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2597 - Hyperkaelte

2597 - Hyperkaelte

Titel: 2597 - Hyperkaelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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Solsystem geschieht. Ich bin bald zurück.«
    »Aber ... wovon redest du?«
    Da erst wurde Betty klar, dass die Freundin von dem kurzen Gespräch - wenn man es überhaupt so bezeichnen konnte - mit dem Netzweber nichts mitbekommen hatte. »Ich gehe mit Radyl. Wir müssen unsere Silberkugeln trennen.«
    »Jetzt?«, fragte Eritrea ungläubig.
    »Wir werden bald zurück sein. Ich vertraue dem Netzweber.«
    »Wieso?«
    Darauf konnte Betty keine Antwort geben, außer: »Ich fühle es. Ich muss es tun.«
    *
    Die Trennung der beiden Silberkugeln erfolgte rasch. Die materieprojektiven Schiffskörper schoben sich auseinander. Während Eritrea die ATLANTIS ansteuerte, schwebte Bettys Silberkugel noch immer in der Nebelkuppel.
    Die Altmutantin nahm den Platz in der Pilotensphäre wieder ein. Die Silberschwaden verbanden sie mit den Sensoren des Schiffs, und sie sah und fühlte die Ortung des Netzwebers.
    Radyls leuchtende Netzfäden kamen näher, und wie ein überdimensionaler Rochen schlang sich der Netzweber um die Silberkugel.
    Als sich die Goldstränge rundum schlossen, spürte Betty den Kontakt mit dem Bewusstsein des Wesens enger als je zuvor. Es griff auf sie zu, labte sich an ihren Erinnerungen und Empfindungen.
    Die Reise begann, und in diesem Moment gab es nur noch Radyl, der die Bezahlung für den Transport forderte.
    Bettys Gedanken öffneten sich ohne ihr Zutun wie ein Buch, doch nicht sie selbst las die Seiten.
    Der Netzweber grub sich immer tiefer, und er ging beinahe sanft vor. Dabei verwob sich Radyl mit den ureigenen Erinnerungen der Altmutantin, nahm sie und zehrte von ihnen, während er mit ihnen verschmolz.
    Das Fremde, das von außen kam, verknüpfte sich mit Bettys Vergangenheit und Gegenwart, und die Gier von außen wich einer dumpfen Zufriedenheit, die aus ihr selbst zu kommen schien.
    Zeit verlor jegliche Bedeutung, sosehr sie auch eben noch gedrängt hatte. Was vergangen war, wurde wieder lebendig, und dieses Mal war Betty nicht allein, als sie ihr Leben lebte. Radyl begleitete sie, mehr noch, war sie selbst.
    Zu zweit entdeckten sie, dass Bettys Vater von einem Individualverformer übernommen worden war, als sie noch ein Mädchen gewesen war. Gemeinsam erschossen sie den Fremden, der so aussah wie ihr Vater.
    Zeit und Ewigkeit verschwammen zu einem zeitlosen Augenblick, aus dem einzelne Momente wie der Gipfel eines Hochgebirges herausragten:
    Radyl-im-Abstrakten, der Netzweber, schloss sich dem Mutantenkorps an und ging auf zahlreiche Einsätze. Zu dieser Zeit schon schwebte Betty Toufry in den Weiten der Galaxis Anthuresta, auf der Suche nach Emotionen und Gedanken, nach fremden Gefühlen.
    Während Betty und Radyl den Planeten Barkon im Leerraum zwischen der Milchstraße und Andromeda suchten, kamen sie in der Second-Genesis-Krise ums Leben und retteten sich doch in den PEW-Meteoriten auf dem Planeten Asporc.
    Wieso bist du wieder aus dem Bewusstseinspool der Superintelligenz freigelassen worden?, fragte Radyl, ohne ein Wort oder einen klar formulierten Gedanken zu nutzen, und Betty Toufry erschien noch einmal kurzzeitig bei der Aktivierung von EDEN II als Chronofossil.
    Eine Antwort gab sie nicht, aber das war auch nicht nötig, denn im nächsten Moment fühlte sie der Netzweber und war zufrieden.
    Sie sprangen seit vielen Jahrzehnten, und Betty fragte sich, wann der Transfer endlich beendet war.
    Wo gehen wir genau hin?, wollte sie irgendwann wissen, einen Tag oder einen Monat nachdem sie den Gedanken zum ersten Mal gefasst hatte. Ist das Solsystem inzwischen zerstört worden?
    Was ist die Zeit in der Welt der Gedanken?, empfand sie und wusste wieder, dass die Netzweber ohne jeglichen Zeitverlust von einem Ort zum anderen sprangen. Es war keine Zeit vergangen, nicht eine Sekunde, denn sie und Radyl ... gemeinsam erinnerten und empfangen sie schnell wie ein Gedanke.
    Und der Netzweber war zufrieden.
    Mit einem letzten Blick auf Bettys ersten Mutanteneinsatz wob sich Radyl wieder aus dem Verstand der Altmutantin. Er verharrte, als eine Assoziation zündete und sie gemeinsam die anderen Mutanten sahen: Gucky, Ernst Ellert und wie sie alle hießen.
    Als sich Radyl löste, empfand Betty Einsamkeit. Sie wähnte sich verloren wie ein verlassenes Kleinkind in einer Wüste aus Schnee, und ihre Seele fror. Wie sollte sie allein nur überleben können?
    Sie erreichten ihr Ziel, das Netzwesen Radyl trennte sich von der Altmutantin und ihrer Silberkugel. Betty vergaß wieder, denn es war keine Zeit vergangen,

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