26 - Die Sklavenkarawane
vom Lager her ein Geräusch gehört, welches ihn zur Vorsicht mahnt. Er will uns jedenfalls beschleichen. Wahrscheinlich ist er nicht allein.“
„Was tun wir da nun? Erschießen wir ihn?“
„Auf keinen Fall.“
„Aber wann er uns derblickt, so läuft er davon, und wir haben das Nachsehen!“
„Er soll uns erblicken, oder vielmehr nicht mich, sondern nur Sie.“
„Das würde wohl die größte Dummheit sein, die es geben kann.“
„Nein; es ist eine Kriegslist. Wenn wir uns jetzt näher schleichen, so hört er uns, weil er gerade jetzt mißtrauisch geworden zu sein scheint. Schleichen Sie nach links und über ihn hinaus. Dann wenden Sie sich wieder gerade nach rechts und tun so, als ob Sie nach dem Lager wollten. Er befindet sich zwischen mir und Ihnen. Sie richten es so ein, daß er Sie sehen muß, tun aber so, als ob sie ihn gar nicht bemerkten. Wenn Sie dann ziemlich nahe an ihm vorübergehen, wird er seine ganze Aufmerksamkeit auf Sie richten und mich nicht eher bemerken, als bis ich ihn bei der Kehle habe.“
„Hm, dieser Gedank' ist gar nit so übel. Greifen's nur fest zu, daß er Ihnen nit entwischt!“
„Haben Sie keine Sorge. Übrigens werde ich Sie rufen, sobald ich ihn fasse. Sie kommen schnell herbei, und wir zwei werden wohl mit so einem Schwarzen fertig werden. Jetzt machen Sie schnell, ehe er weitergeht!“
Pfotenhauer huschte fort; Schwarz verlor ihn aus den Augen und beobachtete nun den Unbekannten. Dieser machte nach kurzer Zeit eine schnelle Bewegung, als ob er etwas Verdächtiges gehört habe, und duckte sich am Stamme nieder, hinter dem er vorsichtig auslugte; er hatte Pfotenhauer bemerkt. Das war die richtige Zeit für Schwarz. Er schlich sich möglichst schnell weiter, von Baum zu Baum, bis er nur noch wenige Schritte zu demjenigen hatte, hinter welchem der Fremde kauerte. Von diesem war gar nichts zu sehen, da er den Mantel über den Kopf gezogen hatte, damit er von der Umgebung nicht unterschieden werden könne. Soeben ging Pfotenhauer vorüber, langsam, scheinbar ganz in Gedanken versunken, und so nahe, daß Schwarz ihn sehen konnte. Dieser letztere hatte jetzt den Fremden ergreifen wollen, zog es aber vor, zu warten, bis er sich wieder aufrichten werde. Dies geschah nach kurzer Zeit. Schwarz tat zwei Sprünge, faßte ihn an der Kehle, riß ihn nieder und hielt ihn fest. Der Mann stieß einen Schrei aus, wandte dem Angreifer das Gesicht zu und machte eine krampfhafte Anstrengung, sich zu befreien.
Fast hätte Schwarz ihn fahren lasse, als er sein Gesicht erblickte, von welchem die rechte Hälfte samt der ganzen Nase fehlte. Das gab mit den vor Schreck und Anstrengung wild rollenden Augen einen entsetzlichen Anblick. Der Mann war kein Neger; das bewiesen seine schmalen Lippen und die Farbe der von der Sonne verbrannten gesunden Hälfte seines Gesichtes. Sein Kopf war unbedeckt, vollständig glatt geschoren und ebenso dunkel gefärbt wie sein Gesicht. Das Alter ließ sich also schwer bestimmen, doch konnte man annehmen, daß es ein ziemlich hohes sein müsse. Neben ihm lag eine Keule aus hartem Holz, deren Knauf mit kurzen, kräftigen Stacheln beschlagen war; sie bildete außer dem Messer, welches er im Lendenschurz trug, seine einzige Waffe.
Auf den Schrei, welchen dieser Mann ausgestoßen hatte, war Pfotenhauer herbeigesprungen, mit dessen Hilfe Schwarz dem Gefangenen die Hände auf den Rücken band.
Bis dahin war kein Wort gefallen; nun aber fragte Schwarz in arabischer Sprache: „Wer bist du, und warum schleichst du dich hier umher?“
Der Mann betrachtete die beiden mit finsterem Blick und antwortete in ebenderselben Sprache: „Wer seid denn ihr, und warum überfallt ihr mich!“
„Weil ein Freund offen zu uns kommen würde und wir dich also für einen Gegner halten müssen.“
„Wo befindet ihr euch denn?“
„Hier am Maijeh Husan el Bahr.“
„Auf dieser Seite desselben?“
„Ja.“
„So gehört ihr zu den Sklavenjägern, welche hier lagern?“
„Nein. Beantworte nun meine Frage! Wen oder was suchst du hier?“
„Ich komme, um Tiere und andre Dinge zu kaufen.“
„Ah, so bist du es, den der Feldwebel heut früh erwartet?“
„Ja.“
„Warum bis du da so heimlich gekommen?“
„Aus Vorsicht. Ich wollte mich überzeugen, ob der Feldwebel mir die Wahrheit gesagt hat. Ich höre, daß du ihn kennst, und doch sagst du, daß du nicht zu ihm gehörst. Wie habe ich das zu deuten?“
„Wir befinden uns auf einem Rachezug gegen die Sklavenjäger und
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