26 - Die Sklavenkarawane
lassen.
„Was hast du? Wer ist es? Kennst du ihn?“ fragte Ben Wafa.
„Ich – – – ich – – – ja, ich muß ihn kennen“, antwortete Abd es Sirr, indem seine Augen immer größer wurden.
„Nun, wer ist er?“
„Das – das – – – weiß ich nicht.“
„Wenn du ihn kennst, mußt du es doch wissen!“
„Ich – ich kann mich nicht besinnen.“
Er legte die Hände an den Kopf, wie um mit dieser Berührung von außen seinem Gedächtnis zu Hilfe zu kommen, doch vergeblich. Er ging hin und her, sprach halblaut mit sich selbst, setzte verschiedene Namen aus Silben zusammen, kauerte sich dann wieder neben Ben Wafa nieder, kurz, er tat ganz so wie einer, welchem, wie man sich auszudrücken pflegt, ein Wort auf der Zunge liegt, ohne daß es über die Lippen will. Schließlich legte er sich gar lang auf die Erde, grub mit den Fingern Löcher, als ob er den gesuchten Namen ausgraben könne, schlug und strampelte mit den Füßen, ohne aber seinen Zweck zu erreichen.
Indessen hatte Schwarz und Pfotenhauer dem Scheik erzählt, was dieser wissen mußte, um mit der gegenwärtigen Lage vertraut zu werden. Er erfuhr, wer die beiden seien, und konnte sich vieles, ja das meiste nicht erklären. Nur das eine begriff er, daß es mit Abu el Mot aus sei, daß dieser ergriffen und dem gefürchteten ‚Vater der fünfhundert‘ in Faschodah ausgeliefert werden solle. Das entzückte ihn, und er wäre am liebsten gleich jetzt marschiert, wenn seine Leute dagewesen wären.
„Wir sind ihrer genug, um des Erfolges sicher zu sein“, bemerkte Schwarz. „Leider aber bin ich der Nuehr nicht sicher. Wenn ich sie mitnehme, so ist ihnen zuzutrauen, daß sie zu Abu el Mot übergehen. Lasse ich sie aber hier, so muß ich ihnen viele Wächter stellen, welche ich nicht gut entbehren kann.“
„Wenn nur das dir Sorge macht, so kann ich dir helfen“, antwortete der Scheik.
„Wodurch?“
„Durch den Chatib (Priester) meines Stammes. Allah hat ihm die Gabe begeisternder Rede verliehen, so daß ihm selbst das härteste Herz nicht zu widerstehen vermag. Wenn der Geist über ihn kommt, so verläßt er uns und geht auf Reisen, bis ins Land der Schilluk hinunter. Er kennt die Nuehr genau und weiß mit ihnen zu sprechen. Erlaube ihm, die Schiffe zu besteigen und ihnen zu predigen. Du darfst sicher sein, daß sie dann darauf brennen, im Kampf gegen Abu el Mot ihr Blut zu vergießen.“
„Wollen es versuchen. Und jetzt gehen wir zu deinen Leuten, um einen Boten an die übrigen abzusenden, der ihnen sagen soll, daß sie sich sputen mögen.“
Als Schwarz nun mit dem Scheik über den Lagerplatz schritt, kamen sie an Abd es Sirr vorüber. Dieser gebärdete sich noch immer so auffällig, und sie vernahmen die Worte, welche er vor sich hin sprach: „Abu – Abu – Abu en – en – en – o Allah, laß es mich finden!“
„Was hat dieser Jüngling?“ fragte der Scheik. „Gehört er vielleicht zu den Wahnsinnigen?“
„Nein. Seine Geburt ist in Dunkel gehüllt, und er hat bis vor kurzer Zeit nur sehr wenig Hoffnung gehabt, daß das Rätsel gelöst werden könne. Vielleicht sinnt er gerade jetzt wieder über etwas nach, was ihm nicht klarwerden will.“
Sie gingen weiter. Gar nicht sehr entfernt vom Lager, unweit der Stelle, an welcher Joseph Schwarz und der Elefantenjäger dasselbe beobachtet hatten, hielten drei Kamelreiter zwischen den Büschen; sie hatten ein viertes, lediges Kamel bei sich, dasjenige des Scheiks.
Dieser letzterer kam mit Schwarz zu ihnen, um einen von ihnen fortzusenden, und die anderen mit in das Lager zu nehmen. Er sprach jedes Wort so, daß Schwarz es deutlich hörte und also die Überzeugung erhielt, daß der neue Verbündete es wirklich ehrlich meine.
Seine Leute waren nicht wenig darüber verwundert, daß hier, wo ein Überfall geplant worden war, ein Bündnis geschlossen worden sei; als sie aber, wenn auch in kurzer Weise, das Nähere erfuhren, waren sie ganz enthusiasmiert von dem Abenteuer, welches ihrer wartete. Der Bote ritt davon, und die andern kamen mit ihren Kamelen in das Lager.
Dort war Abd es Sirr noch immer mit dem nicht aufzufindenden Namen beschäftigt. Er fing immer wieder an mit „Abu – Abu en –“ konnte aber die Fortsetzung nicht finden. Da meinte sein junger Freund, der Niam-niam: „Weißt du denn nicht, wo du ihn gesehen hast?“
„Nein.“
„So nütze es dir auch nichts, nach seinem Namen zu suchen.“
„O doch! Wenn ich den Namen finde, so
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