gesamte Stadt abriegeln.«
    Quart'ol bückte sich zu dem Schlitz an der Seite der Qualle und sah nach draußen. Auf den Muschelstraßen herrschte geschäftiges Treiben. Überall sah man

Weitere Kostenlose Bücher