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2596 - Requiem für das Solsystem

2596 - Requiem für das Solsystem

Titel: 2596 - Requiem für das Solsystem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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Versagen.
    Ja, ihre Körper. Das ist die bittere Wahrheit. Es heißt aber zugleich, dass nicht etwa die Globisten selbst versagen, sondern nur ihre Hüllen. Sie brechen zusammen. Medoroboter stehen bereit, aber oft können auch sie nicht mehr helfen.
    Im Solsystem sind inzwischen mehr als 2400 Opfer zu beklagen.
    Doch wir geben nicht auf.
    Keiner von uns. Wir alle treten unseren Dienst an, wenn es so weit ist.
    Ich auch. Soeben bin ich unterwegs. Ich musste früh aufstehen, und die Nacht war kurz. Zwei Stunden Schlaf, nicht eben viel. Aber es muss sein, im Sinn der Sache. Für Terra und das Überleben der Menschheit.
    Vor mir liegt eines der Stadien, in dem wir uns versammeln. Viele sind dort, rund um die Uhr, in mehreren Schichten. Einen von ihnen kann ich nun ablösen.
    Es ist sechs Uhr. Mein Dienstbeginn. Ich werde ...
    Feuer.
    Was ist das?
    Schreie aus dem Stadion.
    Ich renne los, hetze durch den Eingang.
    Eine Erschütterung. Unsichtbare Kräfte schlagen in die Bewusstseine der Globisten.
    Endlich liegt der Durchgang hinter mir. Ich springe ins Freie. Sehe nach oben. Die Tribünen sind voll von Menschen.
    Und sie schreien.
    Nicht alle, aber viele. Sie wanken, reißen die Arme hoch, zittern. Noch immer ertönen Schreie.
    Jemand eilt über Treppenstufen nach unten. Er verliert den Stand, stolpert, kippt vornüber. Ich bin viel zu weit weg, um ihn aufzufangen. Er schlägt auf, rutscht einige Stufen tiefer, bleibt dann mit verrenkten Gliedern liegen.
    Instinktiv will ich zu ihm gehen, doch es gibt an tausend Stellen Menschen, die Hilfe benötigen.
    Keine fünf Meter von mir entfernt - nicht vor, sondern über mir - kippt eine Frau über ein Absperrgeländer. Sie rudert mit den Armen, während sie fällt.
    Doch das ist es nicht, was mich erschreckt. Es ist ihr Gesichtsausdruck. Ihre Augen sind weit aufgerissen und starr. Die Mundwinkel zucken. Ich sehe es mit unnatürlicher Schärfe und Klarheit, als würde ihr kurzer Fall Ewigkeiten andauern.
    Ich stehe nahe genug, um sie aufzufangen oder um es zumindest zu versuchen. Ihr Gewicht und die Wucht reißen mich um. Zusammen stürzen wir auf den Boden. Sie kommt halb auf mir zu liegen. Mein Rücken schmerzt.
    Noch einmal ein Aufschrei, fast kollektiv, wie eine tödliche Welle. Ich schiebe die arme Frau von mir. Ihre Glieder zucken wie in einem epileptischen Anfall.
    Was soll ich nur tun?
    Wie kann ich ihr helfen?
    Warum kommt kein Medoroboter, um sich ihrer anzunehmen?
    Aus dem Augenwinkel sehe ich etwas, wovon ich den Blick nicht mehr wenden kann. Bewegungslos starre ich in die Menschenmenge auf den Tribünen. Tausende stehen dort, und immer wieder fällt jemand um, als habe man ihm die Beine weggeschlagen.
    Erst sind es zehn, dann zwanzig, fünfzig, hundert. Sie kippen einfach in sich zusammen, liegen auf dem Boden, manche halb über ihren Stühlen.
    Was ist hier los?
    Was geschieht?
    Die Frau neben mir schlägt den Kopf zur Seite, rechts, links, wieder und wieder. Ich krieche zu ihr - da erst merke ich, dass ich noch immer auf dem Boden liege - und halte ihren Kopf fest. Er windet sich in meinem Griff.
    Ich sehe ihr in die Augen. Sie sind weit aufgerissen. Ich sehe hinein und durch sie hindurch.
    Ein Hypersturm wirbelt mitten durch ihren Verstand und ihren Körper. Etwas ist geschehen, etwas greift nach ihr, nach allen Globisten.
    Und ich bin nur verschont worden, weil ich nicht mit ihnen verbunden war. Ich schaue über das Stadion, auf die gegenüberliegende Seite. Menschen fallen wie Trauben über die Absperrungen. Viele, die vorne stehen, kippen einfach darüber.
    Und mein Armbandkommunikator schlägt an. Ich erhalte eine Meldung der höchsten Priorität, das erkenne ich am Signalton. Man hält mich für wichtig genug, über Ereignisse im Zusammenhang mit dem Feuerauge sofort informiert zu werden. Immerhin bin ich Shaun Ayala.
    Etwas geschieht dort draußen, seit wenigen Minuten. Seit dem Moment, als die Katastrophe über die Globisten hereinbrach, in diesem Stadion und - ich ahne es - an allen anderen Versammlungsorten im Solsystem.
    Das Feuerauge bläht sich auf. Über dem Kristallschirm zuckt und wächst die hyperphysikalische Geschwulst. Die Tryortan-Schlünde schlagen Millionen Kilometer weit. Bis zu den Globisten, in gewisser Weise.
    Irgendwann sehe ich auf, ich fühle mich, als wären Jahre vergangen, in Wirklichkeit wohl nur Sekunden. Viele stehen noch, doch etliche sind gefallen. Überall klaffen Lücken in den Reihen der Gesichter.
    Endlich kommt ein

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