Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
ausgewachsener Bulle kann zwölftausend und sogar noch mehr wiegen. Das sind dreißigtausend Pfund Fleisch. Wie wollen wir dieses Quantum in höchstens zwei Tagen verzehren? Länger hält es sich ja nicht.“
    „Da kennen S' halt unsre Sudanesen schlecht. Sie sollen mal schauen, wie die nit etwa essen, sondern fressen werden. Übrigens besteht doch nit der ganze Elefant aus Fleisch. Es sind Abfall und Knochen auch dabei, und was für Knochen. Und wann’s sich um die Menschlichkeit handelt, so ist's besser, es sterben einige Elefanten mehr, als daß Hunderte von Menschen, wenn auch nur kurze Zeit, Hunger leiden. Übrigens werden diese hier wohl nit die einzigen sein, welche dran glauben mußten. Laden S' nur Ihr Gewehr immer wieder! Wir sind noch lang nit fertig.“
    „Sie meinen, daß noch andere Elefanten kommen?“
    „Andre nit, sondern diejenigen, welche bereits dag'wesen sind. Wann die Bullen bemerken, daß die Madamen fehlen, so lassen sie den ‚Vagabunden‘ laufen und kehren um, sie zu suchen. Elefanten wissen der Fährte der Ihrigen ebensogut zu folgen wie die Menschen.“
    „Aber töten werden wir wohl keinen mehr?“
    „Nein. Schad' freilich um die schönen Zähne der Männchen. Diejenigen des Bullen, welcher voranlief, konnten gegen hundertzwanzig Pfund wiegen pro Stück. Na, schauen S' sich mal um! Nun die Arbeit g'macht ist, wagen sich unsre Sudanesen wieder hervor.“
    Die Leute kamen vorsichtig aus den Büschen getreten, und als sie sahen, daß keine Gefahr mehr vorhanden sei, riefen sie das den weiter zurück Befindlichen zu, und bald waren alle um die erlegten Elefanten versammelt. Sogar die Nuehr hatten sich ohne Ausnahme eingestellt, ein Beweis, daß sie keine Absicht hatten, Abu el Mot oder seine Sklavenjäger aufzusuchen.
    Nun wurden Gruppen mit Obmännern, welche man besser als Verschneider bezeichnen konnte, um die Tiere zu zerlegen, bestimmt. Es herrschte in Erwartung der mehr als reichlichen Fleischportionen eine ungeheure Lustigkeit unter diesen Menschen, die aber leider nicht von langer Dauer war, denn kaum war mit der Arbeit begonnen worden, so hörte man von Westen her, wohin die Wächter die Rinder getrieben hatten, ein vielstimmiges Geschrei, in welches sich die Stimmen brüllender Ochsen und Kühe mischten.
    „Was mag das sein?“ fragte Schwarz. „Ob die Herde scheu geworden ist?“
    „Möglich. Wollen abwarten, ob sich was sehen läßt“, antwortete Pfotenhauer. Er brauchte nicht lange zu warten. Da er sich inmitten der vielen Menschen befand, verhüllten sie ihm die Aussicht nach der betreffenden Richtung, doch nur für kurze Zeit, denn plötzlich flogen sie alle unter lautem Geschrei nach rechts und links auseinander und davon.
    „El Hahdschil, el Hahdschil“, so klang es voller Angst von allen Lippen, und in der Zeit von wenigen Sekunden war kein einziger Sudanese mehr zu sehen; sie alle hatten wieder Schutz hinter den Büschen gesucht, die schon vorhin von ihnen als Zuflucht benutzt worden waren.
    Nun hatten die wenigen Standhaften einen freien Blick nach West. Von dort kam ein Stier gerannt, brüllend vor Angst und aus allen Kräften laufend. Hinter ihm drein lief der alte Elefantenbulle, welcher vorher von der Herde gehetzt worden war. Es war keine Täuschung möglich, da man ihn an dem Fehlen des abgebrochenen Stoßzahnes erkannte.
    „Alle Teufel, das schaut g'fährlich aus!“ rief Pfotenhauer. „Es kommt alles darauf an, wohin der Stier sich wendet.“
    „Er ist verloren“, meinte Schwarz. „Der Elefant läuft doppelt so schnell.“
    „Ja. Der Ochs kommt grad richtig auf uns zu, doch sieht man, daß er sogleich eingeholt sein wird. Verhalten wir uns ruhig, damit der Herumläufer uns dann nit bemerkt.“
    Jetzt hatte der Elefant den Stier erreicht. Anstatt ihn von hinten anzugreifen, machte er sich an dessen Flanke, stieß ihm den Zahn in die Seite und warf ihn mitten im Lauf empor.
    Man hörte den Krach, als der Stier die Erde wieder berührte. Er wollte sich trotz der gräßlichen Verwundung aufraffen, aber der Elefant war stehengeblieben und schleuderte ihn abermals empor, viel höher noch als vorher; dann trat er ihn mit Füßen und versetzte ihm mit dem Rüssel so gewaltige Schläge, daß der Besiegte bald eine weiche formlose Masse bildete.
    Die Wut des ‚Vagabunden‘ war durch die feindlichen Elefanten erregt und durch den Anblick der Rinderherde erhöht worden; der Tod des Stiers schien ihn nicht zu befriedigen; er sah sich nach neuen Opfern um.

Weitere Kostenlose Bücher