Magie des Windes - Feehan, C: Magie des Windes - Safe Harbor (5 - Hannah)
1.
K annst du mir vielleicht sagen, wie zum Teufel wir in diesen Schlamassel geraten sind?«, fragte Jackson Deveau barsch, während er Jonas Harrington einen Arm um die Taille schlang und ihn zu einem Container für Industrieabfälle schleifte, um dahinter in Deckung zu gehen. Viel Schutz bot er nicht, aber immerhin. »Da haben wir endlich einen netten, gemütlichen Job an der Mendocino-Küste und du beschließt, dich hier zu Tode zu langweilen, was, nebenbei bemerkt, totaler Blödsinn ist. Man sollte meinen, deine Schussverletzung vor kurzem hätte dir genügt.«
Hätte er antworten können, dann hätte Jonas Jackson übel beschimpft, aber mehr als einen finsteren Blick brachte er nicht zustande, während er seine Füße dazu zwang, sich voranzubewegen. Der Schmerz war erbarmungslos, so stechend wie ein rot glühendes Brandeisen. Er konnte den rasselnden Atem in seiner Lunge fühlen, das Aufsteigen der Galle und den einsetzenden Bewusstseinsverlust. Er musste auf den Füßen bleiben. Verdammt noch mal, er dachte gar nicht daran, sich von Jackson auf dem Rücken rausschleppen zu lassen – das würde er sein Leben lang zu hören bekommen. Jackson hatte Recht. Sie hatten sich beide ein neues Leben aufgebaut, ein angenehmes Leben, und ein Zuhause gefunden. Was zum Teufel hatte er sich bloß dabei gedacht?
Warum reichte es ihm nie? Warum musste er sich immer wieder in die alten Geschichten reinziehen lassen und Jackson
und andere Männer gleich mit? Er war kein edler Kreuzritter und doch kam es dann und wann vor, dass er plötzlich mit einer Waffe in der Hand dastand und Jagd auf die Bösen machte. Sein Drang, die Welt zu retten, hing ihm zum Hals heraus. Er rettete ja doch niemanden. Seine Versuche führten nur zum Tod von guten Männern.
Die Gasse war finster, denn die Schatten der Gebäude, die sich auf beiden Seiten erhoben, tauchten die Ränder in tiefes Schwarz. Sie achteten darauf, sich zur Straße hin hinter dem Abfallcontainer zu verschanzen, denn es schien so, als hätte es im Moment jeder, der eine Schusswaffe und ein Messer besaß, auf sie abgesehen. Jackson lehnte ihn mit dem Rücken an eine Wand, die nach Zeiten roch, an die sich Jonas nicht erinnern wollte – ein durchdringender Gestank, in dem sich Blut, Tod und Urin miteinander verbanden.
Jackson überprüfte, wie es um ihre Munition bestellt war. »Siehst du scharf genug, um zu schießen, Jonas?«
Typisch Jackson, sachlich und nüchtern. Er wollte schleunigst von hier verschwinden und würde dafür sorgen, dass sie es auch schafften. Die Männer, die Jagd auf sie machten, konnten nicht ahnen, mit wem sie sich einließen und was sie sich eingebrockt hatten. Wenn Jackson diesen ganz speziellen Ton anschlug, dann würde es Tote geben, so einfach war das.
Sie mussten nur sehen, wie sie aus der Gasse herauskamen, aber den Zugang zur Straße schnitten ihnen die russischen Ganoven ab. Ihr Auftrag hatte lediglich darin bestanden, auszukundschaften, was sich hier tat, nichts weiter. Niemand hätte sie sehen sollen, verflucht noch mal, und es hatte sie auch tatsächlich niemand gesehen. Aber dann war von einem Moment zum anderen alles tierisch schiefgegangen und in ein Blutbad ausgeartet.
Sie waren hergekommen, um in den Docks von San Francisco eine Begegnung zu filmen, bei der angeblich unbedeutendes Fußvolk von Tarasov mit zwei von Nikitins Männern
zusammentreffen sollte. Ein Geheimagent hatte Gray darüber informiert und er wollte wissen, warum sich die beiden rivalisierenden Familien miteinander trafen. Das erste Alarmzeichen stellte sich bei Jonas ein, als er unter den Anwesenden die Brüder Gadijan erkannte. Von kleinen Fischen konnte bei ihnen nicht die Rede sein. Sie waren mit Boris und Petr Tarasov verschwägert und nahmen in der Verbrecherfamilie, die vor Morden nicht zurückschreckte, ganz entschieden gehobene Positionen ein. Sie waren Killer, die als derart blutrünstig und gewalttätig galten, dass selbst Männer, die zur Tarasov-Familie gehörten, sie mieden. Und als Boris mit seinem Bruder Petr aus dem Schatten trat, dicht gefolgt von seinem Neffen Karl, der seine Sicherheit gewährleisten sollte, begriff Jonas, dass dies kein harmloses Treffen war. Karl stand in dem Ruf, noch viel schlimmer zu sein als die Brüder Gadijan.
Jonas und Jackson hatten einander mit einem flauen Gefühl in der Magengrube und pochendem Herzen angesehen, denn sie waren mitten in ein Hornissennest geraten, aus dem es keinen Ausweg gab. Die russischen Gangster
Weitere Kostenlose Bücher